Mittwoch, 08.02.2017


Literatursoiree mit Terézia Mora

Vom großen Zusammengehören




Da ist dieser „junge Herr Zitterpappel“, er heißt Tim und macht eine Ausbildung zum Koch. Seine Freundin Sandy ist genauso verloren in die Welt gestellt, wie er. Doch immerhin haben sie ihre junge Liebe und einen großen Traum: Sie wollen ans Meer. Fast so nüchtern, präzise und klar wie in einem Bericht erzählt Terézia Mora in ihrem Erzählband „Die Liebe unter Aliens“ (Luchterhand Verlag) davon, wie Sandy und Tim sich kurz darauf verlieren, ja, selbst verloren gehen. Wie wir zusammen sind, warum wir uns finden und wie wir uns verlieren, ist das Thema, das in allen Geschichten des Erzählbandes aufscheint. Im Literaturhaus trifft sich zum Erscheinen von „Die Liebe unter Aliens“ der Literaturkritiker und Autor Lothar Müller, der als Feuilletonredakteur der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin arbeitet, zur Literatursoiree mit Terézia Mora.

Schon mit ihren 1999 erschienenen Erzählungen „Seltsame Materie“ wurde Terézia Mora als Star unter den jungen Autoren begrüßt und erhielt den „Ingeborg-Bachmann-Preis“, hoch gelobt wurde sie auch für ihren Roman „Alle Tage“, der u.a. mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde. Und auch ihr Roman „Der einzige Mann auf dem Kontinent“ (2009) wurde viel gelobt, mit das „Das Ungeheuer“ erhielt sie 2013 schließlich den Deutschen Buchpreis. Dass die 1971 im ungarischen Sopron geborene Schriftstellerin, die heute in Berlin lebt, auch als eine der renommiertesten Übersetzerinnen aus dem Ungarischen gilt, wird bei all den Preisen schon fast zur Randnotiz. Die neu erschienenen Erzählungen Terézia Moras spielen in einer kalten Welt, in der es vor allem darauf ankommt, durchzuhalten, so wie der Marathonmann in der sehr gelungenen Auftakterzählung „Fisch schwimmt, Vogel fliegt“.
Er ist „nicht besonders, nur eben ausdauernd“. Und er läuft. Obwohl er schon 57 ist und aussieht wie ein alter Mann, kann er eigentlich sehr viel schneller und länger laufen als der Junge, der ihm eine Tasche mit seinem Geldbeutel und seinen Papieren aus der Hand gerissen hat. Während dieses langen Laufs erfahren wir von einem Leben, in dem es wenig Berührung mit anderen gegeben hat, was zählt ist allein, „ob du auf-gibst oder aufgibst oder weiter weitermachst“. Am Ende hat der Marathonmann den Dieb eingeholt und bekommt seinen Lohn. Er ist verdient und ganz anders als erwartet.
Es sind keine Außenseiter-Geschichten, die Terézia Mora erzählt: Da fühlt sich ein Nachtportier heimlich zu seiner Halbschwester hingezogen, eine Unidozentin flieht vor einer gescheiterten Beziehung und vor der Auseinander-setzung mit sich selbst, und ein japanischer Professor verliebt sich in eine Göttin. Gemeinsam ist den virtuosen Erzählungen, dass ihre Helden vom Unerwarteten überrascht, mit der Fragilität des Daseins konfrontiert sind und dann damit umgehen müssen. Und bei aller Verlorenheit, in der Terézia Mora ihre Figuren findet, gibt sie ihnen doch auch den eigensinnigen Traum von einer besseren Welt mit auf den Weg, in der die Suche nach Nähe sich erfüllt.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, 12.-/8.- Euro.


Lesung mit Charles Foster

„Der Geschmack von Laub und Erde“




Der englische Tierarzt und Anwalt Charles Foster präsentiert sein Buch über das faszinierende Experiment, als Tier zu leben: Er ist in die Rolle von Otter, Fuchs, Hirsch, Dachs und Co. geschlüpft, hat in einem Bau unter der Erde gehaust, in einem Fluss mit den Zähnen nach Fischen geschnappt und Mülltonnen nach Lebensmitteln durchstöbert. Seinen Erfahrungsbericht hat er um Wissenswertes über Tiere aus der Neurowissenschaft, der Psychologie und Naturgeschichte erweitert.

