Mittwoch, 09.05.2012


Lesung und Gespräch mit Robert Schindel

„Man ist viel zu früh jung“

Robert Schindel
Robert Schindel, Foto: Nick Wolfinger
Wien, diese Gedächtnismetropole, dieses Kraftwerk der Erinnerung – und das Judentum, ein ebensolcher „Gedächtnisweltmeister“, sind die Kraftfelder, in deren Überschneidungsraum Robert Schindel die Leit- und Leidensmotive des Erinnerns und Gedenkens findet, die sich wie ein roter Faden durch sein essayistisches Werk ziehen, das im letzten Oktober in dem Band „Man ist viel zu früh jung“ erschienen ist. Geschult sind die Reden und Essays des 1944 als Kind jüdischer Kommunisten in Oberösterreich geborenen Schriftstellers an der lyrischen Diktion, sein Debüt war der 1986 erschienene Gedichtband „Ohneland. Gedichte vom Holz der Paradeiserbäume“. Er hat noch mehrere Gedichtbände veröffentlicht, wobei er seinen größten Erfolg dann doch mit dem Roman „Gebürtig“, 1992 erschienen, feierte. In seinem Essayband blickt Schindel auch zurück auf sich: auf das Dilemma einer zu frühen Jugend mit ihrer unverbindlichen Liebe zur Utopie, Gefühllosigkeit und Phrasenpracht etwa. Aber existiert nicht für uns alle ein zweites Leben? Müssen wir nicht Zukunft gewinnen? So wird denn das Projekt Israel zur „dritten Liebe“ des Schriftstellers und selbst das kapitalistisch gestartete, sich vereinigende Europa zum Ankerpunkt einer gewissen Hoffnung. Im Jüdischen Salon, der ab diesem April wegen Umbauarbeiten an den bisherigen Räumen an verschiedenen Orten im Grindelviertel gastiert, stellt Robert Schindel sein Buch vor.

Veranstalter: Jüdischer Salon. Ort: Universität Hamburg, Von-Melle-Park 8, 20.00 Uhr. Eintritt: 10.-/5.- Euro.


Lesung mit John Banville

„Unendlichkeiten“

John Banville
John Banville, Foto: Vittoria della Mente
Der irische Schriftsteller John Banville steht in einer Tradition der modernen Literatur, die der Stringenz des Erzählten geringere Bedeutung beimisst und keine so einfache und klare Trennung zwischen Realität und Phantasie, zwischen Lüge und Wahrheit vornimmt, wie wir es aus gängigen Unterhaltungsromanen kennen. Seine Literatur setzt gegen das plane realistische Wahrnehmungskonstrukt ein vielschichtig oszillierendes Spektrum aus Phantasien und realistischen Situationen, durch die sich unsere Selbstwahrnehmung und der Blick auf unsere Umwelt, insbesondere in einer Lebenskrise, vielleicht sehr viel treffender beschreiben lässt. In seinem neuen Roman erzählt er von einem langen Sommertag in einem Herrenhaus in Irland: Adam Godley liegt im Sterben, Grund genug für seinen Sohn Adam jun. und seine Tochter Petra, Ressentiments über Bord zu werfen und ihren Vater und ihre erheblich jüngere Mutter Ursula noch einmal zu besuchen. Was die Godleys nicht wissen: Ihr Familientreffen wird von den Göttern beobachtet, die sich nicht scheuen, korrigierend und bisweilen boshaft einzugreifen. Erzählt wird der Roman von niemand Geringerem als Hermes, doch auch Zeus und Pan sind mit von der Partie. Sie lassen es sich nicht nehmen, in das Leben der Sterblichen einzugreifen, mal unterstützend, mal verwirrend und spöttisch. Einen „grandiosen Roman voller Leben, Weisheit, Grausamkeit und Zärtlichkeit“ (HR) verspricht uns die Literaturkritik mit Banvilles „Unendlichkeiten“ und ein „Feuerwerk origineller Sprache“ (Die Welt) auch. Im Literaturhaus stellt John Banville seinen Roman vor. Den deutschen Text liest Martin Maria Blau. Moderation: Julika Griem.

Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 19.30 Uhr. Eintritt: 10.-/8.- Euro.


Lesung mit Georges-Arthur Goldschmidt

„Ein Wiederkommen“

Der 1928 in Hamburg geborene Schriftsteller Georges-Arthur Goldschmidt liest aus seiner neuen autobiographischen Erzählung, die in der Literaturkritik als „eindrückliche Literatur und historisches Dokument zugleich“ (Deutschlandradio Kultur) gefeiert wurde. Goldschmidt, der für seine Romane und Erzählungen u.a. mit dem Geschwister-Scholl-Preis, dem Nelly-Sachs-Preis und dem Joseph-Breitbach-Preis ausgezeichnet worden ist, und seit seiner Flucht aus Deutschland 1938 in Paris lebt, erzählt in seinem neuen Buch davon ,wie er erst zehnjährig als Jude aus seiner Heimat geflüchtet, in einem Internat Rettung fand, wo Züchtigung zum Alltag gehörte. Und weil sich der Heranwachsende des Lebens unwürdig fühlte, empfand er es als nur richtig, dass er bestraft wurde: für das Lesen unerlaubter Bücher, für das Entdecken des eigenen Körpers, ganz einfach dafür, dass es ihn gab, dass er überlebt hatte.

Veranstalter: Buchhandlung Heymann. Ort: NDR, Rolf-Liebermann-Studio, Oberstr. 120, 20.00 Uhr. Eintritt:12.- Euro.


Lesung mit Olga Grjasnowa

„Der Russe ist einer, der Birken liebt“

Olga Grjasnowa
Olga Grjasnowa, Foto: René Fietzek
„Bissig, tragisch, kosmopolitisch“ (Die Welt), ein Debüt, wie man es nicht jedes Jahr erlebt, wird in diesem Frühjahr in der deutschen Literaturkritik gefeiert. Geschrieben hat es die 1984 im aserbaidschanischen Baku geborene Olga Grjasnowa, die im Kaukasus aufwachs, das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig besuchte und heute Tanzwissenschaften in Berlin studiert. Ihr Roman hat den schönen Titel „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ und erzählt von Mascha, die jung und eigenwillig ist, Aserbaidschanerin und Jüdin und wenn nötig auch mal Türkin oder Französin. Als Immigrantin musste sie in Deutschland früh die Erfahrung der Sprachlosigkeit machen. Nun spricht sie fünf Sprachen fließend und ein paar weitere immerhin so gut „wie die Ballermann-Touristen Deutsch“. Sie plant gerade ihre Karriere bei der UNO, als ihr Freund Elias schwer krank wird. Verzweifelt flieht sie nach Israel und wird schließlich von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Olga Grjasnowa erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer Generation, die keine Grenzen kennt, aber auch keine Heimat hat. Einer Generation voller „schöner, verrückter, kaputter Menschen mit komplizierten Lebens- und Abstammungsgeschichten“ (Die Welt). Im Buchladen Osterstraße liest sie aus ihrem Roman.

Veranstalter: Buchladen Osterstraße. Osterstr. 171, 20.00 Uhr. Eintritt: 6.- Euro.


Lesung mit Ben Maack

„Monster“

Ben Maack
Ben Baack, Foto: Benne Ochs
Einen Überfall von „wirklich brillanten Geschichten“ feierte Jan Drees für den „WDR“ mit dem neuen Erzählband „Monster“ von Benjamin Maack, und „Radio Fritz“ verspricht, „das geht so schnell nicht wieder raus aus dem Kopf“. Erzählt wird von einem Chemielaboranten, der in einem alternden Dorf im Harz nach der Liebe sucht – und eine Eule findet, von einem Manager, der als guter Erwachsener in Hotelzimmern liegt und von den Sünden seiner Jugend heimgesucht wird, von einem Housesitter, der ein Sofa versaut, einen Baum tötet und einen Minderjährige verführt. All diese Helden heißen Benjamin. Sie alle irren umher, durch Wälder und Tierparks, über Familienfeiern und Vorortstraßen. Monströs ist an diesen Benjamins, jedenfalls vordergründig, dann auch nichts, sie sind einfach nur genau so verlogen und verbogen wie du und ich. Allerdings haben die kleinen und größeren Lügen dieser Helden lange Beine –, und sie rächen sich auf monströse Weise. In der Zentralbibliothek stellt Benjamin Maack seine „Monster“ vor.

