Dienstag 24.08.2021
04. bis 22. August 2021
Internationales Sommerfestival Kampnagel
Christoph Marthalers »Das Weinen (Das Wähnen) - Nach Texten von Dieter Roth«, Foto: Gina Folly
Ein Höhepunkt des Sommerfestivals in diesem Jahr ist das Gipfeltreffen zweier Schweizer Künstler, die im Alltäglichen das Besondere finden, den Begriff Kunst erweitert und eine Achse zwischen Hamburg und der Schweiz gefestigt haben: Christoph Marthaler und Dieter Roth. Der Dichter, Grafiker und intermedial arbeitende Aktions- und Objektkünstler Dieter Roth, ein Vertreter der Konkreten Poesie, signierte seine Werke zeitweise auch als Diter Rot und mit frei erfundenen anderen Namen. In Hamburg richtete vor seinem Tod ein ganzes Museum mit eigenen Arbeiten aus allen Schaffensperioden in einer Villa ein. Das Sommerfestival hat interdisziplinär arbeitende Künstler*innen wie Annika Kahrs und Felix Kubin gebeten, sich mit dem Werk von Roth in Form eines Audioguides im Roth-Museum auseinanderzusetzen – es gibt verschieden Termine mit Führungen im Museum. Niemand rechnete mit einer Pandemie, als Christoph Marthaler seine neue Produktion »Das Weinen (Das Wähnen« in einem Apotheken-Bühnenbild plante und im Januar 2020 auf Kampnagel zu proben anfing. Die aseptische, neutrale Apotheke war für Marthaler ein Raum, mit dem er sich den Texten von Dieter Roth annähern konnte: »Marthaler at his best« beschrieb der Deutschlandfunk diesen Theater-Abend – ein künstlerisches Gipfeltreffen in der Apotheke auf Kampnagel, mit fünf Schauspielerinnen und einem eher stummen Mann, die die virtuose Sprachkunst von Dieter Roth präsentieren.
Doch das Sommerfestival ist nicht nur auf dem Kamnagel-Gelände zu Hause: Im Uebel & Gefährlich schreibt das österreichische Volkstheater-Guerilla Nesterval mit dem Kampnagel-Karaoke-Urgestein Queereeoké Thomas Manns Buddenbrooks in der informellen Subkultur weiter: » SEX DRUGS & BUDD’N‘BROOKS« ist ein aufwendiger, immersiver Theaterspaß, der auch Menschen ansprechen will, die Thomas Mann und Theater bisher nicht mit Spaß verbinden konnten.
Von der norddeutschen Kaufmannssaga im Buch an der Feldstraße geht es weiter in den ehemaligen Kaufhof in der Innenstadt: Das Gebäude steht leer und wird deswegen von den Hamburger Kopfhörer-Performance-Spezialisten LIGNA mit einer Neuproduktion für drei Wochen bespielt: »Die Gespenster des Konsumismus« ist eine performative Reise durch einen Teil der Hamburger Geschichte und in die Zukunft der Innenstädte, wo das Festival zudem »Außenprojekte« präsentiert: Es gibt Interventionen am Bismarck-Denkmal auf St. Pauli, Rimini Protokoll machen mit künstlerischen Audio-Walks die Stadt zur Bühne, Tanz- und Kurzfilme werden auf Hausfassaden in ganz Hamburg gespielt.
➝ Da ist nur ein sehr kleiner Ausschnitt des bisher umfangreichstes Sommerfestivals in Hamburg, das ganze Programm findet man hier: https://www.kampnagel.de/de/sommerfestival/aktuell/