Samstag, 02.11.2024


PEN Berlin Kongress

»So kommen wir weiter«

Etgar Keret, Foto: Stephan Röhl, CC-BY-SA-2.0
Die vor zwei Jahren gegründete Schriftstellervereinigung PEN Berlin lädt unter dem Motto »So kommen wir weiter« zum Jahreskongress in die Fabrik in Ottensen. Festredner ist der israelische Schriftsteller Etgar Keret, von dem auf Deutsch zuletzt der Novellenband »Tu’s nicht« (Aufbau) erschien. Doch auch sonst bietet der Kongress ein breites Programm aus Vorträgen und Podiumsgesprächen.

Nach der Eröffnungsrede (14.00 Uhr) von Eva Menasse, der Sprecherin des PEN Berlin, diskutieren Simone Buchholz, Dana Grigorcea, Jovana Reisinger und Alain Sulzer über »Die innere Zensur beim Schreiben« (14.30 Uhr). Jan Ehlert moderiert.
Der renommierte bulgarische Politikwissenschaftler Ivan Krastev und der international bekannte Politkommentator Fintan O’Toole diskutieren im Anschluss unter dem Motto »Leitfaden zum Weltuntergang« (15.45) mit Eva Menasse über die kommende Präsidentschaftswahl in den USA – und darüber, was deren Ausgang für die Welt bedeutet. Eine weitere Podiumsdiskussion findet zum Thema »Kultur im Osten unter Druck« (18.30 Uhr) statt, es gibt eine Publikumsdiskussion zum Thema »Nazis verbieten« (17.30 Uhr) und ein Gespräch über »Uganda: Schwulenhatz als Staatsräson«.

Nach der Festrede von Etgar Keret (19.30) steht schließlich auch ein Konzert von Daniel Kahn auf dem Programm, und ab 21.00 Uhr legen dann Doris Akrap und Simone Buchholz auf.


Durch den Tag führt die Journalistin Bascha Mika.

Hier das vollständige Programm: https://penberlin.de/kongress/

PEN Berlin in der Fabrik Altona, Barnerstraße 36, ab 14.00 Uhr, € 14,–/10,– (Tageskasse), VVK über eventim

Lesung mit Andreas Izquierdo

»Kein guter Mann«




Der Schriftsteller und Drehbuchautor Andreas Izquierdo liest aus seinem neuen Roman über den chronisch schlecht gelaunten Postboten Walter, der mit knapp sechzig ausgerechnet in die Abteilung für unzustellbare Briefe strafversetzt wird - ausgerechnet in die Christkindfiliale der Post in Engelskirchen.

Eines Tages erreicht Walter ein Schreiben an den lieben Gott. Es stammt vom zehnjährigen Ben. Er will weder Handy noch Playstation, sondern nur wissen, wie man einen Klempner ruft. Walter antwortet vage und bekommt einen zweiten Brief, in dem Ben den lieben Gott ganz schön zusammenfaltet: Warum hilft er ihm nicht? Walter beginnt einen Briefwechsel mit Ben, selbstverständlich als Gott. Er erfährt immer mehr über das Leben des Jungen, der allein mit seiner depressiven Mutter lebt. Mehr als alles andere wünscht Ben sich einen Freund. Unterdessen naht Weihnachten, und Walter ist mit seinem eigenen Familiendrama beschäftigt: Die Beziehung zu seinen Kindern ist kompliziert, geschieden ist er schon lange, und da ist diese schwere Schuld aus seiner Vergangenheit, die ihm einfach keine Ruhe lässt. Vielleicht kann Walter ja Ben helfen und Ben Walter? Moderation: Frauke Helms.

Bücherstube am Krohnstieg, Tangstedter Landstr. 53, 17.00 Uhr, € 15,– inkl. Getränke


Konzert mit Angela Winkler

»Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre…«

Angela Winkler präsentiert Lieder und Chansons von u.a. Bert Brecht, Hildegard Knef, Marlene Dietrich, Barbara, Joan Baez, Willi Schmid, Richard Heymann, Franz Schubert. Musikalische Leitung und am Flügel: Matthias Stötzel. Geige: Rebecca Borchert. Eingerichtet von: Ulrich Waller.

St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29-30, 18.00 Uhr, € 15,– bis 39,–


Lesung mit Uschi Glas

»Ein Schätzchen war ich nie«

Die Schauspielerin Uschi Glas liest aus ihrer Autobiografie.

Winterhuder Fährhaus, Hudtwalckerstraße 13, 19.30 Uhr, € 28,–/25,–


Lesung

»Im Schatten der Insel«

Turid Müller liest aus ihrem neuen Kriminalroman.

Evangelisch-lutherische St. Petrus-Kirchengemeinde, Haakestr. 100c, 15.00 Uhr


Vortrag

»Matthias Claudius rezensiert Klopstocks Gelehrtenrepublik«

Vortrag von Stephan Lesker zum Thema: »Es ist nicht hübsch von Herrn Klopstock, daß er die Rohrdommelsche Familie durchdergleiche Unwahrheiten so öffentlich beschimpft«.

