Mia Rabens Romandebüt »Unter Dojczen«
Das Paket Jola
Mia Raben, Foto: Kathrin Spirk
Jolanda, die alle nur Jola nennen, kommt eines Tages mit einem Kleinbus aus Polen in Hamburg an und hat Glück: Dank ihrer schon guten Deutschkenntnisse und der jahrelangen Erfahrung als Betreuerin kann sie sich aussuchen, für wen sie arbeitet und landet bei einer Arztfamilie in einer Villa in den Elbvororten. Dort wird das »Paket Jola« sehnlichst erwartet, denn die hanseatische Matriarchin Ursula »Uschi« von Kleven leidet nicht nur an Rheuma, sondern ist, auch ohne von alltäglichen Schmerzen geplagt zu werden, eine unwirsche Person, die schon so manche Pflegekraft in die Flucht geschlagen hat.
Bei Jola ist das anders, sie hat ein besonderes Gespür für den Umgang mit alten Leuten und steckt doch selbst in einer tiefen Lebenskrise. Während sich nach und nach eine Freundschaft mit der temperamentvollen Seniorin entwickelt, gibt der Roman in Berichten und Erinnerungen von Jola einen Einblick in die Verhältnisse und Arbeitssituationen der »betrojerinkis« in Deutschland, die »ihre Lebenszeit und den Großteil ihrer Kraft dem Privatleben deutscher seniorki« opfern. Wie bei Jola zerbricht daran dann oft auch die eigene Familie. Neben dieser dem Roman eingeflochtenen, glänzend recherchierten Sozialreportage baut Mia Raben aber auch noch eine Brücke zwischen Polen und Deutschland, indem sie die kulturellen Unterschiede der Nachbarländer deutlich macht und in einem Happy End zusammenführt.
Mia Raben, »Unter Dojczen«, Kjona Verlag, € 23,–
01.10.2024 | Jürgen Abel