„Ich wollte wissen, wie es ist, ein Wildtier zu sein“, schreibt Foster im Vorwort seines Buches „Der Geschmack von Laub und Erde“. Er hat dafür viele Wochen zu verschiedenen Jahreszeiten im Wald gehaust, sogar „unter dem Erdboden“. Foster wagt einen Einfühlungsversuch, den sowohl die Naturwissenschaften wie die Philosophie lange als Kitsch abgetan hätten, der Abstand von Menschen zur Tierwelt galt lange als nicht viel weniger groß als der zur Welt der Pflanzen und Dinge. Doch auch der Mensch ist ein Tier, für Charles Foster ist es nur „ein sachter Lidschlag in der Existenz unseres Planeten“, der den Menschen von unseren gemeinsamen Vorfahren, etwa mit dem Dachs trennt. Mit seinem Buch wagt er sich „so nahe wie möglich an die Grenze“ von Mensch und Tier heran, um „ins unbekannte Terrain hinüberzuspähen“. Vor allem die Neurowissenschaften sind ihm dabei eine Hilfe, denn sie können inzwischen sehr genau aufzeigen, „was in der Nase und den für den Geruchssinn zuständigen Gehirnregionen eines Dachses vorgeht, wenn er durch den Wald streift.“

Charles Foster stellt sein Buch bei stories! vor. Den deutschen Text liest Wanja Mues. Moderation: Daniel Haas.

stories! im Falkenriedquartier, Straßenbahnring 17 , 19.30 Uhr. Anmeldungen an: info@stories-hamburg.de.


Literatur im Gespräch

„Boule de suif“

Im Rahmen seiner Reihe „Große Erzählungen der Weltliteratur“ kommentiert Hanjo Kesting das erzählerische Debüt von Guy de Maupassant, das eine Episode aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 behandelt. Es liest Burghart Klaußner.

Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, 20.00 Uhr, 10.-/8.- Euro.


Lesung mit Carmen Korn

„Töchter einer neuen Zeit“




Carmen Korn liest aus dem ersten Band ihrer Trilogie über vier Frauen, zwei Weltkriege und hundert Jahre in Deutschland.

Zum Auftakt begegnen wir Henny Godhusen im Frühjahr 1919. Sie hat gerade eine Hebammenausbildung an der Hamburger Frauenklinik begonnen, ist 19 Jahre alt und freut sich, dass der Weltkrieg endlich vorbei ist. Drei Frauen begleiten sie auf ihrem Weg: die rebellische Käthe, Ida, Tochter aus wohlhabendem Hause und die junge Lehrerin Lina. So verschieden die Frauen sind, so eng ist ihre Freundschaft, auch wenn sie in den kommenden Jahrzehnten oft auf die Probe gestellt werden wird.

Buchhandlung Klauder, Duvenstedter Damm 41, 20.00 Uhr.


Ausstellung und Gespräch

„Ein Fotograf und sein Motiv – Regen, Sturm und steile Treppen“

Begleitend zu Ausstellung der Ausstellung „Deutschlands Leuchttürme. Dokumente, Bilder, Texte“, die noch bis zum 28. Februar in der Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität präsentiert wird, führt der Kurator Reinhard Scheiblich, ehemaliger Wissenschaftsfotograf an der Helmut-Schmidt-Universität, durch die Ausstellung und erzählt u.a. von Begegnungen mit ehemaligen Leuchtfeuerwärtern, wie Heinrich Geertsen, von schwierigen Aufnahmesituationen, warum der Leuchtturm Staberhuk sein Lieblings-Leuchtturm ist und von einer überraschenden Sonderfahrt mit einem Ausflugsschiff zum Leuchtturm Arngast.

Helmut-Schmidt-Universität, Universitätsbibliothek, Holstenhofweg 85, 18.00 Uhr.


Poetry Slam

„Best of Poetry Slam“

Vier Slamer aus der A-Liga der deutschen Szene präsentieren sich in 10 Minuten dem Publikum. Moderation: Michel Abdollahi.

Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1, 20.00 Uhr, 11.- bis 19.- Euro, ermäßigt 5.50 bis 8.50 inkl. HVV.


Wissenschaft im Wettstreit

Science Slam

Junge Wissenschaftler präsentieren ihre Arbeiten auf der Bühne des „Uebel & Gefährlich“ – in einem gnadenlosen Wettstreit. Das Publikum kürt den Gewinner. Moderation: Insina Lüschen.

Uebel & Gefährlich. Feldstraße 66, 20.30 Uhr, 9.-/7.- Euro.


Literatur in Hamburg