Claudius-Gesellschaft e. V. im Gemeindehaus der Christuskirche Wandsbek, Schlossstr. 78, 15.00 Uhr, Eintritt frei


Sonntagsmärchen

»Sich auf den Weg machen – mutig, tapfer und voller Mitgefühl«

Ellen-Marie Langholz und Christine Rohde erzählen »Märchen von Kindern und anderen kleinen Wesen«. Für große und kleine Zuhörer:innen ab 4 Jahre.

Altonaer Museum, Museumstraße 23, 15.00 bis 16.00 Uhr, Museumseintritt, https://shmh.de


Buchdruckwerkstatt

»Satz und Druck«

In der Buchdruckwerkstatt des Museums der Arbeit lüften Mitarbeiter des Museums oder ehemalige Setzer und Drucker die Geheimnisse der »Schwarzen Kunst«.

Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 14.00 bis 15.00 Uhr, Museumseintritt, https://shmh.de


Aktuelle Buchempfehlungen


01.11.2024 | Literatur in Hamburg
Richard Powers neuer Roman »Das große Spiel«

Ein ozeanisches Vergnügen

Richard Powers, Foto: Mike Belleme
Kaum ein anderer Schriftsteller der Gegenwart hat das Wissen unserer Zeit so bewegend in Geschichten eingefangen wie Richard Powers. Über ein Dutzend Wissenschaftsromane sind von dem vielfach preisgekrönten Schriftsteller in den letzten Jahrzehnten erschienen. Ein eher anekdotisches Zwischenstück bildet in dieser Publikationsgeschichte »Das Buch Ich # 9«: Powers ist der neunte Mensch, dessen Genom vollständig entschlüsselt wurde. Mit seinem virtuos komponierten neuen Roman »Das große Spiel« (Penguin, Deutsch von Eva Bonné), lädt er auf ein kleines, vernarbtes Paradies in Französisch-Polynesien und zu einem furiosen Ausflug in die Welt der Riesenmantas.


01.11.2024 | Literatur in Hamburg
Gaea Schoetters neuer Roman »Trophäe«

Ein folgenschwerer Deal

Gaea Schoeters, Foto: Sébastien Van Malleghem
Das Thema des neuen Romans der flämischen Autorin, Journalistin und Librettistin Gaea Schoeters ist alles andere als eingängig. Sogar die Autorin selbst sagt, dass sie es noch vor wenigen Jahren ausgeschlossen hätte, jemals über Großwildjagd zu schreiben. Doch genau darum geht es in »Trophäe« (Zsolnay), einem Pageturner mit höchster Sogkraft, der eine große Parabel über koloniale Finsternisse in der Gegenwart erzählt und von dem Phantombild eines wilden und echten Afrikas, dem schon Hemingway nachjagte.


01.11.2024 | Literatur in Hamburg
David Wagners neuer Roman »Verkin«

Ein Erzählparadies zwischen Orient und Okzident

David Wagner, Foto: Linda Rosa Saal
Er ist ein brillanter Erzähler, wenn er durch Berlin spazierend seine Stadt entdeckt, aber auch wenn er mit leiser Ironie in »Der vergessliche Riese« ein sanftes Vaterporträt zeichnet oder in »Leben« das Protokoll einer schweren Krankheit vorlegt. Autobiografisch ist auch der neue Roman »Verkin« von David Wagner, doch vor allem ist es eine Erzählung über eine außergewöhnliche Frau aus einer reichen Unternehmerfamilie in Istanbul, die tief hineinführt ins bewegte 20. Jahrhundert.


01.11.2024 | Literatur in Hamburg
Behzad Karim Kanis neuer Roman »Als wir Schwäne waren«

Die Wahrheit über Schwäne

Behzad Karim Khani, Foto: Valerie Benner
Schon mit seinem Debüt »Hund, Wolf, Schakal« (2022), einer furiosen Gangstergeschichte, wurde Behzad Karim Khani euphorisch als Autor mit einem ganz eigenen Stil gefeiert: verknappt, direkt und hochpoetisch. In schnellen Schnitten erzählt der in Berlin lebende Schriftsteller, der 1977 in Teheran geboren wurde und 1986 nach Deutschland kam, in seinem neuen Roman »Als wir Schwäne waren« (Hanser Berlin) vom Erwachsenwerden in einem fremden Land und vom Fremdsein als Heimat.


01.10.2024 | Literatur in Hamburg
Mia Rabens Romandebüt »Unter Dojczen«

Das Paket Jola

Mia Raben, Foto: Kathrin Spirk
Es ist ein brisantes Thema, über das gelegentlich in Reportagen berichtet und sonst ausgiebig geschwiegen wird. In ihrem neuen Roman »Unter Dojczen« (Kjona) erzählt die Hamburger Autorin Mia Raben von den »Live-ins«, die in Polen »Betrojerinkis« genannt werden. Hunderttausende von ihnen arbeiten in Deutschland als Pflegekräfte für ältere Menschen, die meisten kommen aus Osteuropa. Mia Raben, die selbst aus einer polnisch-deutschen Familie kommt, gibt ihnen mit ihrem Roman eine Stimme und erzählt gleichzeitig die berührende Geschichte einer Selbstbehauptung.


