Sonntag, 15.10.2017


Lesung mit Joachim Meyerhoff

„Zweisamkeit der Einzelgänger“




Joachim Meyerhoff liest aus seinem soeben neu erschienenen vierten autobiografischen Roman, in dem der fragile und erfolglose Jungschauspieler in der Provinz gelandet ist und Hanna begegnet, einer ehrgeizigen und überintelligenten Studentin. Sie wird die erste große Liebe seines Lebens.

Harbour Front Literaturfestival in der Elbphilharmonie, Großer Saal, Platz der Deutschen Einheit, 11.00 Uhr, 15.- bis 38.- Euro.


Lesung John le Carré

„Das Vermächtnis der Spione“




John le Carré, einer der bekanntesten Autoren der Gegenwart, spricht bei der einzigen Veranstaltung außerhalb Englands mit ZEIT-Redakteur Yassin Musharbash über aktuelle politische Themen, sein Leben, seine Literatur und seinen neuen Roman „Das Vermächtnis der Spione“ (Ullstein).

Harbour Front Literaturfestival und Ullstein Buchverlage in der Elbphilharmonie, Großer Saal, Platz der Deutschen Einheit, 16.00 Uhr, 15.- bis 38.- Euro.


Lesung mit Salman Rushdie

Die Kunst des Übergangs

Beowulf Sheehan
Salman Rushdie, Foto: Beowulf Sheehan
Der grandiose Stilist und verschmitzte Gelehrte Salman Rushdie erzählt in seinem neuen Roman „Golden House“ die beinahe klassische Geschichte vom Aufstieg und Fall einer Mafiafamilie. Sie führt in einer ausufernden und immer wieder auch mit allerlei Ausflügen in die Film- und Literaturgeschichte aufgepeppten Grand Tour mitten ins Herz der Finsternisse unserer Zeit. Es geht um das Postfaktische und Political Correctness, um Identität, Religion, Magie und ein Land, das die Realität hinter sich lässt, um in ein Comic-Universum einzutreten, in dem Joker, „vollkommen und nachweisbar geisteskrank“, die Regierungsgeschäfte übernimmt. „Golden House“ ist weltweit gleichzeitig mit dem englischen Original erschienen, in Deutschland in einer hochgelobten Übersetzung von Sabine Herting. Salman Rushdie liest in der Elbphilharmonie aus seinem neuen Roman. Moderation: Volker Weidermann. Den deutschen Text liest Charly Hübner.

Er stellt sich als „Selbstverberger“ vor, dessen großes Vorbild Ismael, der Erzähler in „Moby Dick“ ist, versteckt sich zu Anfang in der ersten Person Plural und gibt dann als „nenn-mich-René“ eine Spielanleitung vor, die dem Roman eine ganze Reihe von Filmszenen und anderer Subtexte ermöglicht und den Lesetext mit Begriffen wie „Schnitt“, „VoiceOver“, „Totale“ oder „Schwarzblende“ unterbricht. Dieser René will Drehbuchautor und Regisseur werden, und als ein alter Mann mit seinen drei Söhnen in ein Haus an den zauberhaften Macdougal-Sullivan Gardens in Greenwich Village einzieht, wo er mit seinen Eltern lebt, findet er endlich ein Projekt, das seine brach liegende „Nachexamensaktivität“ beendet. Er beginnt an einem Drehbuch über Nero Golden und seine Söhne zu arbeiten, die sich ebenfalls mit von antiken Vorbildern inspirierten Namen vorstellen.

Mit Petronius, Petya genannt, Lucius Apuleius, Apu genannt und Dionysus, D Golden genannt, findet er drei neue Freunde, bald gehört René bei den Goldens quasi zur Familie, sogar der undurchsichtige Patriarch Nero freundet sich mit ihm an. Dennoch bleibt ihm die Familiengeschichte weitgehend verborgen. Nero Golden hat in Mumbay, wo die Familie lebte, bei dem Terroranschlag auf das legendäre Taj Hotel 2008 seine Frau verloren, und er war ein gerissener Gangsterkönig, der als „Die Kobra“ Karriere machte. Viel mehr erfährt René vorerst nicht, die Goldens erzählen zwar Geschichten über sich, verfälschen aber wesentliche Angaben über ihre Herkunft oder lassen sie einfach weg. Es ist ein wenig so wie bei den berühmten „Corleones“ in „Der Pate“, deren Geschichte immer wieder erwähnt wird – alle in dieser Familie haben böse Erinnerungen und von allen werden sie verdrängt. Bei den Goldens geht das so weit, dass sie ihre bisherige Identität mit dem Umzug in die USA nahezu ungebrochen austauschen, sie sind Meister in der Kunst des Übergangs.

