Dienstag, 29.09.2015
Lesung mit Ove Knausgård
„Träumen“
Ove Knausgård, Foto: André Løyning
„Sterben“ (2011), „Lieben“ (2012), „Spielen“ (2013), „Leben“ (2014) und „Träumen“ (2015), das sind die Titel der im Luchterhand Verlag bisher erschienenen Romane, die allesamt ausschließlich um den Lebenshorizont und die Erfahrungen des 1968 geborenen norwegischen Schriftstellers kreisen. Gemeinsam ist den Bänden, dass Karl Ove Knausgård radikal aufrichtig ist, er schont weder sich selbst noch sein Umfeld, und er bleibt stets radikal selbstbezogen. Knausgård bezeichnet sich selbst, weil er keine neue Welt schaffen kann, als „Sekundärschreiber“. Der 4000 Seiten umfassender Zyklus wird auch deshalb international skandalisiert, weil er „eine Neudiskussion des Verhältnisses von Literatur und Leben“ (Literaturhausprogramm) provoziert. Gleichzeitig stellen sich alle, die dieser Mammutlektüre verfallen irgendwann die Frage, warum sie dem Erinnerungsstrom von Knausgård eigentlich immer weiter folgen. Eine mögliche Antwort gibt Ijoma Mangold: „Die Wucht seiner Bücher hat mit der elementaren Kraft ihrer zeitlichen Ausdehnung zu tun. Sie sind Langstreckenläufer, sie suchen keine Abbkürzungen, um zum Ziel zu kommen.“ („Die ZEIT“). Ergänzen muss man hier noch die „Zärtlichkeit“ mit der Knausgård „das Leben betrachtet“ (Thomas Andre, Spiegel-Online), ohne diesen stets „gütigen Umgang mit sich selbst und anderen“ (Birgit Schmitz, „taz“) und die aufrichtige Suche nach Wahrhaftigkeit könnte man die Egomanie dieses Autors kaum aushalten. Auf 800 Seiten erzählt Knausgård in seinem neuen Band „Träumen“ von den 14 Jahren, die er in Bergen verbrachte, bevor er regelrecht aus der norwegischen Küstenstadt nach Stockholm floh. Es waren Jahre, in denen er so unermüdlich wie erfolglos versuchte, Schriftsteller zu werden, in denen schließlich seine erste Ehe scheiterte, in denen sich Momente kurzer Glückgefühle mit jenen tiefster Selbstverachtung die Hand gaben, in denen sich Demütigungen und Höhenräusche ebenso schnell abwechselten wie selbstzerstörerische Alkoholexzesse und erste künstlerische Erfolge. Dabei hatte es am Anfang so gut ausgesehen, dieses Leben in Bergen. Dem jungen Knausgård schien die Welt offenzustehen, all seine Träume schienen sich zu erfüllen. Er hatte einen Studienplatz an der Akademie für Schreibkunst bekommen, endlich eine Freundin gefunden...
Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr. Eintritt: 16.-/12.- Euro.
Übersetzerlesung zum Hieronymustag
„Zorn und Zauberei“
Paris, Turin, Irland und die Weißen Karpaten: Das sind die Stationen der ersten Übersetzerlesung am Vorabend des Hieronymustags, mit dem der Schutzpatron der Übersetzer geehrt wird und zu dem die Hamburger Übersetzer immer mehrere Lesungen veranstalten.
Die Literaturübersetzerinnen Annette Kopetzki, Miriam Mandelkow, Eva Profousová und Claudia Steinitz stellen Neuerscheinungen vor, lesen Ausschnitte, verraten Übersetzergeheimnisse, beantworten Fragen und verlosen je ein Exemplar ihrer neuesten Werke. Das sind: Véronique Olmis „Nacht der Wahrheit“ , in dem die aggressive Arroganz der Pariser Oberschicht thematisiert wird; Christian Frascellas „Bet empört sich“, das von jugendlichem Zorn in Berlusconis Italien erzählt; Eimear McBrides „Das Mädchen, ein halbfertiges Ding“, das im erzkatholischen Irland spielt und Katerina Tuckovás „Das Vermächtnis der Göttinnen“, in dem von der totalitären Glaubensbekämpfung in den Bergen zwischen Tschechien und der Slowakei erzählt wird.