01.10.2024 | Literatur in Hamburg
Jose Dalisays Roman »Killing Time in a Warm Place«

Das kalte Lächeln der Disziplin

Jose Dalisay, Foto: Anvil Publishing
Wie trägt sich eine tief zerrüttete und von einem korrupten Diktator beherrschte Gesellschaft in die Biografie einer Gruppe junger Leute ein? Davon erzählt der philippinische Schriftsteller Jose Dalisay in »Killing Time in a Warm Place« (Transit). Es ist nach dem vielgelobten Krimi »Last Call Manila« (2023) der zweite Roman des vielfach ausgezeichneten Schriftstellers und Literaturprofessors, der in einer deutschen Übersetzung von Niko Fröba erscheint – dreißig Jahre nach seiner Publikation im Original. Dennoch ist der Roman höchst aktuell.


01.10.2024 | Literatur in Hamburg
Wolfram Eilebergers »Geister der Gegenwart«

Das Ideenpanorama der westlichen Nachkriegszeit

Wolfram Eilenberger, Foto: Annette Hauschild
Die Geschichte der Philosophie ist, auch wenn man nur einen Ausschnitt der letzten 100 Jahre betrachtet, reich an großen Namen und Werken, die vielstimmig untereinander und mit allem korrespondieren, was in der Welt ist. Einer, der ganz wunderbar von diesen Denkmodellen erzählt, ist Wolfram Eilenberger. Nach den mehrfach ausgezeichneten Bestsellern »Zeit der Zauberer« und »Feuer der Freiheit« ist in diesem Herbst ein »philosophischer Roman« von ihm erschienen, der vier große »Geister der Gegenwart« (Klett-Cotta) und mit ihnen das Ideenpanorama der westlichen Nachkriegszeit vorstellt.


01.10.2024 | Literatur in Hamburg
Der neue Erzählband von Saša Stanišic

Realität, Täuschung und Illusion

Saša Stanišic, Foto: Katja Sämann
Was wäre, wenn wir zuerst einmal ausprobieren könnten, ob uns das auch passt, was die Zukunft bringt? In diesen Proberaum des Lebens lädt Saša Stanišic mit seinem meisterhaft komponierten neuen Buch »Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne« (Luchterhand).


01.10.2024 | Literatur in Hamburg
»Herzflorett« von Marica Bodrožic

Die Magie des Innehaltens

Marica Bodrožic, Foto: Peter von Felbert
Die Überwindung von scheinbar fest verankerten Wirklichkeitskonstruktionen ist ein zentrales Motiv in der Literatur von Marica Bodrožic. In ihrem neuen Roman »Herzflorett« (Luchterhand) erzählt sie vom beschwerlichen Weg in die Freiheit und von der großen Magie des Innehaltens. Die 1973 in Svib/Dalmatien geborene Schriftstellerin ist 1983 nach Deutschland gekommen, Deutsch wurde zu ihrer zweiten Mutter- und Literatursprache, in der sie inzwischen über ein Dutzend Bücher geschrieben hat: Romane, Erzählungen, Gedichtbände und Essays, die vielfach ausgezeichnet wurden. Sie gilt als eine der interessantesten Schriftstellerinnen der Gegenwart, ihre Texte sind im Kern immer hochpoetisch, auch wenn es sich wie bei »Herzflorett« um einen Roman handelt.


01.09.2024 | Literatur in Hamburg
Nora Bossongs neuer Roman »Reichskanzlerplatz«

Was ihr seid, das waren wir

Nora Bossong
Nora Bossong, Foto: Heike Steinweg, Suhrkamp Verlag
In einer Legende, die in kleinen Variationen seit dem 11. Jahrhundert in Mitteleuropa erzählt wird, begegnen drei hochmütige Edelleute drei schaurigen Skeletten, die sie an die Endlichkeit all ihrer irdischen Umtriebe erinnern und zu Demut und Bescheidenheit auffordern. »Was ihr seid, das waren wir. Was wir sind, das werdet ihr«, rufen sie ihnen zu. Nora Bossong hat dieses »Memento mori« ihrem neuen Roman »Reichskanzlerplatz« (Suhrkamp) vorangestellt, und es ist mehr als nur das einleitende Zitat zu einem Roman, der ein berückendes Geschichtsbild aus einer Zeit entwirft, die nicht lange zurückliegt, man kann es auch als eine böse Prophezeiung und eine Warnung an die Gegenwart lesen, die diesen Roman begleitet.


01.09.2024 | Literatur in Hamburg
Andrew O´Hagan neuer Roman »Caledonian Road«

Geschichte eines Niedergangs

Andrew O´Hagan, Foto: Tricia Malley Ross
Es ist ein Buch, das schwer auf dem Tisch liegt, doch nicht nur der Umfang von fast 800 Seiten erinnert an die großen realistischen Gesellschaftsromane des 19. Jahrhunderts, sondern auch der Stil und die Erzählweise von »Caledonian Road«. Die Geschichte, die der international als brillantes Meisterwerk und Lesevergnügen gefeierte neue Roman des britischen Schriftstellers Andrew O´Hagan erzählt, ist jedoch sehr gegenwärtig. Sie spielt in der Welt nach Covid und dem Brexit und erzählt vom Niedergang eines Helden unserer Zeit.