Nero Golden findet im Baugewerbe ein neues und halbwegs legales Geschäftsfeld. Petya, der älteste Sohn, ein Autist, ist im „Golden House“ lange nur der Verrückte unterm Dach, der sich nicht aus dem Haus traut und seine Zeit in den virtuellen Welten von Computerspielen vertrödelt. Irgendwann zeigt sich, dass er tatsächlich ein „Genius des einundzwanzigsten Jahrhunderts“ ist und ein Vermögen verdient. Apu macht schon früh in der Kunstszene New Yorks Karriere, während D Golden sich mit seiner großen Liebe Riya Z, die in einem Identitätsmuseum arbeitet, auf die Suche nach seinem wahren Ich begibt. Ist er Mann oder Frau oder irgendetwas dazwischen? Die Frage danach, wie, wo und als was wir uns in diesen postfaktischen Zeiten finden, ob national, ethnisch, sexuell oder politisch, mäandert als Dauerthema durch den Roman. Salman Rushdie, der selbst Jahrzehntelang unter dem Namen Joseph Anton in einem gefährdeten Inkognito lebte, nachdem er wegen seines Romans „Die satanischen Verse“ mit einer Fatwa belegt wurde, erteilt den aktuellen Identitätsdiskursen mit Riya Z und ihrem Kündigungsschreiben an das Identitätsmuseum eine schallende Ohrfeige.

Ob Identität von einem britischen Premierminister als neue „Definition der Britishness“ ausgegeben wird oder sich in der amerikanischen Gender-Sprache definiert, ganz gleich, welche Heimat wir unserem Selbst basteln: „In Wahrheit sind uns unsere Identitäten unklar, und womöglich ist es besser, wenn sie es auch bleiben, sodass das Ich weiterhin ein Wirrwarr und ein Durcheinander ist, widersprüchlich und unvereinbar.“In „Golden House“ gewinnt nach den ersten 100 Seiten eine verlässlichere „Politik der Liebe“ die Oberhand über die transitorischen Identitäten: Die Russin Vasilisa mischt den Laden der Goldens auf, wird zum heimlichen Familienoberhaupt und zieht auch den Erzähler René in eine verhängnisvolle Affäre. Am Ende und nach all den sich überstürzenden Ereignissen, die darauf folgen, ist der Himmel immer noch oft blau. Obwohl jetzt „der Joker regiert – sein grünes Haar triumphal leuchtend“, und ein unvermeidlicher Prophet von einem verschmähten Gott und seiner Strafe schwafelt. In rasendem Stillstand geht es trotzdem weiter mit dem „wirbelnden Leben“. Wischblende, Schnitt. Salman Rushdies „Golden House“ entwirft eine vielfach gebrochene Collage unserer Zeit für die Breitleinwand, und vor allem im letzten Drittel ist sein Roman zudem ein spannender Thriller mit höchstem Unterhaltungswert.

Harbour Front Literaturfestival in der Elbphilharmonie, Großer Saal, Platz der Deutschen Einheit, 20.00 Uhr, 15.- bis 38.- Euro.


Lesung

„Die Freiheit der Emma Herwegh“

Dirk Kurbjuweit liest aus seinem Roman über die deutsche Bankierstochter und Revolutionärin Emma Herwegh, die sich 1848 als einzige Frau in den bewaffneten Trupp einreiht, der die Revolution von Frankreich in die Heimat tragen soll. Doch als Herwegh sich unsterblich in Natalie verliebt, die Frau seines Genossen Alexander Herzen, wird das Programm der freien Liebe zu einem Kampf um Treue und Verrat.

Heine-Haus, Elbchaussee 31, 11.30 Uhr, 10.-/3.- Euro.


Musikalisch-kabarettistische Lesung

„Kein Aufwand!“

Musikalisch-kabarettistische Lesung von und mit Andreas Martin Hofmeier, der seine Tuba mitbringt und brasilianische, ungarische und argentinische Musik spielen wird, begleitet von André Schwager auf der Gitarre.

Polittbüro, Steindamm 45, 20.00 Uhr, 15.-/10.- Euro.


Lesung

„Kein Leugnen hilft, kein Widerstreben, wir müssen sterben, weil wir leben“

Die Märchenerzählerin Heidrun Awuku erzählt im Rahmen der Hamburger Hospizwoche Märchen vom Sterben und Tod.

Hospizdienst Bergedorf e. V., Gemeindehaus, Riehlstr. 64, 18.00 Uhr.


Lesung

„Ich gehe durch die Gärten der Gefühle“

Christian Quadflieg liest aus den Werken von Erich Kästner.

Komödie Winterhuder Fährhaus, Hudtwalckerstr. 13, 11.30 Uhr, 20.- Euro.


Inszenierte Lesung

„Allerdings. Ringelnatz“

Soloabend mit dem Schauspieler Frank Roder, der Gedichte und Prosa von Joachim Ringelnatz lesen wird und aus dem reichen Anekdotenfundus über das Leben des Dichters erzählt. Ringelnatz gab als Berufsbezeichnung gegenüber Behörden stets „Artist“ an und hat auch als Schaufensterdekorateur, Kommandant eines Minensuchers, Kommis und Bibliothekar gearbeitet. Buch und Regie: Sylvia Richter.

Das Schiff. Holzbrücke 2, Nikolafleet, 18.00 Uhr. Eintritt: 20.- bis 27.- Euro. Weitere Infos: www.theaterschiff.de


Lesung

„Literatur im Waschhaus“

Der Soziologe Klaus Waltter präsentiert seine Forschungsarbeit „Islam und Homosexualität“. Moderation: Peter Schütt.

Waschhaus, Wesselyring 51, 16.00 Uhr, Eintritt frei.

Literatur in Hamburg