Mittwoch, 18.02.2015
Lesung mit Dalibor Markovic, Bas Böttcher und Nora Gomringer
„Bombastic Lyrikwunderland“
Nora Gomringer, Foto: Tobias Bohm
Der Minnensang, eine hoch ritualisierte Form der gesungenen Liebeslyrik, wurde vom westeuropäischen Adel schon im 12. und 13. Jahrhundert gepflegt. Noch sehr viel näher an den gegenwärtig verbreiteten Formen der Poetry Kultur sind jedoch die erzählenden Lieder des Bänkelsang, der vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert eine gesamteuropäische Erscheinung und höchst populär war. Die Bänkelsänger stellten sich, um vom Publikum besser gesehen werden zu können, auf den Marktplätzen auf eine Holzbank und trugen Moritaten, Balladen und Lieder vor, die gleichzeitig auf Schautafeln illustriert wurden.
Direkte Vorläufer des performativen Sprechgesangs auf den Poetry Bühnen der Gegenwart sind schließlich die Mitglieder der Wiener Gruppe, aber auch ein Lyriker wie Ernst Jandl, dessen Vortragskunst ebenso legendär ist wie die Auftritte und Sprachinstallationen des 2005 früh verstorbenen Thomas Kling. Von der Bühnenperformance und Show, die heute meist im Vordergrund steht, hat sich Thomas Kling jedoch stets distanziert, ihm ging es darum die Tiefenschichten der Sprache freizulegen, er wollte „Sprach-Räume mit Stimme gestalten“, wie er selbst einmal sagte.
Ein Meister darin ist natürlich auch Bas Böttcher, der als Deutschlands bekanntester Slam-Poet und Mitbegründer der Spoken-Word-Szene gilt. Seine Texte sind Klassiker des zeitgenössischen Sprechgesangs, sie verbinden den Rhythmus des Rap mit der großen Tradition der deutschsprachigen Lautpoesie. Böttcher ist in den letzten Jahren international bekannt geworden und tritt weltweit auf. Mit der von ihm erfundenen „Textbox“, einer Sprecherkabine aus Plexiglas, in der das Publikum die Texte des Vortragenden über Kopfhörer in Studioqualität hört, ist er sogar in Taiwan, Indien und Brasilien auf Tour gewesen.
Als „König, Kaiser und Kanzler unter den deutschen Spoken-Word-Künstlern“ („Neue Szene Augsburg“) wird auch Dalibor Markovic gefeiert, er ist ein Meister des „Beatboxing“ und des „szenischen Gedichts“. Nora Gomringer schließlich durchmisst, wie es in der Ankündigung heißt, in ihren Auftritten „das sprachliche Universum vom Gesang bis zum Flüsterton“. Sie wurde für ihre Arbeiten 2012 mit dem Jacob-Grimm-Preis und 2013 mit dem Joachim-Ringelnatz-Preis ausgezeichnet.
Im Literaturhaus präsentieren Bas Böttcher, Dalibor Markovic und Nora Gomringer unveröffentlichte Stücke, Sprachexperimente, Slam-Hits und Auftragsarbeiten. Ihre persönliche Definiton der Begriffe Slam-Poesie und Bühnenliteratur steht ebenfalls auf dem Programm.
Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr. Eintritt:12.-/9.- Euro.
Lesung mit Andreas Greve
„Lyrik im Café“
Andreas Greve, Foto: Arne Weychardt