01.09.2024 | Literatur in Hamburg
Rachel Cusks neuer Roman »Parade«

Das Denken auf den Kopf stellen

Rachel Cusk, Foto: Suhrkamp Verlag
Im englischsprachigen Raum wird die britische Schriftstellerin Rachel Cusk schon seit vielen Jahren für ihre brillante Literatur gefeiert. Vor allem mit ihrer international hochgelobten »Outline«-Trilogie wurde die in Paris lebende Autorin dann auch in Deutschland bekannt. Ihr Werk umfasst Romane, Essays und mehrere literarische Memoirs. Ihr neuer Roman »Parade« ist ein äußerst kühnes Kunststück, dessen Lektüre höchste Ansprüche stellt, weil es keine stringente Handlung anbietet, dafür aber einem Themenkomplex folgt.


01.09.2024 | Literatur in Hamburg
Arno Geigers neuer Roman »Reise nach Laredo«

Eine endlose Geschichte

Arno Geiger, Foto: Heribert Corn
Er ist einer der erfolgreichsten Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, hochgelobt und vielfach ausgezeichnet. Zu Bestsellern wurden u.a. sein mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneter Familien- und Geschichtsroman »Es geht uns gut«, das erzählende Sachbuch »Der alte König in seinem Exil« und der Briefroman »Unter der Drachenwand«. In seinem neuen Roman »Reise nach Laredo« erzählt der in Wien und Vorarlberg lebende Arno Geiger nun aus einer fernen Zeit und ruft das klassische Topos vom Edelmann und seinem Gehilfen auf, die gemeinsam ein großes Abenteuer bestehen.


01.06.2024 | Literatur in Hamburg
Miranda Julys Roman »Auf allen Vieren«

Mitten ins Herz

Miranda July
Miranda July, Foto: Elizabeth Weinberg
Schon für ihr literarisches Debüt, den Kurzgeschichtenband »Zehn Wahrheiten« (2008) wurde sie mit dem O’Connor-Preis ausgezeichnet, dem höchstdotierten Kurzgeschichtenpreis der Welt. Vor zehn Jahren folgte mit ihrem Romandebüt »Der erste fiese Typ« ein international gefeierter Bestseller. Heute ist die 1974 in Barre (Vermont) geborene Künstlerin, Filmemacherin und Schriftstellerin Miranda July eine der spannendsten und vielseitigsten Akteurinnen der internationalen Kunstszene. Ihr neuer Roman »Auf allen Vieren« (Kiepenheuer & Witsch) ist zeitgleich in den USA und Deutschland erschienen und eines der großen Ereignisse des Bücherjahres.


01.06.2024 | Literatur in Hamburg
Die Anthologie »Kafka gelesen«

Mit Odradek in die Zukunft

Kafka_gelesen
Franz Kafka, 1923, Foto: gemeinfrei
Es gibt keinen Autor der Moderne, um den sich so viele Legenden und Anekdoten ranken. Gleichzeitig ist der Einzelgänger Franz Kafka, dessen Werk zu seinen Lebzeiten kaum wahrgenommen und gelesen wurde, der als Beamter in Prag arbeitete und am 3. Juni 1924 mit nur 40 Jahren starb, der weltweit bekannteste Schriftsteller der Moderne. Entsprechend groß ist der Wirbel um seinen 100. Todestag. Da gibt es die neue Fernsehserie »Kafka« von David Schalko und Daniel Kehlmann, eine Neuauflage der Werke und unzählige weitere Publikationen. Eine davon heißt »Kafka gelesen« (S. Fischer) es ist eine Anthologie mit Beiträgen von u.a. Marcel Beyer, Marie-Luise Knott und Joseph Vogl, die Sebastian Guggolz herausgegeben hat.


01.06.2024 | Literatur in Hamburg
Melanie Möllers Buch »Der entmündigte Leser«

Streitschrift für die Freiheit der Literatur

Melanie Moeller
Melanie Möller, Foto: privat
Es ist ein Streit, der sich seit einigen Jahren mehr und mehr zuspitzt. Zuletzt hat es wieder einmal den Kinderbuchklassiker Otfried Preußler getroffen, nach dem ein Gymnasium in Bayern nicht mehr benannt sein wollte, weil er in seiner Jugend mit Begeisterung in der Hitlerjugend war. Es ist nur eine besonders prominent besetzte Episode in dem weiten Feld, das die »neue Moral in der Literatur« (SWR) beackert. Melanie Möller hält von all dem nicht viel, mit ihrem Buch »Der entmündigte Leser« (Galiani) hat sie ein Plädoyer »Für die Freiheit der Literatur« vorgelegt. Die Philologin sagt, dass Literatur böse sein darf und wild und auch weh tun können muss.


15.05.2024 | Literatur in Hamburg
Caroline Wahls Roman »Windstärke 17«

Das ausrastende Herz

Caroline Wahl
Caroline Wahl, Foto: Frederike Wetzels
Ihr Debüt »22 Bahnen« erzählt eine berührende Geschichte über zwei Schwestern, die sich durch die Alkoholabhängigkeit ihrer Mutter in einem höchst fragilen Alltag behaupten müssen. Caroline Wahl ist es gelungen, die Härten, denen die Kleinfamilie ausgesetzt ist, authentisch darzustellen, und sie hat gleichzeitig ein Lebensbuch vorgelegt, das viel Mut macht und glänzend unterhält. Kein Wunder, dass der Roman zum Bestseller und von fast 1.000 Buchhandlungen zum »Lieblingsbuch der Unabhängigen« gekürt wurde. Mitte Mai erscheint mit »Windstärke 7« Caroline Wahls neuer Roman – es ist eine Art Fortsetzung des gefeierten Debüts.


