Freitag, 13.11.2015


Lesung mit Rainer Moritz

Missionar, Reiter, Löffelchen und Co. in der Literatur

Rainer Moritz
Rainer Moritz, Foto: Gunter Glücklich
Mit Mario Puzos „Der Pate“ erfahren wir von „wilder Begierde“ und „blutgeschwollener Muskelmasse“, mit Hermann Hesses „Goldmund“ von „Strömen“, für die „weder Worte noch Gedanken vonnöten“ sind. Es ist ausgerechnet diese „glutvolle Prosa“, verrät Rainer Moritz in seinem Vorwort, der wir „eine literarische Stellensuche“ der ganz besonderen Art zu verdanken: Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhaus, Fußball- und Schlagerfan, vom Hamburger Senat im Januar mit dem Ehrentitel „Professor“ geehrt, ist durch die frühe Hesse- und Puzo-Lektüre klar geworden, „dass es den meisten Autorinnen und Autoren leichter fällt, einen menschenleeren Strand, ein abstoßendes Einkaufscenter oder einen blutrünstigen Mordfall zu beschreiben als den sexuellen Akt“. Dennoch kommt in den letzten Jahren kaum noch ein Roman ohne Fellatio und Cunnilingus, Missionar, Reiter, Löffelchen und Co. daher. Rainer Moritz hat das zu der Frage veranlasst: „Wer hat den schlechtesten Sex?“– und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ feiert ihn für seine Geschichte mit Wahnsinns-Höhepunkten in der Literatur fröhlich als „Doktor Sommer der Narratologie“.

Nach einem kleinen Ausflug in die deutsche Nachkriegsliteratur, die kaum Sex zu bieten hat, kommt Moritz mit der „Schwierigkeit, gut über Sex zu schreiben“ und einem Zitat von Jonathan Franzen schnell zur Sache. Der amerikanische Großmeister erweist sich eindeutig als stilloser Stümper an „Klitoris“ und „Schaft“ und es stellt sich mit der Literaturkritikerin Ursula März die kardinale Frage, ob die Literatur, sobald sie sich „mit körpernaher Liebe abgibt“, nicht grundsätzlich „mehr oder weniger peinlich“ wird. Moritz kommt zu einem anderen Schluss: „Literatur darf antörnen, natürlich, und Literatur, die das tut, ist durchaus satisfaktionsfähig“. Vom „Matratzendesaster“ über „Das große Fressen“ und „Intellektuelle Nummern“ bis zum „Scheiden schlämmen“ wird er dann jedoch fündig, stöhnend kommen Helene Hegemann, Elfriede Jelinek, Michael Kleeberg, Charlotte Roche, Hans Joachim Schädlich, Clemens J. Setz, Martin Walser und auch Ralf Rothmann zu Wort: „Sie mag es sehr, die Professorin, wenn er sie Miststück oder Fotze nennt, und lässt alles mit sich machen und bleibt offen für das meiste, solange sie am Ende ihren Orgasmus hat. Und der ist nach wie vor von jener unglaublichen Glut, die im Gedicht die Kerzen im Schnee entfacht.“

Im Büchereck Niendorf Nord stellt Rainer Moritz sein äußerst kurzweiliges Buch vor.

Veranstalter: Büchereck Niendorf-Nord. Nordalbinger Weg 15, 19.30 Uhr. Eintritt: 10.- Euro. Kartenvorbestellungen unter Tel.: 040-5553108.


Lesung

„Sterne über der Altster“

Micaela Jary liest aus ihrem neuen Roman.

Veranstalter: Buchhandlung am Sand. Veranstaltungssaal in der Hölertwiete 5, 19.00 Uhr. Eintritt: 8.- Euro.