Veranstalter: Hamburger Öffentliche Bücherhallen. Zentralbibliothek, Hühnerposten 1, 20.00 Uhr. Eintritt: 6.-/4.- Euro.


Lesung mit Max Goldt

Die banale Realsatire des Lebens

Dass sein Werk „sehr komisch ist“, schreibt Daniel Kehlmann über ihn, das „weiß ja nun jeder gute Mensch zwischen Passau und Flensburg. Dass es aber, liest man genau, zum am feinsten Gearbeiteten gehört, was unsere Literatur zu bieten hat, dass es wahre Wunder an Eleganz und Poesie enthält und dass sich hinter seinen trügerischen Gedankenfluchten die genaueste Komposition und eine blendend helle moralische Intelligenz verbergen, entgeht noch immer vielen, die nur aufs Lachen und auf Pointen aus sind.“ Trotz diesem Hintersinn, die seine Texte auch haben, darf natürlich auch laut gelacht werden, wenn Max Goldt im Uebel & Gefährlich neue Texte vorstellt, ob über einen Streit mit einem Nachbarn oder sonst zu jenem Alltagskram, mit dem die banale Realsatire des Lebens uns drangsaliert. Das muss dann ja nicht ausschließen, dass wir auch zu erhellenden Erkenntnissen finden.

Veranstalter: Uebel & Gefährlich. Feldstr. 66, 20.30 Uhr. Eintritt: 15.- Euro.


Vortrag und Gespräch mit Stéphane Hessel

Wofür lohnt es sich zu kämpfen?

Was den Menschen ausmacht, so sieht es der französische Intellektuelle, Résistance-Kämpfer und Holocaust-Überlebende Stéphane Hessel, sind die Fähigkeit, sich zu empören und das Engagement, das daraus folgt. Mit der vor zwei Jahren erschienen Streitschrift „Empört Euch!“ hat er zum friedlichen Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft aufgerufen und gezieltes Engagement für Umwelt und Menschenrechte gefordert. Tatsächlich schließen sich gegenwärtig immer mehr Menschen zu Protestbewegungen zusammen, vor allem junge Leute empören sich und stellen Gewissheiten und Autoritäten in Frage, gegen die seit Jahren niemand rebelliert. Doch für welche Ideen sollten wir uns engagieren? Welchen Idealen sollten wir folgen? Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Über diese und weitere Fragen diskutiert Stéphane Hessel gemeinsam mit dem Publikum im Auditorium der Bucerius Law School. Fragen, Ideen und Thesen können bereits vorab auf der Website www.vernetztleben.de eingereicht werden.

Veranstalter: ZEIT-Stiftung, Bucerius Law School, Institut Français, Generalkonsulat der Französischen Republik. Ort: Bucerius Law School, Auditorium, Jungiusstr. 6, 19.00 Uhr. Eintritt frei. Anmeldung erforderlich unter: www.amiando.com/beta8.html.


Lesung

„Eine Geschichte aus der Wall Street“

Mignon Remé liest aus „Bartleby, der Schreiber“ von Herman Melville, musikalisch begleitet von Birgit Maschke und Julian Schäfer. Moderation: Erika Werner.

Veranstalter: S.T.I.L. e.V. Ort: Kunst-nah, Große Bergstr. 160 (Kulturetage Altona), 20.00 Uhr. Eintritt: 8.-/5.- Euro.


Lesung

„Literatur-Quickie“

mit Anja Kümmel. Lesezeit: 17 Minuten.

Veranstalter: Feldstern. Sternstr. 2, 22.02 Uhr. Eintritt frei.


Literatur in Hamburg