Montag, 04.12.2017


Verleihung

Die Förderpreise für Literatur und literarische Übersetzungen 2017

Traditionell lädt die Kulturbehörde Hamburg in der Vorweihnachtszeit zur festlichen Verleihung der Förderpreise für Literatur und für literarische Übersetzungen ins Literaturhaus. Die Juroren Volker Oldenburg (Übersetzer), Peter Reichenbach (Verleger, mairisch Verlag), Hendrik Rost (Autor), Diana Stübs (Lektorin, Rowohlt Verlag) und Katrin Weiland (Literatur Altonale) stellen die Preisträger vor, die aus ihren prämierten Texten und Übersetzungen lesen werden. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, spricht ein Grußwort des Senats und überreicht die Preise. Jeweils einen der mit 6.000 Euro dotierten Förderpreise für Literatur erhalten: Jens Eisel für seine Erzählung „Neuschnee“, Finn-Ole Heinrich für einen Auszug aus seinem Romanmanuskript „Der Tag, die Sorge“, Maria Victoria Odoevskaya für einen Auszug aus ihrem Romanmanuskript „Was dann“, Marie-Alice Schultz für einen Auszug aus ihrem Romanmanuskript „Mikadowälder“, Leona Stahlmann für einen Auszug aus ihrem Romanmanuskript „Vetko“, Dita Zipfel für einen Auszug aus „Kochen für Killer oder Die letzten Tage der Lucie Schmurrer“. Jeweils einen der mit 2.500 Euro dotierten Förderpreise für literarische Übersetzungen erhalten: Gabriele Haefs für ihre Übersetzung des Romans „Cré na Cille / Grabgeflüster“ von Máirtín Ó Cadhain aus dem Irischen, Barbara Mesquita für ihre Übersetzung des Romans „Biografia involuntária dos amantes / Die zufällige Biographie einer Liebe“ von João Tordo aus dem Portugiesischen, Henrike Schmidt und Martin Savov für ihre Übersetzung des Lyrikbands „Wir Mansardenmenschen / Nie spored mansardata“ von Ivan Landzhev aus dem Bulgarischen.

Behörde für Kultur und Medien im Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, Eintritt frei.


Buchpräsentation mit Richard David Precht

Das große Gebäude der Philosophie im Detail

Richard David Precht
Richard David Precht, Foto: Amanda Berens
Mit der Frage „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ als Ausgangspunkt einer philosophischen Reise hält er den Langzeitrekord auf der „Spiegel-Bestsellerliste“. Er hat mit seinem Buch ein großes Publikum für philosophische Fragen begeistert, die er in Abwandlung von Kant in die Trias auflöst: Was ist Wahrheit? Woher weiß ich, wer ich bin? Warum soll ich gut sein? Aber passt Philosophie, Gelehrsamkeit und Unterhaltung auch wirklich zusammen? Bei Richard David Precht sehr gut. Seit Jahren ist er mit seinen Büchern zu Gast auf den Bühnen des Landes, er hat eine eigene Fernsehsendung zu politischen, gesellschaftlichen und philosophischen Themen und diskutiert in Talkshows, ob über das bedingungslose Grundeinkommen, Tierrechte oder die Bildungspolitik. Gleichzeitig treibt den Popstar der zeitgenössischen Philosophie ein auf drei Bände angelegtes, höchst ambitioniertes Mammut-Projekt um: eine Geschichte der Philosophie von den Anfängen bis in die Gegenwart. Im Gespräch mit Kester Schlenz präsentiert Richard David Precht den zweiten Band seiner „Geschichte der Philosophie“ (Goldmann Verlag) in der Laeiszhalle vor.