Luther-Lesefestival

„Und wenn die Welt voll Teufel wär“

Über das Böse in uns und die Natur des Menschen diskutieren im Rahmen der „Martinstage“ der Gefängnis-Seelsorger Christian Braune, die Schriftstellerin Tina Uebel und der Profiler Axel Petermann. Texte über das Böse und den Teufel liest die Schauspielerin Mechthild Großmann, der Jazzpianist Jan Roder steuert teuflisch gute Musik bei. Einführung und Moderation: Astrid Kleist, Hauptpastorin an St. Jacobi.

Veranstalter: Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland. Ort: Staats- und Universitätsbibliothek, Lichthof im Altbau, Eingang Edmund-Siemers-Allee/ Ecke Grindelallee, 19.00 Uhr. Eintritt: 10.- Euro.


Luther-Lesefestival

„Sermon von der Bereitung zum Sterben“

Von praktischen Hinweisen dazu, wie man „sein zeitliches Gut in Ordnung bringe“, bis zum Umgang mit der Angst vor dem Sterben, erzählt ein früher „Sermon“ von Luther in 20 Texten von den Vorbereitungen des Sterbens, die man auch als eine Anleitung zum Leben lesen kann. Peter Lohmeyer präsentiert zu den „Martinstagen“ Auszüge aus dem „Sermon“, ein Gespräch über den Text führen der Seelsorger Michael Brems, die Journalistin Meike Winnemuth und der Reisejournalist und Wüstenwanderer Achill Moser. Moderation: Julia Westlake.

Veranstalter: Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland. Ort: Thalia Theater, Nachtasyl, Alstertor 1, 20.30 Uhr. Eintritt: 10.- Euro.


Literarischer Salon

„Berlin Alexanderplatz“

 Vera Rosenbusch und Lutz Flörke
Vera Rosenbusch und Lutz Flörke, Foto: Saskia Jungeburth
In einem „literarischen Salon“ präsentieren Dr. Lutz Flörke und Vera Rosenbusch den berühmten Großstadtroman von Alfred Döblin, der von einem gewissen Alfred Biberkopf erzählt. Im Berlin der Weimarer Republik will der ehemalige Transportarbeiter, als er aus dem Zuchthaus kommt, fortan „anständig sein“, sein Geld als Straßenhändler und Zeitungsverkäufer verdienen und ist doch, ohne es zu wissen, schon verloren. Denn „verflucht ist der Mensch, der sich auf die Menschen verlässt“, wie es leitmotivisch heißt. Mit „Berlin Alexanderplatz“ ist dem Berliner Armenarzt Döblin der bis heute bedeutendste Großstadtroman deutscher Sprache gelungen, es war sein einziger großer Bucherfolg.

Veranstalter: Kulturhaus Eppendorf. Julius-Reincke-Stieg 13, 19.00 Uhr. Eintritt: 13.-/11.- Euro.


56. Bönschau

„Literarisches Abenddiner“

Zur 56. Bönschau präsentieren die Bönhasen Helga Frien, Flo von Dekay und ihr Überraschungsgast unter dem Motto „Kunst kommt vom Kochen! Dunst manchmal auch“ ein scharf gewürztes Menü mit allem, was die Küche hergibt.

Veranstalter: Bürgerhaus in Barmbek. Lorichsstr. 28 A, 20.00 Uhr. Eintritt: 8.-/5.- Euro.


Lesung

„Die kubanische Revolution“

Volker Hermsdorf präsentiert sein Buch über Kuba und zeigt den Dokumentarfilm „Das Mafia-Paradies“ des Hamburger Filmemachers Hans-Peter Weymar.

Veranstalter: Kulturladen St. Georg. Alexanderstr. 16, 18.30 Uhr. Eintritt: 5.- Euro.


Poetry Slam

„Zeise-Slam“

Kurze Texte, bei denen keine Langeweile aufkommt, stehen im großen Saal der Zeise-Kinos auf dem Programm. Moderation: Michel Abdollahi.

Veranstalter: Kampf der Künste. Ort: Zeise Kino, Friedensallee 7-9, 22.30 Uhr. Eintritt: 6.- Euro.


Literatur in Hamburg