01.05.2024 | Literatur in Hamburg
Dana von Suffrins Roman »Nochmal von vorne«

Die Struktur verstehen

Dana von Suffrin
Dana von Suffrin, Foto: Tara Wolff
Mit viel schwarzem Humor erzählt Dana von Suffrin in ihrem mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Debüt »Otto« von einem jüdischen Patriarchen, seiner Familie und seinen Abenteuern. Einen deutsch-jüdischen »Familienkosmos« leuchtet die Schriftstellerin und Historikerin auch in ihrem neuen Roman »Nochmal von vorne« (Kiepenheuer & Witsch) aus. In den kurzen Episoden über die schrecklich nette Familie Jeruscher findet sich all das, was gute Literatur ausmacht: Dramatik und Komik, Ironie und tiefere Bedeutung. Und immer wieder auch eine ganz gehörige Portion Spott.


01.05.2024 | Literatur in Hamburg
Laura Lichtblaus Roman »Sund«

Eine »frohe Unruhe«, die immer da ist

Laura Lichtblau, Foto: Max Zerrahn
Es sei eine »frohe Unruhe«, die über dieser Landschaft läge, heißt es in dem neuen Roman »Sund« der in Berlin lebenden Schriftstellerin und Übersetzerin Laura Lichtblau, eine Unruhe, in der das Meer und der Himmel sich für ein vages Versprechen verbünden, das sich nicht zeigen will und das doch immer da ist.


01.04.2024 | Literatur in Hamburg
Dana Grigorceas neuer Roman »Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen«

Man hört ihn fliegen

Dana Grigorcea
Dana Grigorcea, Foto: Mardiana Sani
Es geht um eine weitreichende Frage, die glücklicherweise von einem konkreten Gegenstand aufgeworfen wird, einer golden schimmernden Bronze, hoch aufschießend, mit einem lang gestreckten, geschwungenen Korpus. »Vogel im Raum« nennt der Bildhauer Constantin Brâncusi die 1926 entstandene Skulptur. In einem Gerichtsverfahren »Brâncusi vs. USA« wird 1927 verhandelt, ob es sich hier um einen Kunst- oder einen Gebrauchsgegenstand handelt. In ihrem neuen Roman »Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen« erzählt Dana Grigorcea von dem Prozess, der Rechts- und Kunstgeschichte schrieb und verknüpft Episoden aus dem Leben des Bildhauers im New York der 20er Jahre mit der Geschichte einer Schriftstellerin in der Gegenwart.


01.04.2024 | Literatur in Hamburg
Deniz Ohdes neuer Roman »Ich stelle mich schlafend«

Von einem alten Geist berührt

Deniz Ohde
Deniz Ohde, Foto: Börge Meyn, Suhrkamp Verlag
Über soziale Herkunft, strukturelle Diskriminierung und die Konsequenzen für die Bildungsbiografie eines begabten Arbeiterkindes erzählt Deniz Ohde in »Streulicht«. Es war eines der erfolgreichsten Romandebüts der letzten Jahre, wurde mehrfach ausgezeichnet und zum Bestseller. In diesem Frühjahr hat die in Leipzig lebende Schriftstellerin nun ihren zweiten Roman vorgelegt: »Ich stelle mich schlafend« (Suhrkamp) ist die Rekonstruktion einer dunklen Liebe – und einer verheerenden Gewalttat.


30.03.2024 | Literatur in Hamburg
Gerbrand Bakkers Roman »Der Sohn des Friseurs«

Der Friseur, sein Vater, sein Liebhaber und ihr Salon

Gerbrand Bakker
Gerbrand Bakker, Foto: Gerbrand Bakker/A Quattro Mani/Suhrkamp Verlag
Schon mit seinem Romandebüt »Oben ist es still« (2006) wurde der niederländische Schriftsteller Gerbrand Bakker international bekannt und mehrfach ausgezeichnet. Immer wieder lobt die Kritik seinen leisen, unaufgeregten Erzählstil, der auch seinen neuen Roman »Der Sohn des Friseurs« (Suhrkamp) auszeichnet. Gleichzeitig ist die höchst wendungsreiche Vater-Sohn-Geschichte aber auch von der ersten Seite an spannend, und das liegt nicht nur daran, dass sie von einer der schlimmsten Katastrophen der zivilen Luftfahrt erzählt.


01.04.2024 | Literatur in Hamburg
Ronya Othmanns Buch »Vierundsiebzig«

Ferman 74

Ronya Othmann
Deniz Ohde, Foto: Börge Meyn, Suhrkamp Verlag
Schon ihrem Roman »Die Sommer«, für den sie 2020 mit dem Mara-Cassens-Preis des Hamburger Literaturhauses für den besten deutschsprachigen Debütroman ausgezeichnet wurde, hat sie voller Zärtlichkeit und Wut über das Leben zwischen zwei Welten erzählt. In diesem Frühjahr knüpft Ronya Othmann mit ihrem zweiten Roman »Vierundsiebzig« (Rowohlt) daran an. Bereits 2019 hat sie für das Auftaktkapitel den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt gewonnen. Der Roman erzählt vom Genozid an den Jesiden 2014 und ist ein Zeitzeugnis von internationaler Relevanz im Stil einer Reportage.


