Donnerstag 01.12.2022


Jubiläumslesung und -party

30 Jahre Hamburger ZIEGEL

Illustration von Sascha Hommer aus dem aktuellen Literaturjahrbuch ZIEGEL (mairisch Verlag) © Sascha Hommer
Höchsten handwerklichen Ansprüchen sollte das Buch genügen, Leinenbindung und Fadenheftung seien »unabdingbar«, hieß es in der ersten Ausgabe. Das war auch 1992 schon sportlich und ein bisschen verrückt für eine regionale Anthologie, die jährlich erscheinen und einen Umfang von 500 Seiten haben sollte. Doch auch 30 Jahre später ist das Hamburger Literaturjahrbuch ZIEGEL noch eine Erfolgsgeschichte: Die 17. Ausgabe war kurz nach ihrem Erscheinen sogar vergriffen und musste nachgedruckt werden.

Für Schatzjäger und Sammler literarischer Preziosen aller Art dürfte der ZIEGEL heute eine wahre Fundgrube sein: Da gibt es in »Uneinheitlichen Breviarien« (Band 2, 1993/1994) einen »Forschungsbericht« von Hubert Fichte neben kommentierten Auszügen der Niederschriften von Hans Henny Jahnns Jahrhundertroman »Fluß ohne Ufer« und Wolfgang Borcherts frühem Theaterstück »Käse«. Ebenfalls aus dem Fundus der Hamburger Literaturgeschichte schöpft auf 150 Seiten (Band 5, 1996/1997) ein Kompendium über »Hamburger Autorinnen durch die Jahrhunderte« von Dagmar von Hoff und Ulrike Vedder. Doch vor allem ist der ZIEGEL bis heute eine Sammlung hochkarätiger Gegenwartsliteratur. Ob große Namen wie Ulla Hahn und Peter Rühmkorf und unter den Jüngeren dann in Generationenschritten über Max Goldt, Matthias Politycki, Karen Duve, Yoko Tawada, Jan Wagner, Tina Uebel und Nils Mohl bis zu Karen Köhler, Simone Buchholz, Leona Stahlmann, Jens Eisel, Nora Gantenbrink oder Sebastian Stuertz, sie alle sind ZIEGEL-Autoren:innen. Ein Rezitativ der Texte aus den letzten 20 Jahre waren eher nicht die »Katastrophen mit Kick« (Band 11, 2008/2009), die uns in der Gegenwart den Schlaf rauben, sondern die Fragen »Wie man wird – was man ist« (Band 10, 2006/2007), »Wo wir uns finden« (Band 16, 2018/2019) und also eine »Kleine Heimatkunde« (Band 13, 2012/2013).
Nicht unerwähnt bleiben darf hier, dass die über Jahre stabile bauliche Konstruktion der bis heute opulent ausgestatteten Anthologie eine Ursache hat: Die Hamburger Behörde für Kultur und Medien subventioniert den ZIEGEL von Beginn an mit einem hohen Betrag. Dafür gab und gibt es im Buchhandel ein sehr schönes Buch zu einem besonders günstigen Preis. Im kommenden Frühjahr ist es wieder soweit, dann erscheint die 18. Ausgabe des ZIEGEL. Gefeiert wird die Anthologie im 30. Jahr aber schon in der Vorweihnachtszeit – und das standesmäß mit mindestens der (fast) vollzähligen Hamburger Literatuszene.

cantina fux & ganz, Bodenstedtstraße 16, 19.00 Uhr, nur auf Einladung




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