Dienstag, 18.11.2014


Lesung mit Karen Duve

Vor uns die Sintflut

Karen Duve
Karen Duve, Foto: Thomas Müller
Eigentlich sind Geowissenschaftler nicht so leicht zu beeindrucken, sie interessieren sich für das, was die Erde vollständig verändert hat, für Ereignisse, die sich dem ganzen Planeten eingeschrieben haben, ausgelöst durch die Verschiebung eines Kontinents oder einen radikalen Klimawandel. Doch ein Ereignis von genau dieser Dramatik scheint es gerade zur Zeit auf der Erde zu geben. Man ist sich zwar noch nicht ganz einig darüber, wann genau der Hebel umgelegt worden ist, doch darüber, wer es getan hat und an der Sache selbst gibt es kaum Zweifel: Offenbar befinden wir uns an einem Wendepunkt der Erdgeschichte, das Holozän geht zu Ende, das Zeitalter des Menschen, das Anthropozän bricht an. Der Mensch hat das Antlitz des Planeten, der ihn hervorgebracht hat, so grundlegend verändert, dass es für immer sichtbar bleiben wird, auch wenn er selbst, gemessen an den Riesenschritten der Erdgeschichte, möglicherweise nur ein winziger Ausreißer, eine dieser furchtbaren Katastrophen gewesen ist.

Genau das befürchtet Karen Duve. Die erfolgreiche Schriftstellerin hat nach ihrem Roman „Taxi“, dem Selbstversuch „Anständig essen“ und „Grrrimm“, einer Sammlung mit Märchennacherzählungen, ein Essay vorgelegt. Es heißt „Warum die Sache schiefgeht“ (Galiani Berlin) und handelt davon „Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen“. Zuerst widmet sie sich in vier Kapiteln jenen Eigenschaften, in denen sie die Ausbeutung von Tieren, den Kollaps der Finanzmärkte, die Überdüngung der Böden und den Klimawandel begründet sieht. Es sind Eigenschaften, die vor allem Männern zugeschrieben werden: „Einsatzbereitschaft, Risikobereitschaft, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen“.
All das sind unverzichtbare Eigenschaften von Politikern und Wirtschaftsführern, die uns gegenwärtig, so Karen Duve, in den globalen Kollaps treiben. Im fünften und vorletzten Kapitel stellt sie die Frage, wie man diese Leute loswerden könnte. Das Kapitel heißt „Frauen?“ und gibt eine sehr deutliche Antwort.
Karen Duves Essay ist auch eine feministische Kampfschrift, wie sie die deutsche Literatur in dieser Radikalität lange nicht mehr hervorgebracht hat. Sie fordert, die Erbhöfe für Männer in den Führungsetagen und an den Schalthebeln der Macht endlich abzuschaffen. „Der Durchschnittsmann“, schreibt sie, müsse ja „nicht gleich panisch werden, wenn in den Führungsetagen plötzlich haufenweise Menschen ohne Penis sitzen“. Und richtig: Für die überwiegende Mehrheit der Männer, und natürlich auch der Frauen, würde sich sowieso nichts ändern, weil sie nicht in den Führungsetagen sitzen. Allerdings bricht mit dem letzten Kapitel dann doch die „Sintflut“ herein und will allen an den Kragen.

Um auf das eingangs erwähnte Anthropozän zurückzukommen: „In der Tierwelt“, schreibt Karen Duve, „ist Aussterben nichts Ungewöhnliches.“ Wäre es nicht eine wunderbare Ironie des allzu menschlichen Schicksals, wenn das Zeitalter des Menschen ganz ohne Menschen auskäme? Nur schade, dass sich dann kein Mensch mehr fände, mit dem man sich über diese feine Volte der Erde amüsieren könnte.

Karen Duve liest im Literaturhaus aus „Warum die Sache schiefgeht“.

Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr.


Lesung mit Kristof Magnusson

Rettungsdienst mit Krisengarantie

Kristof Magnusson
Kristof Magnusson, Foto: Gunnar Klack
Schon in seinem vielgelobten letzten Roman „Das war ich nicht“ hat Kristof Magnusson höchst humorvoll und voller ironischer Brechungen von Krisen erzählt. Einerseits von den ganz persönlichen Krisen seiner Protagonisten, die schließlich andererseits zu Hauptschuldigen der ganz großen Finanzkrise wurden.
Mit seinem neuen „Arztroman“ hat er nun „eine Genre-Travestie zwischen Neukölln-Hipness und Laubenpieperkolonie“ („Die literarische Welt“) vorgelegt, in der Krisen ebenfalls implantiert sind: Die Notärztin Anita ist mit ihrem Assistenten Maik als Retterin immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Doch die im Job so effiziente und engagierte Frau bräuchte eigentlich selbst Hilfe, denn sie befindet sich mitten in einer schweren Lebenskrise: Von ihrem Mann hat sie sich getrennt, ihr Sohn wird ihr zunehmend fremder und der Mann, in den sie sich verliebt, kann sich scheinbar auch nicht richtig für sie entscheiden. Was macht man in einer derartigen Situation? Erst als sie über ihren Schatten springt und sich selbst verleugnet, gewinnt sie ihren Sohn zurück und findet in ein neues Leben. Kristof Magnusson wird in diesem Herbst allerorten für seinen „glänzend unterhaltenden Roman“ (Denis Scheck) und als „klasse Erzähler mit einem klasse Sujet“ (Ursula März) gelobt.
Beim Yachtclub stellt er seinen „Arztroman“ zusammen mit den beiden Skipperinnen Friederike Moldenhauer & Tina Uebel vor.

Veranstalter: Nochtspeicher. Bernhard-Nocht-Str. 69a, 19.30 Uhr. Eintritt: 9.- Euro.


Lesung

„In meinem Herzen kocht das Blut“

Eddy Kante, er ist seit 33 Jahren Bodyguard des Rockstars Udo Lindenberg, liest aus der Autobiographie über sein bewegtes Leben.

Veranstalter: Thalia Buchhandlung. Ort: Albers Bar, Reeperbahn 102, 20.00 Uhr. Eintritt: 10.- Euro.


Hessen-Lesung

„Der Käs im Grippte“

Achtung, die Hesse komme, heißt an diesem Abend im Mathilde, wo drei „hessische Wahlhamburger“ Geschichten über die alte Heimat vorlesen. Teilweise in Mundart, manchmal noch unverständlicher, immer aber mit dem allseits bekannten bissigen Hessen-Humor. Es lesen: Thomas Nast, Nico Spindler und der Ehrenhesse Andre Bohnwagner.

Veranstalter: Mathilde – Literatur und Café. Bogenstr. 5, 20.15. Eintritt: 5.- Euro.


Lesung

„Märchen am Abend“

Angelika Rischer und andere Märchenerzählerinnen erzählen Märchen für Erwachsene.

Veranstalter: Märchenforum Hamburg e.V. Ort: Bürgerhaus Barmbek, Lorichsstr. 28 A, 19.30 Uhr. Eintritt: 5.-/4.- Euro.


Poetry Slam

„Jägerschlacht“

Offener Poetry Slam. Lesezeit: 5 Minuten. Lesen kann, wer sich kurz vor der Veranstaltung in die Leseliste eintragen lässt.

Veranstalter: Kampf der Künste. Ort: Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 20.30 Uhr. Eintritt: 4.- Euro.


Literatur in Hamburg