Mittwoch 14.11.2018


Lesung mit Lina Wolff

Das dunkle Reich des Begehrens

Lina Wolff
Lina Wolff, Foto: Hakan Sandbring
»Satz für Satz«, so empfiehlt es Antje Rávic Strubel, soll man dieses Buch lesen, »in der Hoffnung, die Verzauberung möge noch ein wenig dauern.« Dabei spielt die Geschichte, von der die schwedische Schriftstellerin Lina Wolff in ihrem neuen Roman »Die polyglotten Liebhaber« erzählt, eher in einem dunklen Reich des Begehrens. Es geht um ein Buch im Buch, um Sex und Gewalt, Verführung und Erniedrigung, um den männlichen Blick auf Frauen und um die Erfahrung, dass Herzen brechen können. In Schweden wurde Lina Wolff für ihren Roman mit dem wichtigsten Literaturpreis des Landes ausgezeichnet, dem Augustpris. Bei stories! im Falkenriedquartier stellt Lina Wolff ihren Roman vor.

Fast ganz am Ende des Romans erklärt ihm seine Frau: »Du hast noch nie jemanden gesehen. Du hast immer nur dich gesehen, deine Frauen waren Spiegel, in denen du dich selbst betrachtet hast.« Max Lamas, der sich in einer schweren Lebenskrise befindet, nachdem ihm der Kritiker Calisto, ein Manuskript nicht zurückgibt, von dem er nur eine einzige Ausgabe besitzt, findet den Gedanken schrecklich, dass sie recht haben könnte. Sein Manuskript hat den Titel »Die polyglotten Liebhaber« und es kreist tatsächlich um die Vorstellung einer perfekten Geliebten, polyglott soll sie sein und vielstimmig ist sein Buch über die erträumte Geliebte geworden.
Lina Wolff erzählt von dieser Geschichte in drei Kapiteln: Im ersten Teil erfahren wir von Ellinor, wie sie durch eine Datingseite in die Fänge des vom Leben enttäuschten Zynikers Calisto gerät und in eine fatale Abhängigkeit. Max berichtet im zweiten Teil von der erodierten Ehe mit seiner Frau und der Entstehungsgeschichte des Manuskripts, das er in einem egozentrischen Befreiungsakt in Italien geschrieben hat, während er einer so rauschhaften wie eigennützigen Liebe nachging. Im dritten Teil werden die kunstvoll ineinander verwobenen Begegnungen der Personen und ihre Beziehungen schließlich um die Perspektive von Lucrezia erweitert und in einem langen Brief von Max aufgelöst. Lina Wolff findet in ihrem Roman tatsächlich ein versöhnliches Ende für ihre Figuren, die zwar in den Fängen des Begehrens und im männlichen Blick auf Liebe und Sexualität gefangen, aber nicht hilflos verloren sind, solange es ihnen gelingt, die Stereotypen in ihren Begegnungen aufzubrechen. Dann zeigt sich dieser kleine Hoffnungsschimmer an jenem Himmel, unter dem die Liebenden ihre Not haben: schön kitschig und in einem zarten Rot.

stories! im Falkenriedquartier, Straßenbahnring 19.30 Uhr, € 5,–, Reservierungen unter: anmeldungen(at)stories-hamburg.de





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