Dienstag, 06.03.2018


Lesung mit Adam Haslett

Alles, was danach kam




Es ist ein beinahe klassisches Tableau, mit dem Adam Haslett in »Stellt euch vor, ich bin fort« die ergreifende Geschichte einer Familie erzählt. In der US-amerikanischen Literatur ist der Schriftsteller und Jurist schon seit vielen Jahren ein gefeierter Star, und mit seinem neuen Roman, der in der Übersetzung von Dirk van Gunsteren neu erschienen ist, wünscht man ihm auch in Deutschland ein großes Lesepublikum. Adam Haslett stellt seinen Roman im Literaturhaus vor, den deutschen Text liest Tilo Werner. Moderation: Gabriele von Arnim.

Auf den ersten Blick erzählt Adam Haslett eine ganz unspektakuläre Geschichte: Margaret und John haben drei wunderbare Kinder, die unaufhörlich Fragen stellen und einen Familienhund, den Michael, der Älteste, gerne als »Dominator« bezeichnet. Alec und Celia, seine beiden jüngeren Geschwister, haben es nicht leicht, der sprühenden Phantasie von Michael etwas entgegen zu setzen. Doch so ist das ja immer. Celia, die Mittlere, behauptet sich mit ihrer Willensstärke, während Alec sich als Jüngster von allen geliebt weiß. Adam Haslett lässt die Familienmitglieder im Wechsel erzählen, das gibt der Lektüre auch formal großen Schwung, denn jede Figur erzählt anders, Michael zum Beispiel stets überschäumend und auch mal in versponnenen Briefen an seine Tante Penny oder in Patientenberichten, während Margret eher distanziert die Fäden der Familie zusammenhält. Sie hat John in London auf einer Party kennengelernt. Die große Liebe ist er eher nicht, aber er vertraut ihr und sie bleibt ihm verbunden, obwohl er kurz vor ihrer Ehe mit einer schweren Depression für Monate kaum ansprechbar ist. Dieses dunkle »Ungeheuer« der Depression, wie John sagt, ist ihrer Liebe und der Familie als Gespenst mit auf den Weg gegeben, es führt seine Fehden für viele Jahre nur aus dem Verborgenen und macht das gemeinsame Leben dadurch sogar spannender. Als es sich dann zeigt, ist es ein Unglück, das die Familie fast zerstört. Am Ende ist aber sogar dieses »Ungeheuer« nur eines der verfluchten Probleme, die in allen Familien bewältigt werden müssen, bevor wir endlich über all das staunen können, was danach kommt.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, € 12,–/8,–


Lesebühne

»Liebe für alle«

Kurzgeschichten, Satiren, Lieder, Cartoons und ganz viel Liebe mit Katrin Seddig, Ella Carina Werner, Piero Masztalerz, Anselm Neft und an diesem Abend auch mit Alexander Posch. Zu Gast ist bei der Lesebühne im Grünen Jäger Heiko Werning. Der gebürtige Westfale lebt seit 1991 im Berliner Wedding, der als »eines der härtesten Krisengebiete des Landes« gilt (Der Spiegel). Von dieser Front berichtet er in hochkomischen Büchern wie »Vom Wedding verweht« oder »Schlimme Nächte«. Außerdem ist er Mitglied der legendären Berliner Lesebühnen »Brauseboys« und »Reformbühne Heim & Welt«, und er schreibt satirische Texte für Titanic, jungle world und taz.

Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 19.30 Uhr, € 5,–


Poesie-Kabarett

»Dichter dran!«



Dichter Dran! Poesie-Kabarett von Anna Magdalena Bössen auf Vimeo

Premiere mit Anna Magdalena Bössen, die für ihr »Poesie-Kabarett« Dichter und Denker an die Bar und zur Diskussion über die Welt einlädt, in der wir heute leben. Musik macht Florian Miro. Regie: Annette Uhlen.

Die 2te Heimat, Theatersalon Hamburg, Max-Brauer-Allee 34, 20.00 Uhr, € 22,–, Tickets unter tickets@poesie-kabarett.de. Weitere Vorstellung: 06.03., 20.00 Uhr.


Lesung

»Cesare Pavese – wiederentdeckt«

Die Übersetzerin Maja Pflug und Maike Albath stellen die Neuübersetzungen »Der Mond und die Feuer« und »Das Haus auf dem Hügel« des italienischen Schriftstellers Cesare Pavese vor.

Istituto Italiano di Cultura und Rotpunktverlag im Istituto Italiano, Hansastr. 6, 19.00 Uhr, Eintritt frei. Anmeldung unter Tel.: 040-39999130 oder per E-Mail an iicamburgo@esteri.it.


Lesung mit Jakob Hein

Edgar Stern und der preußische Dschihad

Jakob Hein
Jakob Hein, Foto: Susanne Schleyer
Er ist ein großer Fabulierer mit viel Sinn für die feinen Nuancen zwischen Wahrheit und Lüge und einem sicherem Gespür für exzentrische Pointen. Für seinen neuen Roman »Die Orient-Mission des Leutnant Stern« musste Jakob Hein jedoch gar nichts erfinden, sie ist wahr. Und klingt dennoch so verrückt, dass man sie kaum glauben kann: Sie erzählt von einer illusteren Truppe, die 1914 für Wilhelm den II. in den Dschihad zieht.

