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Sonntag 16.01.2022
Lesung mit Dagrun Hintze
»Achten laufen«
Dagrun Hintze, Foto: Gerrit Jöns-Anders
Gleich zum Auftakt gibt Dagrun Hintze in ihrem neuen Gedichtband für das »Achten laufen« (Minimal Trash Art) den Takt vor, indem sie im Untertitel »Krisenpoesie« annonciert. Eigentlich braucht sowas kein Mensch, will man da schnurstracks einwenden. Doch der Unmut legt sich ganz schnell wieder, denn die Hamburger Autorin und Dramatikerin im »Ballbesitz« (mairisch), die zuletzt erzählte »Wer was in welcher Nacht träumte« (Textem), kommt so unverschnörkelt direkt zur Sache, dass es eine wahre Freude und vor allem sehr unterhaltsam ist.
Der gängige Metaphernkanon der Gegenwartslyrik wildert gern in der Botanik (»Skizze vom Gras«), füttert Gedichte mit Begriffen aus der Astronomie (»Sonnengesang«) und natürlich regelmäßig auch mit Fachbegriffen aus der Meteorologie (»Taupunkt«). Bei Dagrun Hintze kommen Metaphern allenfalls einmal als ironische Brechung zum Einsatz, ihre Gedichte sind schonungslos prosaische Kammerspiele, die ihren Zündstoff meist im Alltag finden. Zur »Krisenpoesie« wird da ein Gedicht über die Fotografie eines befreundeten Malers, der den blauen Himmel mit einer Farbskala illustriert, während die Dichterin kapituliert: »Mir fehlen leider die Worte / um der Krise auch nur irgendwas abzutrotzen«. Doch sonst geht es vom Auftakt mit »Heimweh« und dem finalen »Erbstück« dann krisenfest und beredt zur Sache, etwa wenn Dagrun Hintze von der Waschbären-Plage in der Elbtalaue erzählt, vom Angriff auf die »Insel-Schafe« auf Sylt oder einer »Mission« mit Tom Cruise, die im wahrsten Sinn des Wortes ins Auge geht.
Am Ende hat man mit Huidobro alias Hintze sogar eine »Neue Zählung« der vier Elemente gelernt und von einem probaten Mittel bei einem Bandscheibenvorfall erfahren: »Achten laufen«.
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Literaturzentrum im Literaturhaus, Schwanenwik 38, 17.00 Uhr, € 7,–/5,–, Anmeldung unter Tel. 040-2279203 oder per Mail an lit@lit-hamburg.de