01.03.2024 | Literatur in Hamburg
Barbara Kingsolvers Roman »David Copperhead«

Der Dämon der Appalchen

Barbara Kingsolver
Barbara Kingsover, Foto: Evan Kafka
Von den Demütigungen und Ängsten eines verwaisten Jungen im London des 19. Jahrhunderts erzählt Charles Dickens in »David Copperfield«. Es ist einer der bedeutendsten Kindheits- und Jugendromane der Weltliteratur und als Stoff heute wieder brandaktuell, wie der neue Roman »Demon Copperhead« (DTV) der US-amerikanischen Schriftstellerin Barbara Kingsolver zeigt. Sie hat den autobiografischen Bildungsroman, der zur Zeit der ersten industriellen Revolution spielt, in die Gegenwart geholt und in ihre Heimat, die Appalachen verlegt. In diesem Frühjahr ist die grandiose, u.a. mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnete, Neuerzählung in einer deutschen Übersetzung von Dirk van Gunsteren erschienen.


01.03.2024 | Literatur in Hamburg
Nicole Seiferts Buch »Einige Herren sagten etwas dazu«

Vorgelesen, gerupft worden und fallen gelassen

Nicole Seifert
Nicole Seifert, Foto: Katja Scholtz
Eine vergleichbar machtvolle literarische Institution gab es danach nie wieder: Die Gruppe 47 hat den deutschen Literaturbetrieb für Jahrzehnte geprägt, auch lange nach dem Ende ihrer berühmten Tagungen war sie durch einige ihrer Protagonisten noch richtungsweisend für die Entwicklung der deutschsprachigen Literatur. Die Hamburger Autorin und Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert, die seit Jahren über Schriftstellerinnen, ihre Literatur und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft forscht, schreibt und publiziert, erzählt in ihrem neuen Buch »Einige Herren sagten etwas dazu« (Kiepenheuer und Witsch) nun von den »Autorinnen der Gruppe 47«.


13.03.2024 | Literatur in Hamburg
John Nivens Memoir über seinen Bruder

»O Brother«

John Niven
John Niven, Foto: Erik Weiss
Seine rabenschwarze Satire »Kill your Friends« wurde zum internationalen Bestseller und Kultroman, und auch mit seinen folgenden Romanen hat der im schottischen Ayrshire geborene Schriftsteller John Niven mit einem Mix aus bissigem Humor, Direktheit und Herz überzeugt. Das zeichnet auch sein neues Buch aus, obwohl sein Memoir »O Brother« (btb) von einem »Tschernobyl der Seele« erzählt.


29.01.2024 | Literatur in Hamburg
Iris Wolffs neuer Roman »Lichtungen«

Countdown einer Liebe

Iris Wolff
Iris Wolff, Foto: Maximilian Goedecke
Bisher ist Iris Wolff mit ihren Romanen stets auf die ein oder andere Weise in die Regionen ihrer Kindheit zurückgekehrt, zuletzt mit dem hochgelobten und mehrfach ausgezeichneten Roman »Die Unschärfe der Welt«, einer Familiensaga mit Schauplätzen im Banat und in Siebenbürgen. Ihr neuer Roman »Lichtungen« (Klett-Cotta) spielt nun in einem kleinen Dorf im rumänischen Vielvölkerstaat in den letzten Jahren der Ceausescu-Diktatur. Er erzählt die tief berührende Geschichte einer Freundschaft und Liebe als Reise in die Vergangenheit. Sie beginnt in der Gegenwart und mit einem Happy End.


29.01.2024 | Literatur in Hamburg
Uwe Timms Lebensbuch »Alle meine Geister«

Die Kunst des Auslassens

Uwe Timm, Foto: Lena Ternovaja
Ganz erstaunlich an dem neuen Buch von Uwe Timm ist seine große Leichtigkeit. Obwohl schon der Titel »Alle meine Geister« (Kiepenheuer und Witsch) ankündigt, dass da vieles erinnernd beschworen wird, gelingt es diesem Grandseigneur der deutschen Gegenwartsliteratur virtuos, seine Themen in einem fein gesponnenen Netz aus atmosphärisch verdichteten Erinnerungssplittern für ein großes Lebensbuch einzufangen. Es spielt in den fünfziger Jahren in Hamburg, und es geht um Pelze, um Literatur und den Jazz.


29.01.2024 | Literatur in Hamburg
Anja Marschals historischer Roman »Als der Sturm kam«

»Als der Sturm kam«

Anja Marschall, Foto: Frauke Ibs
Wer es einmal miterlebt, vergisst es nicht mehr, obwohl es so oft glimpflich ausgeht. Meist dümpeln dann am Fischmarkt und in der HafenCity ein paar Autos im Wasser und müssen von der Feuerwehr gerettet werden, Straßenlaternen und Straßenschilder stehen im Wasser, Bahnstrecken sind gesperrt. Das passiert in den Wintermonaten in Hamburg häufiger. Auch am 16. Februar 1962 wurde ein Szenario wie dieses erwartet, doch es kam anders. Fast ein Fünftel des Stadtgebietes wurde überschwemmt. Es war die schlimmste Sturmflut seit fast 140 Jahren. Die Hamburger Autorin Anja Marschall erzählt in dem exzellent recherchierten Spannungsroman »Als der Sturm kam« (Piper) von den Ereignissen und vom Überlebenskampf der Menschen.


