Dienstag, 06.10.2015


Lesung mit Richard Ford

„Let Me Be Frank With You“

Richard Ford
Richard Ford, Foto: Peter Andreas Hassiepen
Lassen Sie mich ganz offen mit Ihnen sein, das ist der Titel von Richard Fords neuem Buch, wobei das englische „Frank“ in diesem Fall auch den Vornamen des Erzählers Frank Bascombe meint. Dieses Spiel mit Bedeutungsebenen und der schnelle Wechsel zwischen hochsprachlichen Monologen, umgangssprachlichen Dialogen, Wortspielen und dann doch wieder einem sehr lakonischen Erzählen, zieht sich durch das gesamte Buch, das im Deutschen schlicht mit „Frank“ betitelt ist. Der Übersetzer Frank Heibert hat diesen großartigen Erzählstil Richard Fords in einer meisterhaften Übersetzung ins Deutsche gebracht.

Den Sportreporter, Makler und Alltagschronisten Frank Bascombe kennen die Leser von Richard Ford schon aus drei vorangegangenen Romanen, wobei es sich bei „Frank“ strenggenommen um einen Erzählband aus vier zusammenhängenden Novellen handelt, die um die Motive Vergänglichkeit und Abschied kreisen. Zu Beginn trifft sich Frank zu einer Besichtigung seines Strandhauses in Sea-Clift. Er hat es zu einem stolzen Preis an den als Fischhändler zu Reichtum gekommenen Arnie Urquhart verkauft. Jetzt liegt es, völlig zerzaust, fast 100 Meter von seinem ehemaligen Standort entfernt, nachdem der Hurrikan „Sandy“ es mit sich geschleift hat. Frank, inzwischen schon einige Jahre in Rente und stets auf der Hut vor altersbedingten Ungeschicklichkeiten, die Schlimmeres nach sich ziehen könnten, befürchtet der Fischhändler würde seinen Rat in einer Notlage suchen und räsoniert zuerst altväterlich und ganz im Allgemeinen über das Werk der Zerstörung: „Die starke Hand eines ordentlichen Hurrikans hat etwas für sich, sie macht dem Leben unsanft klar, wie relativ alles ist. Wann immer wir ein bisschen anders auf etwas reagieren, als wir eigentlich erwartet hatten, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Was natürlich leicht gesagt ist, ich wohne ja nicht mehr hier.“ Im Besonderen geht es schließlich um den alltäglichen Sturm, der das Leben von Arnie durchgewirbelt hat. Frank erkennt das einst zerfurchte Gesicht des Fischhändlers kaum wieder, nach einer Scheidung und dem Neustart mit einer anderen Frau ist es zu einer aalglatten Maske erstarrt. Offensichtlich hat er „etwas machen lassen“. Von den Beschädigungen des Lebens ist nichts mehr sichtbar, nur die unfreiwillige Komik eines „verweiblichten Gesichtes“. Am Ende haben die Beiden „nichts Entscheidendes ausgetauscht“, wie „bei den meisten Gesprächen zwischen mündigen Erwachsenen“. Und doch hat Richard Ford mit seinem mürrischen Melancholiker Frank vor einer postapokalyptischen Kulisse eine Lebensbilanz gezogen und gleichzeitig die Lage seines Landes verhandelt. So setzt sich das in diesem Band fort: In der nächsten Erzählung gerät Franks eigenes Haus in den Fokus, dann trifft er sich mit seiner bösartigen Exfrau, schließlich macht er einen Abschiedsbesuch bei einem sterbenden Bekannten und hört ein verzweifeltes Geständnis. Stets geht es dabei um die ganz großen Themen – und stets hat der altersweise Frank Bascombe etwas Tiefschürfendes dazu zu sagen, auch wenn es im Zweifel nur „dieses Theodore-Roethke-Zitat ist“: „Die Natur hat wohl immer etwas mit uns vor.“

Richard Ford stellt „Frank“ zusammen mit dem Schauspieler Christian Brückner vor, der aus der deutschen Übersetzung lesen wird. Moderation: Frank Heibert.

Veranstalter: Harbour Front Literaturfestival. Ort: Laeiszhalle, Kleiner Saal, Johannes-Brahms-Platz 1, 20.00 Uhr. Eintritt: 22.-/18.-/14.- Euro. Weitere Informationen und Kartenvorverkauf: harbourfront-hamburg.com »


Lesung mit Clemens J. Setz

„Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“




„Nur lesen und nie schreiben, das ist wie geküsst werden, ohne selbst küssen zu dürfen,“ hat Clemens J. Setz kürzlich in einem Interview für die „Süddeutsche Zeitung“ erklärt und damit sein eigenes Schreiben begründet. Erst mit 16 habe er, nachdem er wegen einer Sehstörung seine Leidenschaft für Ballerspiele am Computer nicht mehr weiterverfolgen konnte, im Lesen eine Ersatzdroge gefunden, durch die er schließlich zu einem manisch Schreibenden geworden sei. Dass er sich manchmal in Hotels „im Bademantel neben eine Topfpflanze stellt und den anderen Gästen zuschaut“, hat er in dem Interview auch erzählt. Und dass er „eintönige, intime, repetitive Geräusche“ liebt.