Philosophiegeschichten haben gemeinsam, dass sie meist sehr umfangreich sind, in mehreren Bänden erscheinen und nur von Fachleuten gelesen werden. Ersteres konnte auch Richard David Precht nicht vermeiden, schließlich geht es hier um einen Zeitraum von den Vorsokratikern bis in die Gegenwart. Dennoch hat der „Generalist“ für „die großen Fragen“ sich vorgenommen, ein spannendes Buch zu schreiben, einen Krimi der Ideen, wie er in einem Interview erklärte, in dem es darum geht, wie die wesentlichen Fragen der Menschheit sich im Laufe der Jahrhunderte darstellen und verändert haben. Wichtig ist ihm auch ein besonderer Akzent der wirtschaftspolitischen und ökonomischen Entscheidungen, die dafür gesorgt haben, warum welche Philosophie zu welchem Zeitpunkt wichtig wurde. Der erste Band verhandelt unter dem Titel „Erkenne die Welt“ (2015), die Entwicklung des abendländischen Denkens bis in die Renaissance. Aus dem Imperativ „Erkenne die Welt“ wird im über 650 Seiten umfassenden zweiten Band, der in diesem Herbst erschienen ist, nun der Appell „Erkenne dich selbst“.

Es beginnt mit dem „Geleit der Könige“, einem prachtvollen Fresko von Benozzo Gozzoli im Palazzo Medici Riccardi in Florenz aus dem Jahr 1459, das ein Who is Who der gelehrten Welt auf dem Weg nach Florenz zeigt, wo am 6. Juli 1439 die Bulle „Laetentur coeli / Es freue sich der Himmel“ unterzeichnet wird. Die Freude über den Erfolg des Unionskonzils von Basel, Ferrara und Florenz, das die orthodoxe und die römische Kirche versöhnen soll, währte jedoch nicht lange. Tatsächlich ist die Kirche von Eintracht weit entfernt, „die abendländische Welt zersplittert“. Unter den Teilnehmern am Konzil ist als Chefunterhändler des Papstes auch der Deutsche Universalgelehrte und spätere Kardinal Nikolaus von Kues, der Cusanus genannt wird, ein Anhänger des Neuplatonismus und Kenner des katalanischen Philosophen Ramon Llull (1232-1316), mit dem ihn verbindet, dass er „den christlichen Glauben aus der äußeren Welt in die innere Welt holen“ will. Cusanus ist damit auf der Spur eines Denkens, das zum Ausgangspunkt der neuzeitlichen Subjektphilosophie wird, die über René Descartes und den Deutschen Idealismus des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert ausstrahlt.

Mit Richard David Precht gilt es auf dem Weg durch das große Gebäude der Philosophie von der heraufdämmernden Neuzeit bis zur anbrechenden Moderne gleich mehrere Achttausender zu besteigen, ob Spinozas Weltsystem, Leibniz’ Prinzipien oder Kants „Kritik der reinen Vernunft“, und es gibt viele Details, deren Besichtigung sich lohnt. Dass die Philosophie bei Precht auch als Reaktion und Reflexion auf ein wirtschaftliches und politisches Umfeld gesehen wird, ist ein Glücksfall für die Leser*innen, doch nicht der einzige Grund, warum man von dieser Philosophiegeschichte sagen kann, dass sie – neben all dem Erkenntnisgewinn – einfach auch Spaß macht.

Das Buch ist von der „Suche nach dem Universalprinzip“ über die „Geometrie der Gefühle“, „Die Freiheit des Möglichen“ bis zur „Grammatik des Bewusstseins“ und „Das Ende der Geschichte“ in viele kleine Erzählungen gegliedert, die man jeweils für sich lesen kann. Dabei geht es dann um „Nichts Bestimmtes“ und gleichzeitig um Kants „Metaphysik der Sitten“, um Montesquieu und „das Naturgesetz des Werdens und Vergehens von Staaten“, um „die wirkungsmächtigste Theorie des 18. Jahrhunderts“ und „die hysterische Ausnahme-Zicke unter den Freigeistern in d’Holbachs Salon“. Und sogar noch der umfangreiche Anhang legt lustvolle Fährten in die Philosophie- und Geistesgeschichte, gibt zahllose Tipps für weiterführende Lektüren und lädt im Sachregister dazu ein, einfach mal unter „Glück“ nachzuschlagen, um dann einer Spur zu folgen, die sich durch das ganze Buch zieht. Da erfährt man dann, dass Descartes die philosophische Hauptfrage nach dem Glück „einfach beiseitegelassen“ hat und wie Kant auch noch „das oft kritisierte Glück in seine Ethik“ mogelte. Mit Friedrich Nietzsche kann man hier ergänzen: „Wenn man kein Glück hat, soll man sich Glück anschaffen.“ Aber das gehört ja erst in die nächste Station der Philosophiegeschichte unter dem Credo: „Sei du selbst“.