01.01.2024 | Literatur in Hamburg
Martin Doerrys deutsch-jüdische Familiengeschichte

»Lillis Tochter«

Martin Doerry
Martin Doerry, Foto: privat
Es ist ein zutiefst ergreifendes Zeitzeugnis, das der Journalist und Historiker Martin Doerry vor über 20 Jahren mit seinem Buch »Mein verwundetes Herz. Das Leben der Lilli Jahn 1900–1944« vorlegte. Das Buch wurde in 19 Sprachen übersetzt und als »ein großes, ergreifendes Dokument über eine private Katastrophe inmitten der politischen« (FAZ) gefeiert. Es basiert auf Briefen von Martin Doerrys Großmutter Lilli, die in Auschwitz ermordet wurde, und von ihren fünf Kindern. In seinem neu erschienenen Buch »Lillis Tochter« (DVA) erzählt er nun die Geschichte seiner Mutter Ilse – eine deutsch-jüdische Familiengeschichte »im Schatten der Vergangenheit«.


01.12.2023 | Literatur in Hamburg
Alice Hasters neues Buch »Identitätskrise«

Plädoyer für eine neues Wir

Alice Hasters
Alice Hasters, Foto: Paula Winkler
Mit ihrem Buch »Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten« (2020) ist ihr ein vieldiskutierter Longseller gelungen, heute ist Alice Hasters eine der wichtigsten Stimmen des Landes im Kampf gegen Rassismus. Bekannt wurde die Journalistin aber auch durch ihren monatlichen Podcast »Feuer & Brot«, in dem sie zusammen mit Maxi Häcke tausende von Zuhörer:innen mit Themen »zwischen Politik & Popkultur« erreicht. Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit für ihr neues Buch »Identitätskrise« (hanserblau).


01.12.2023 | Literatur in Hamburg
Erika Freeman und Dirk Stermann

»Zweifeln immer, verzweifeln nimmer«

Dirk Stermann und Erika Freeman
Dirk Stermann und Erika Freeman, Foto: Ingo Pertramer
Jeden Mittwoch um halb elf hat sich der in Wien lebende Kabarettist, Fernsehmoderator und Schriftsteller Dirk Stermann im Luxushotel Imperial an der Wiener Ringstraße für einige Monate mit Erika Freeman getroffen. Aus den Gesprächen mit der berühmten 96-jährigen Psychoanalytikerin und Therapeutin ist in einer sehr gelungenen Melange aus Lebensbericht, Anekdotensammlung und Porträt ein grandioses Buch über ein »Jahrhundertleben« entstanden: »Mir geht‘s gut, wenn nicht heute, dann morgen« (Rowohlt).


01.12.2023 | Literatur in Hamburg
Florian Illies Buch über Caspar David Friedrich

Sehnuschtsmond im Nebelland

Winterlandschaft
Caspar David Friedrich: Winterlandschaft, 1811, Foto: Staatliches Museum Schwerin
Es gibt Bilder, die sich in wenigen Augenblicken in die Netzhaut brennen und dann zu einer Erinnerung werden, die man nicht mehr vergisst. Eines dieser Bilder wird seit Jahrzehnten unermüdlich und in immer neuen Varianten für die Titelseiten von Magazinen reproduziert, wenn deutsche Bewusstseinslagen zu verhandeln sind. Dann steht er da auf seinem Felsen und blickt in eine erhabene Landschaft: Caspar David Friedrichs »Wanderer über dem Nebelmeer«. Zum 250. Geburtstag des Romantikers werden seine Werke in mehreren großen Ausstellungen gezeigt. In Hamburg zeigt die Kunsthalle bis zum 1. April eine der umfangreichsten Werkschauen des Künstlers seit vielen Jahren. Und Florian Illies lädt mit seinem neuen Buch zu einer »Reise durch die Zeiten«, im Blick hat er dabei den »Zauber der Stille« (S. Fischer), der so vielen Bildern von Caspar David Friedrich zu eigen ist.


01.12.2023 | Literatur in Hamburg
Jasmin Schreibers Roman »Endling«

Die letzte ihrer Art

Jasmin Schreiber
Jasmin Schreiber, Foto: privat
Als Schriftstellerin, Biologin, Bloggerin und Krabbeltier-Enthusiastin stellt sich auf ihrer Website Jasmin Schreiber vor, die »mit einer unübersichtlichen Anzahl an Tieren und Pflanzen in Hamburg« lebt: Asseln, Spinnen, verschiedenen Schneckenarten, Gottesanbeterinnen, Käfern, Würmern, und zwei Hunde gehören auch zur Familie. In ihrem neuen Roman »Endling« (Eichborn) bilden Tiere vom Taubenschwänzchen über die Achateule bis zur Hani-Bänderschnecke einen schönen Leitfaden durch eine spannende Geschichte. Sie spielt in einer dystopischen Welt des Jahres 2041.


