Donnerstag 05.12.2019


Buchpräsentation mit Denis Scheck

Im Plauderton durch die Weltliteratur

Denis Scheck
Denis Scheck, Foto: Andreas Hornoff
Denis Scheck ist vor allem als launiger Literaturkritiker und Moderator der Sendung »Druckfrisch« bekannt geworden, in der er, so geistvoll wie pointiert und unterhaltend, Neuerscheinungen vorstellt, viele davon begeistert empfiehlt und einige davon nicht nur verbal, sondern buchstäblich in die Tonne haut. Dieses Prinzip hat der »Literatur-Bajazzo« (»SZ«) für sein Buch »Schecks Kanon« (Piper Verlag) nun von der fröhlichen saisonalen Literatur-Auslese aufs Große und Ganze übertragen und stellt »Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur« vor.

Welche Bücher werden eigentlich zu Klassikern und vor allem, wer macht sie dazu? »Klassiker sind die Autoren, die die meisten Leute am längsten brauchen«, sagt dazu Martin Walser. Und Dennis Scheck erklärt: »Der Trash vergangener Tage ist nicht selten der Ort, wo man die Klassiker von heute entdeckt«. Für sein »Kanon-Spiel« wird dann aber doch ein individuelles Credo viel wichtiger: »Zur Weltliteratur zählt für mich ein Werk dann, wenn es meinen Blick auf die Welt nachhaltig verändert.« Es ist eine Erfahrung, die alle Lesenden kennen und große Literatur verbindet. Bei einem Blick ins Register von »Schecks Kanon« zeigt sich jedoch auch, was diese individuelle Wahrnehmungsverkrümmung bedeutet: Da folgen Duck, Donald nebst Duck, Daisy auf Droste-Hülshoff, Annette, der französische Comic »Tim und Struppi« geht als »Sprachereignis« in den Kanon ein, während ein Klassiker wie Heinrich Heine lediglich Erwähnung findet. Schon bei einem kurzen Vergleich mit dem Kanon »ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher«, der 1980 erschien, fällt auf, wie groß die Unterschiede sind. »Schecks Kanon« ist internationaler, welthaltiger, populärer, er schert sich weder um Genre- noch um Ländergrenzen und ist trotzdem kein bisschen weniger gelehrt. Seine Auswahl mag subjektiv sein und eine Anmaßung, aber das schadet ihr nicht, ganz im Gegenteil. Dadurch gibt es vieles zu entdecken, zum Beispiel »Das Tagebuch eines Verrückten« des chinesischen Schriftstellers Lu Xun oder »Alles zerfällt« des Nigerianers Chinua Achebe, der die moderne afrikanische Literatur begründete. Doch auch in der europäischen Literatur ist Denis Scheck mit frischem Blick unterwegs: Von Getrude Stein empfiehlt er nicht etwa die berühmten »Tender buttons«(»Zarte Knöpfe«), sondern Steins »Autobiographie von Alice B. Toklas«, bei der es sich eigentlich um eine Autobiographie Steins aus der Sicht ihrer Lebensgefährtin handelt, die »zu einem großen Teil aus Klatsch besteht«.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, € 12,–/8,–





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