Freitag 13.09.2019


Lesung mit Raoul Schrott

»Eine Geschichte des Windes«

Raoul Schrott
Raoul Schrott, Foto: Annette Pohnert, Carl Hanser Verlag
Raoul Schrott ist seit jeher ein fast schon manischer Forschungsreisender auf einem einmaligen, poetischen Welterkundungstrip, zuletzt hat er für seine Schöpfungsgeschichte »Erste Erde« einen »Stationenweg« rund um die Welt absolviert. Für sein neues Buch »Eine Geschichte des Windes« ist er einer Nebenfigur der Weltgeschichte hinterhergereist. Zum Harbour Front Literaturfestival stellt er seinen »Simplicissimus auf hoher See« (Hanser Verlag) vor, der als »Juan Aleman de Aquisgran« in den Archiven steht.

Raoul Schrott ist so eine Art Spezialist für epochale Aufgaben in der deutschsprachigen Literatur. Der habilitierte Sprachwissenschaftler hat aus dem Bretonischen, dem Okzidentanischen, Lateinischen, Griechischen, Gälischen, Französischen und Italienischen übersetzt. Dank ihm gibt es Homers »Illias« (2008), das »Gilgamesh«-Epos (2011) und Hesiods „Theogonie“ (2014) in einem so lesbaren wie lesenswerten Deutsch. Zu einem Lyrik-Bestseller wurde seine umfangreiche Anthologie »Die Erfindung der Poesie« (1998), für die er »Gedichte aus den ersten viertausend Jahren« neu übersetzte. All das lässt auf einen eifrigen Gelehrten schließen, der seine Tage im stillen Kämmerlein verbringt. Tatsächlich ist Raoul Schrott seit jeher ein fast schon manischer Forschungsreisender auf einem einmaligen, poetischen Welterkundungstrip: In »Finis Terrae« (1995) erzählt er von einer Reise nach Thule, wo man einst das Ende der Welt vermutete, »Tristan da Cunha« (2003) spielt auf einer winzigen Insel im Ozean zwischen Brasilien, Südafrika und der Antarktis, und in seinem Logbuch »Die fünfte Welt« (2007) berichtet er von der Suche nach dem letzten noch unbekannten Ort der Erde. Den beredten Auftakt zu den Reisebüchern bildet sein 1988 erschienenes Debüt »Dada 21/22: Musikalische Fischsuppe mit Reiseeindrücken«. Doch seinen Anfang nahm das alles »ein paar Tage vor Sao Paulo«, wo Raoul Schrott 1964 auf einer Schiffsreise zwischen Brasilien und Europa geboren wurde.
Stürme, Schiffbruch, Kannibalen: in seinem neuen Roman erzählt Raoul Schrott nun die abenteuerliche Geschichte eines Weltumseglers. Als erster einmal um die ganze Welt kam der Hannes aus Aachen, das ist der Ausgangspunkt der Geschichte. Diesen Hannes hat es wirklich gegeben, er ist 500 Jahren mit Magellans Flotte zu den Gewürzinseln aufgebrochen. Und damit ins völlig Ungewisse. Was unterwegs alles passiert sein könnte, erzählt Raoul Schrott: Meutereien. Schiffbrüche. Kämpfe, Menschenfresserei – nur um an Nelken zu kommen. Am Ende kehrte bloß ein einziges Schiff zurück. Nur 18 Seeleute überleben, unter ihnen »Juan Aleman«. Dass er noch ein zweites und sogar drittes Mal zur Weltumsegelung aufbrach, ist alles, was man von ihm weiß. Raoul Schrott reist dieser Nebenfigur der Weltgeschichte hinterhergereist: Schwelgerisch und voll geradezu fühlbarer Details schenkt er seinem Simplicissimus auf hoher See ein ganzes Leben.

Harbour Front Literaturfestival auf der Cap San Diego, Luke 5, Überseebrücke, 20.00 Uhr, € 16,–





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