Dienstag, 18.11.2014
Lesung mit Karen Duve
Vor uns die Sintflut
Karen Duve, Foto: Thomas Müller
Genau das befürchtet Karen Duve. Die erfolgreiche Schriftstellerin hat nach ihrem Roman „Taxi“, dem Selbstversuch „Anständig essen“ und „Grrrimm“, einer Sammlung mit Märchennacherzählungen, ein Essay vorgelegt. Es heißt „Warum die Sache schiefgeht“ (Galiani Berlin) und handelt davon „Wie Egoisten, Hohlköpfe und Psychopathen uns um die Zukunft bringen“. Zuerst widmet sie sich in vier Kapiteln jenen Eigenschaften, in denen sie die Ausbeutung von Tieren, den Kollaps der Finanzmärkte, die Überdüngung der Böden und den Klimawandel begründet sieht. Es sind Eigenschaften, die vor allem Männern zugeschrieben werden: „Einsatzbereitschaft, Risikobereitschaft, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen“.
All das sind unverzichtbare Eigenschaften von Politikern und Wirtschaftsführern, die uns gegenwärtig, so Karen Duve, in den globalen Kollaps treiben. Im fünften und vorletzten Kapitel stellt sie die Frage, wie man diese Leute loswerden könnte. Das Kapitel heißt „Frauen?“ und gibt eine sehr deutliche Antwort.
Karen Duves Essay ist auch eine feministische Kampfschrift, wie sie die deutsche Literatur in dieser Radikalität lange nicht mehr hervorgebracht hat. Sie fordert, die Erbhöfe für Männer in den Führungsetagen und an den Schalthebeln der Macht endlich abzuschaffen. „Der Durchschnittsmann“, schreibt sie, müsse ja „nicht gleich panisch werden, wenn in den Führungsetagen plötzlich haufenweise Menschen ohne Penis sitzen“. Und richtig: Für die überwiegende Mehrheit der Männer, und natürlich auch der Frauen, würde sich sowieso nichts ändern, weil sie nicht in den Führungsetagen sitzen. Allerdings bricht mit dem letzten Kapitel dann doch die „Sintflut“ herein und will allen an den Kragen.
Um auf das eingangs erwähnte Anthropozän zurückzukommen: „In der Tierwelt“, schreibt Karen Duve, „ist Aussterben nichts Ungewöhnliches.“ Wäre es nicht eine wunderbare Ironie des allzu menschlichen Schicksals, wenn das Zeitalter des Menschen ganz ohne Menschen auskäme? Nur schade, dass sich dann kein Mensch mehr fände, mit dem man sich über diese feine Volte der Erde amüsieren könnte.
Karen Duve liest im Literaturhaus aus „Warum die Sache schiefgeht“.
Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr.
Lesung mit Kristof Magnusson
Rettungsdienst mit Krisengarantie
Kristof Magnusson, Foto: Gunnar Klack
Mit seinem neuen „Arztroman“ hat er nun „eine Genre-Travestie zwischen Neukölln-Hipness und Laubenpieperkolonie“ („Die literarische Welt“) vorgelegt, in der Krisen ebenfalls implantiert sind: Die Notärztin Anita ist mit ihrem Assistenten Maik als Retterin immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird. Doch die im Job so effiziente und engagierte Frau bräuchte eigentlich selbst Hilfe, denn sie befindet sich mitten in einer schweren Lebenskrise: Von ihrem Mann hat sie sich getrennt, ihr Sohn wird ihr zunehmend fremder und der Mann, in den sie sich verliebt, kann sich scheinbar auch nicht richtig für sie entscheiden. Was macht man in einer derartigen Situation? Erst als sie über ihren Schatten springt und sich selbst verleugnet, gewinnt sie ihren Sohn zurück und findet in ein neues Leben. Kristof Magnusson wird in diesem Herbst allerorten für seinen „glänzend unterhaltenden Roman“ (Denis Scheck) und als „klasse Erzähler mit einem klasse Sujet“ (Ursula März) gelobt.
Beim Yachtclub stellt er seinen „Arztroman“ zusammen mit den beiden Skipperinnen Friederike Moldenhauer & Tina Uebel vor.