29.10.2023 | Literatur in Hamburg
Jarka Kubsovas Roman »Marschlande«

Eine Alte Geschichte in neuem Licht

Jarka Kubsova
Jarka Kubsova, Foto: Christoph Niemann
Eine Hamburger Sage überliefert seit Jahrhunderten die Geschichte der schönen, alleinstehenden Bäuerin Abelke Bleken, die im März 1583 als Hexe verurteilt und verbrannt wurde. In ihrem neuen Roman »Marschlande« (S. Fischer) rekonstruiert die Hamburger Autorin Jarka Kubsova die Ereignisse, die damals zu einer Anklage wegen »Schadenszauberei« und »Teufelsbuhlschaft« führten und verschränkt sie mit der Suche einer Frau und Mutter nach einem selbstbestimmten Leben in der Gegenwart.


29.09.2023 | Literatur in Hamburg
Mirko Bonnés neuer Roman

Wenn die Tage plötzlich wieder zählen

Mirko Bonné
Mirko Bonné, Foto: Beowulf Sheehan
Der neue Roman »Alle ungezählten Sterne« (Schöffling) von Mirko Bonné ist ein Höhepunkt und ganz besonderes Glanzlicht der deutschen Gegenwartsliteratur in diesem Jahr. In einem grandiosen Mix aus Politthriller, Gesellschafts- und Zeitroman führt der Hamburger Übersetzer, Dichter und Schriftsteller an eine zentrale gesellschaftliche Bruchkante unserer Zeit. An ihr prallen bürgerliche Saturiertheit und Erschöpfung auf die radikale Unbedingtheit und Entrüstung einer Jugend, die keine Zukunft mehr für sich sieht. Hamburg ist ein idealer Ort, um den Großkonflikt auszuleuchten – und Mirko Bonné erweist sich dabei als kongenialer Erzähler.


29.09.2023 | Literatur in Hamburg
Jeannette Walls Roman »Vom Himmel die Sterne«

Die Rum-running Queen von Claiborne County

Jeannette Walls
Jeannette Walls, Foto: John Taylor
Mit ihrem autobiografischen Roman »Schloss aus Glas« über ihre ungewöhnliche Kindheit, der in 31 Sprachen übersetzt wurde, erreichte die US-amerikanische Schriftstellerin Jeannette Walls ein Millionenpublikum und stand in Deutschland monatelang auf den Bestsellerlisten. Einen autobiografischen Hintergrund hatten auch ihre beiden folgenden Romane. Bei »Vom Himmel die Sterne« (Hoffmann und Campe) ist das nun anders, der actiongeladene Pageturner erzählt von einer mächtigen Familiendynastie in Virginia zur Zeit der Prohibition.


29.09.2023 | Literatur in Hamburg
Louise Kennedys Roman »Übertretung«

Gegen jede Vernunft

Louise Kennedy, Foto: privat
Seit dem Karfreitagsabkommen 1998 gilt der Nordirlandkonflikt als befriedet und schwelt doch bis heute weiter. Wie fragil die Situation ist, hat der Brexit gezeigt, in dessen Folge zum ersten Mal wieder Brandbomben in dem ehemaligen Bürgerkriegsland flogen. Zwischen 1969 und 1998 forderte der Konflikt weit über 3000 Todesopfer und zahllose Verletzte. Die Gewalt und die daraus resultierenden Traumata wirken bis heute fort und werden auch in der reichen Literatur Nordirlands immer wieder thematisiert. In ihrem international gefeierten Besteller »Übertretung«, der in diesem Herbst in der Übersetzung von Claudia Glenewinkel und Hans-Christian Oeser bei Steidl erschienen ist, erzählt die irische Schriftstellerin Louise Kennedy von den »Troubles« – und von einer Liebe gegen jede Vernunft.


27.09.2023 | Literatur in Hamburg
Helge Timmerbergs »Joint Adventure«

Auf Drogentrip mit Helge

Helge Timmerberg
Helge Timmerberg, Foto: Frank Taurit
Er tut es seit Jahrzehnten und hat nicht vor, es irgendwann aufzugeben, solange er genussmittelfähig ist: Helge Timmerberg outet sich in »Joint Adventure« (Piper) als Kiffer. Pünktlich zum Endspurt des neuen Cannabis-Gesetzes, das zum Jahreswechsel in Kraft treten soll, hat er sich auf eine so informative wie unterhaltsame »Reise in die Welt des Cannabis« begeben. Er ist nach Malle, Malta und Marrakesch, nach Thailand, Holland und Hollywood gereist, um in Erfahrung zu bringen, was mit der Legalisierung so auf uns zukommt.


18.09.2023 | Literatur in Hamburg
Rachel Yoders Roman »Nightbitch«

Ein ganz anderer Mensch

Rachel Yoder
Rachel Yoder, Foto: Nathan Biehl
Das knallrote Buchcover zeigt drei rohe Steaks in zarten Frauenhänden, darunter steht in weißen Großbuchstaben »Nightbitch«. Auf den Büchertischen der Buchhandlungen wird das krasse Motiv auffallen, soviel ist sicher. Doch die US-amerikanische Schriftstellerin Rachel Yoder, deren gefeierter Debütroman in diesem Herbst in der deutschen Übersetzung von Eva Bonné erschienen ist, geht es um mehr als bloße Provokation. Ihr Roman ist eine furiose Kampfansage und gleichzeitig die poetische Ausführung einer populären feministischen Denkfigur. Er erzählt von einer Mutter, die für ihr Baby alles aufgibt. Und von ihrer Selbstermächtigung durch die kuriose Verwandlung in einen Hund.