Dienstag 08.12.2015


Buchpräsentation mit Ina Bruchlos

„Da ist ein Riss in der Welt“

Ina Bruchlos
Ina Bruchlos, Foto: Minimal Trash Art
Sie würde immer nur „die Ausnahmen sehen und nie das große Ganze“, erklärt die Erzählerin gleich der ersten Geschichte des neuen Sammelbandes „Da ist ein Riss in der Welt“ (Minimal Trash Art) der Hamburger Schriftstellerin und Künstlerin Ina Bruchlos. Und das ist natürlich ein Dilemma, denn dieser eingeschränkte Blick hat die Konsequenz einer gewissen Lebensuntüchtigkeit.

Wie soll man, wenn man immer nur den einzelnen Baum im Blick hat, jemals aus einem Wald herausfinden? Gleichzeitig rückt dieser verengte Blickwinkel aber auch das Wesentliche in den Fokus. Die großen und weltbewegenden Ereignisse spielen zwar keine besondere Rolle, doch letztlich heißt das ja nur, dass es ist, wie im wirklichen Leben: der alltägliche Kampf muss auf Nebenschauplätzen bewältigt werden. Zum Beispiel, wenn der Schornsteinfeger kommt, man arbeiten muss und deshalb seine Nachbarin, die einen jahrelang kennt, bittet, ihn in die Wohnung zu lassen, und dann mit der Frage überrascht wird: „Bist du nicht da oder schläfst du dann noch?“ Über diese kleinen Spitzfindigkeiten in den alltäglichen Begegnungen, die sich in fast allen der 18 Erzählungen von Ina Bruchlos finden, könnte man einfach nur Schmunzeln und manchmal auch laut lachen, wenn es nicht eigentlich doch um etwas anderes ginge. In der Erzählung „Die Hände zum Himmel“ besucht die Erzählerin ihre Freundin Vero, die nach einer Gehirnblutung im Krankenhaus liegt. „I want to go out“, sagt sie auf Englisch zu ihrer Freundin, obwohl das ganz ausgeschlossen ist. Auch bei allen weiteren Besuchen spricht sie, obwohl das Englisch der Erzählerin „eher mäßig“ ist, stets in der Fremdsprache mit der Freundin, mit der sie sich früher auf Deutsch unterhielt. Tatsächlich ist ein Gespräch nicht mehr möglich, die Worte treiben irrlichternd an der Oberfläche des Bewusstseins, ohne Bezug, ohne Ziel. Um dieses phänomenale aneinander Vorbeireden und aneinander Vorbeileben kreisen die kurzen Erzählungen von Ina Bruchlos, die diesem „Riss in der Welt“ zwar auch keinen besonderen Sinn abgewinnt, aber doch so viele feinsinnige Beobachtungen, dass man ihr gerne immer weiter zuhören möchte. Und ganz besonders natürlich, wenn sie erklärt, warum „Kunst von Kellnern“ kommt, wenn sie vom „deutschen Zettel-Ewald“ erzählt oder von „Strandpauli“. Ina Bruchlos liest im Literaturhaus aus ihren Erzählungen.

Veranstalter: Literaturzentrum. Ort: Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr. Eintritt: 7.-/4.- Euro.





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