Buchhandlung Heymann in der Laeiszhalle Hamburg, Dammtorwall 46, 20.00 Uhr, ab 12.- Euro.


Lesung

„Chaonias Tauben“

Eckart Klessmann präsentiert seinen „Versuch über Vergil“ (Verlag Aisthesis). Ein Gespräch mit dem Autor führt Hanjo Kesting, Passagen aus dem Buch liest Volker Hanisch.

Freie Akademie der Künste, Klosterwall 23, 19.00 Uhr, 10.-/7.-Euro.


Lesung mit Joachim Meyerhoff

„Die Zweisamkeit der Einzelgänger“




Man schlägt dieses Buch auf und wird, nach einem Lakritzschnecken-Kunststück in der Innenklappe, gleich auf der ersten Seite, also auf den Punkt, von einer Geschichte erwischt, in der all das anklingt, was diesen bewundernswerten Erzähler ausmacht. Da sucht ein junger Schauspieler eine „kleine, helle, ruhige Wohnung“ in Bielefeld. Er klebt vierundfünfzig seiner Annoncen auf Laternenpfähle und Ampelmasten, und denkt dann „ewig über die Abfolge der Adjektive nach“, bis er sich entschließt einen Kontrollgang zu machen. Er will in Erfahrung bringen, ob vielleicht schon jemand einen der Zettel mit seiner Telefonnummer abgerissen hat, doch alle Blätter sind unversehrt, nur auf einem hat jemand mit einem Filzstift ergänzt: „Zum Sterben“.

Schreiend komische und gleichzeitig tragische Momente, nüchtern und mit viel Gespür für Pointen vorgetragen, die dann zünden, wenn der oft manisch agierende Held von seinem Versagen oder auch nur von einem unerwarteten „W der Wirklichkeit“ eingeholt wird, sind es, die Joachim Meyerhoffs Literatur zu einem so unvergesslichen Leseerlebnis machen. Nach dem Auftakt seiner autobiografischen Romanreihe „Die Toten fliegen hoch“, in dem er vom Aufwachsen auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik erzählt, von seiner Schulzeit und zuletzt von den Jahren bei seinen Großeltern in München und an der Otto-Falckenberg-Schauspielschule, spielt der neue, vierte Band „Die Zweisamkeit der Einsamkeit“ in den stabil erfolglosen Jahren von Meyerhoffs Zeit als Jungschauspieler in der Provinz. Er verliebt sich in Hanna, eine hochintelligente Studentin, die zu seiner ersten großen Liebe wird. Dumm nur, dass wenige Wochen später Franka, eine Tänzerin, in sein Leben tritt, und er sich bei der Bäckerin Ilse am wohlsten fühlt. Kann das gut gehen? Die Antwort ist: nein.

Joachim Meyerhoff liest im Schauspielhaus aus seinem neuen Buch.

Deutsches Schauspielhaus, Kirchenallee 39, 20.00 Uhr, 25.-/13.- Euro.


Lesung

„Fallensteller“

Saša Stanišić präsentiert eine „literarische Werkschau“.

Ros e.V. im Ledigenheim Rehhoffstr. 1-3, 19.00 Uhr. Um eine Spende zugunsten des Projekts „Das Ledigenheim erhalten!“ wird gebeten.


Lesung

„Zunächst mal den Winter abwarten“

Autor*innen lesen aus der Anthologie mit preisgekrönten Texten des Walter-Kempowski-Literaturpreises. Im Anschluss: Wein und Brot.

Hamburger Autorenvereinigung in der Handwerkskammer Hamburg, Kleiner Saal, 19.30 Uhr, 6.- Euro.


Vortrag

„Der eherne Reiter“

Rolf Nerlich liest Erzählungen von Alexander Puschkin, musikalisch begleitet von Alexander Paperny auf der Balalaika.

Fjodor M. Dostojewskij-Gesellschaft in der Buchhandlung Boysen + Mauke, Große Johannisstraße 19, 19.30 Uhr, 8.- Euro, für Studierende ist der Eintritt frei.

Literatur in Hamburg