In späteren Jahren ist Edgar Stern Chefredakteur im Berliner Ullstein Verlag und der Nachrichtenagentur Wolffs Telegraphisches Büro, er hat einen Lehrauftrag an der Deutschen Hochschule für Politik, ist Mitbegründer und Präsident des Europäischen Zollvereins und Generalsekretär der Deutsch-Französischen Gesellschaft. Ein engagierter Europäer. 1933 emigriert er nach England, wird Mitarbeiter führender britischer Zeitungen und Zeitschriften und Korrespondent deutscher Zeitungen. Er stirbt 1972 in London. In Jakob Heins Roman begegnen wir ihm als jungen Mann. Stern ist gerade erst promoviert, er hat schon einige Jahre als Journalist und vor allem für den späteren Reichskanzler Gustav Stresemann gearbeitet. 1914 meldet er sich freiwillig und wird als Offizier im 1. Westfälischen Pionier-Bataillon am rechten Rheinufer stationiert. Doch in der zweiten Reihe der Front ist ihm langweilig, und er erarbeitet einen verrückten Plan gegen die Engländer, durch den er sich in Berlin für einen raffinierten Schachzug der Militärführung qualifiziert: Vor allem in den Kolonien soll die »mohammedanische Welt« zum Dschihad gegen Briten und Franzosen aufgestachelt werden. Edgar Stern stellt in Berlin eine Truppe aus muslimischen Kriegsgefangenen zusammen, die in Konstantinopel feierlich freigelassen werden sollen – und schmuggelt sie in einer irrsinnigen Aktion, getarnt als Zirkus durch Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. In Konstantinopel angekommen, werden sie als Helden gefeiert und der osmanische Sultan Muhammad V. erklärt Frankreich, Russland und Großbritannien den Krieg. Der Aufstand der Muslime gegen Deutschlands Kriegsgegner bleibt aber auch nach weiteren Aktionen aus. Edgar Stern sitzt am Bosporus fest und schreibt romantische Liebesbriefe an seine Verlobte Theodora.

Jakob Hein lädt mit »Die Orient-Mission des Leutnant Stern« zu einer schillernden Geschichtstunde über den preußischen Dschihad ein, die glänzend unterhält. Und erweitert in den letzten Episoden geschickt die Perspektive für einen Blick auf die Vorstellungen, die Parteinahmen und Vorurteile Deutschlands im Kaiserreich gegenüber der islamischen Welt insgesamt.

Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Str. 69a, 20.00 Uhr, € 9,–


Lesung

»Cesare Pavese – wiederentdeckt«

Mit „Der Mond und die Feuer“ und „Das Haus auf dem Hügel“ liegen seit kurzem zwei Romane von Cesare Pavese– wichtiger Vertreter der italienischen Moderne – in Neuübersetzungen vor. „La luna e i falò“, erschienen 1950, erzählt von Aufbruch und Heimkehr, Auswanderung, Entwurzelung und Widerstand. „La casa in collina“, erschien 1948 und setzt sich mit der Unentrinnbarkeit des Krieges und der Frage nach dem Sinn von politischem Handeln auseinander. Die Übersetzerin Maja Pflug, die 2011 mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde, stellt ihre Übersetzungen im Gespräch mit der Journalistin Maike Albath vor.

Istituto Italiano di Cultura, Hansastr. 6, 19.00 Uhr, Eintritt frei. Anmeldung unter Tel.: 040-39999130 oder per E-Mail an iicamburgo@esteri.it.


Literaturclub

»Das Leben des Vernon Subutex“

Auf Programm des Literaturclubs im Gewerkschaftshaus mit der Literaturkritikerin Brigitte Neumann steht der Roman „Das Leben des Vernon Subutex“ der französischen Schriftstellerin Virginie Despentes – der erste Band einer Trilogie um einen Paris Bankrotteur.

Im Klub, Besenbinderhof 62, 19.30 Uhr, € 5,–


Lesung

»Heun & Söhne«

Poetry Slam Duo Show mit Julian Heun und David Friedrich

Kampf der Künste im Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Straße 69a, 20.00 Uhr, € 10,–


Lesung

Mathilde-Slam

Unter einem vorgegebenen Motto präsentieren beim Poetry-Slam mit der Lesebühne „Längs« im „Mathilde« Autorinnen und Autoren in höchstens 5 Minuten Lesezeit einen eigenen Text. Der Publikumssieger darf sich über eine Flasche „Tullamore Dew“ freuen und startet beim nächsten Slam auf Platz 1. Auf die Bühne können nur 10 Autoren. Wer lesen möchte, sollte früh da sein oder sich anmelden (www.mathilde-hh.de).

Mathilde – Literatur und Café. Bogenstr. 5, 20.15, € 5, für Vorlesende frei.

Literatur in Hamburg