Diese etwas schrägen Selbstbeschreibungen gehören zur Inszenierung von Setz, doch man feiert ihn nicht deshalb als Wunderkind und Genie der deutschsprachigen Literaturszene, sondern wegen seines schon jetzt umfangreichen Werkes. Der 32-jährige Schriftsteller aus Graz hat inzwischen vier Romane, einen Gedicht- und einen Erzählband veröffentlicht, 2011 wurde er für seinen Erzählband „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Sein Roman „Indigo“ stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2012 und wurde mit dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2013 ausgezeichnet. 2014 erschien sein erster Gedichtband „Die Vogelstraußtrompete“, und in diesem Jahr nun der 1000 Seiten umfassende Roman: „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, Suhrkamp Verlag. Von einer „faszinierenden Zumutung“ („taz“), einem „Roman, der den Gemütszustand verändern kann“ („SWR“) und „das Zeug zum Kulturoman“ hat („Die ZEIT“), schwärmte die Literaturkritik. Spielort ist die Villa Koselbruch, ein Wohnheim für behinderte Menschen, in dem die junge Natalie Reinegger zur Bezugsbetreuerin von Alexander Dorm wird. Der Mann sitzt im Rollstuhl und gilt als „schwierig“. Dennoch erhält er jede Woche Besuch – ausgerechnet von Christopher Hollberg, jenem Mann, dessen Leben er vor Jahren zerstört haben soll, als er ihn als Stalker verfolgte und damit Hollbergs Frau in den Selbstmord trieb. Das Arrangement funktioniere zu beiderseitigem Vorteil, versichert man Natalie, die beiden seien einander sehr zugetan. Aber bald verstört die junge Frau die unverhohlene Abneigung, mit der Hollberg seinem vermeintlichen Freund begegnet. Sie versucht, hinter das Geheimnis des undurchschaubaren Besuchers zu kommen und die Motive seines Handelns zu verstehen. Wer vor der 1000-seitigen Lektüre über Macht und Ohnmacht, Sinnsuche und Orientierungsverlust, Unterwerfung und Liebe in allen Spielarten einmal reinhören will, geht ins Literaturhaus, wo Clemens J. Setz seinen Roman „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ vorstellen wird. Moderation: Richard Kämmerlings.

Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr. Eintritt: 10.-/6.- Euro.


Buchpräsentation mit Iris Berben

„Mein Jerusalem“

Iris Berben liest aus ihrem Text- und Fotoband über Jerusalem und spricht über ihre Verbindung zu Israel und ihr jahrzehntelanges Engagement für die deutsch-jüdische Aussöhnung. Moderation: Martin Meister.

Veranstalter: KörberForum. Kehrwieder 12, 19.00 Uhr. Eintritt frei. Um Anmeldung auf der Website www.koerberforum.de oder unter Tel. 040 / 8081920 wird gebeten.


Buchpräsentation mit Sulaiman Masomi

„Ein Kanake sieht rot“

Vom Goethe-Institut wird Sulaiman Masomi regelmäßig als Botschafter der deutschen Sprache um die Welt geschickt, und in Deutschland war der Schriftsteller, Rapper und Poetry Slamer auf so ziemlich allen prominenten Poetry Slam-Bühnen zu Gast, um von den Strapazen seines Lebens zu erzählen. Die Bühnenklassiker des Deutsch-Afghanen sind inzwischen in dem Buch „Ein Kanake sieht rot“ erschienen. Und ein Buch über den Poetry Slam als „orale Kultur zwischen Tradition und Moderne“ hat der studierte Literatur-, Medien- und Kulturwissenschaftler auch schon vorgelegt. Im Polittbüro wird die Theorie allerdings eher eine Nebenrolle spielen, es wird ganz praktisch zum Beispiel darum gehen, „in welchem Zusammenhang ein alter deutscher Schäferhund und eine Sucuk-Knoblauch-Wurst zueinander stehen“.

Veranstalter: Kampf der Künste, Polittbüro. Ort: Polittbüro, Steindamm 45, 20.00 Uhr. Eintritt: 15.-/10.- Euro.


Lesung

„Das Knast-Dilemma“

Bernd Maelicke liest aus seinem Buch.

Veranstalter: Grundbuchhalle Ziviljustizgebäude. Sievekingplatz 1, 17.00 Uhr.


Podiumsdiskussion

„Seid umschlungen, Millionen“

Im Rahmen der Dialogreihe „Bridging the Gap“ diskutieren Thomas Hengelbrock, Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters, und Kent Nagano, Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Hamburger Staatsoper, über klassische Musik und ihre Wirkungsmacht in der Gegenwart. Eine Einführung spricht Sonja Lahnstein-Kandel. Moderation: Joachim Lux.

Veranstalter: Thalia Theater, Verein zur Förderung des Israel-Museums in Jerusalem e.V. Ort: Thalia Theater, Alstertor, 20.00 Uhr. Eintritt: 15.-/8.- Euro.


Poetry Slam

Mathilde-Slam

Unter dem Motto „anders“ präsentieren beim Poetry-Slam im „Mathilde“ Autorinnen und Autoren in höchstens 5 Minuten Lesezeit einen eigenen Text. Der Publikumssieger darf sich über eine Flasche „Tullamore Dew“ freuen und startet beim nächsten Slam auf Platz 1. Auf die Bühne können nur 10 Autoren. Wer lesen möchte, sollte früh da sein oder sich anmelden (www.mathilde-hh.de).

Veranstalter: Mathilde – Literatur und Café. Bogenstr. 5, 20.15. Eintritt: 5.- Euro.(Für Vorlesende frei.)


Poetry Slam

„Dichterliga“

Einen „Slam wie eine Heimat“ verspricht „Kampf der Künste“ für diesen Slam, bei dem lokale Poeten gegeneinander antreten und mit ihrem Sieg oder dem Platz auf dem Treppchen Punkte sammeln können. Die wiederum gehen in die Gesamtwertung ein und am Ende der Saison darf man sich vielleicht nicht nur über den Sieg der „Dichterliga“ freuen, sondern auch über einen Startplatz beim spektakulären Saisonfinale. Moderation: Rasmus Blohm.

Veranstalter: Kampf der Künste. Molotow. Spielbudenplatz 5, 20.30 Uhr. Eintritt: 5.- Euro.


Literatur in Hamburg