Mittwoch, 27.02.2019


Buchpremiere mit Wiebke Lorenz

»Einer wird sterben«

Wiebke Lorenz
Wiebke Lorenz, Foto: Bertold Fabricius
Als direkt vor ihrem Haus in der Blumenstraße eines Tages ein Auto parkt, in dem ein Mann und ein Frau sitzen, reglos, denkt sie sich anfangs noch nicht viel dabei. Vielleicht sind sie an einer Wohnung in dem Neubau in der Nähe interessiert, doch warum steigen sie dann nicht aus? Stella lebt mit einem »rasend gutaussehenden« Piloten zusammen, der gerade unterwegs ist, sie ist allein im Haus, und sie hat Angst, nachdem das Paar auch nach Stunden noch vor ihrer Haustür im Auto sitzt. Aber warum? Das ist das Setting, mit dem Wiebke Lorenz ihren neuen Thriller eröffnet. Die Hamburger Autorin hat unter dem Pseudonym Anne Hertz zusammen mit ihrer Schwester schon mehrere Bestseller veröffentlicht. Mit »Einer wird sterben« legt sie nun ihren dritten Thriller vor, der seine Leser*innen in eine rasante Angstspirale lockt, bei der sich am Ende mit der Heldin nur noch eine Frage stellt: Wie viel Zeit bleibt Stella noch? Die Buchpremiere mit Wiebke Lorenz findet bei Heymann in Eimsbüttel statt.

Buchhandlung Heymann in Eimsbüttel, Osterstr. 134, 20.30 Uhr, € 12,–


Buchpremiere mit Dörte Hansen

Kein schöner Land




Wer ihn nur einmal gesehen hat, der weiß, wie leicht es ist, unter diesem Himmel verloren zu gehen und in diesem Horizont. Der Norden ist weit. Und in der Schleswigschen Geest ist er auch leer. Nacktes, abgewetztes Land, Altmoränenland, das ewig unter Eis begraben war. Davon umgeben sind Brinkebüll und der Gasthof der Feddersens mit seinem Ballsaal. Lange war er das Herzzentrum des Dorfes, jetzt ist er das Symbol eines jahrzehntelangen Niedergangs. Von ihm und dem Aufbruch, der darauf folgt, erzählt Dörte Hansen in ihrem Dorf- und Heimatroman »Mittagsstunde«, einer liebevollen Hommage an Nordfriesland und seine Menschen, für die sie insgeheim einen ganz großen Bogen von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart schlägt. Dörte Hansen liest in der Stadtbücherei Ahrensburg aus »Mittagsstunde«.

Sönke Feddersen, »de Kröger«, steht mit seinen 93 Jahren immer noch hinterm Tresen, auf einem Auge blind, sieht er nur noch das, was er sehen will, so wie seine Tochter »Marret Ünnergang« es Zeit ihres Lebens gehalten hat. Sie schnackt mit den Vögeln, sammelt Steine, Federn, sogar tote Tiere, inventarisiert ihre Funde akribisch und findet überall Zeichen des nahen Weltuntergangs. Sonst ist nicht viel mit ihr anzufangen, nur singen, das kann sie auch. In ihrer Jugend ist Marret der »Stern von Brinkebüll«, wenn »Die Barracudas« sie auf die Bühne im Ballsaal des Gasthofs bitten und sie »Schöner fremder Mann« und »Mit siebzehn hat man noch Träume« singt. Ihre Mutter wundert sich bald über gar nichts mehr und fällt dann doch aus allen Wolken, als das Mädchen plötzlich schwanger ist und einen Sohn zur Welt bringt. »Schuld« war natürlich »nicht der Bossa Nova«, sondern einer der Vermessungsingenieure, die dem Land eine viel zu gründliche Flurbereinigung verordnen. Dörte Hansen erzählt in ihrem Roman in kurzen Episoden, die alle mit Liedzeilen überschrieben sind, vom Leben in Brinkebüll von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. Im Zentrum stehen dabei die Einwohner, ob Dörte Dethlefsen mit ihren dürren, kurzen Beinen, Hauke Godbersen, der Mappenmann, Dora Koopmann, die in ihrem Edeka hin und wieder mit Konservendosen schmeißt, Bäcker Boysen, Thies Hamke, Hanni »Bimmel« Thomsen, Carsten Leidig, Pastor Ahlers, natürlich auch Lehrer Steensen und wie sie sonst noch so heißen. Allesamt sind sie typische nordfriesische Hinterwäldler der Nachkriegszeit, manche von beißendem Provinzmief umweht, beschädigt und verschroben, die meisten freundlich und seit Generationen miteinander verwandt. Dörte Hansen erzählt zugewandt und mit viel Humor von ihren Brinkebüllern, verschweigt aber auch die Abgründe nicht, die hinter der Fassade ihrer Heimat lauern.

Mit Ingwer Feddersen, Prähistoriker an der Uni Kiel, dem vaterlosen Sohn von Marret, kommen wir in dem Roman in der Gegenwart an. Er ist nach Brinkebüll zurückgekehrt, um sich für einige Zeit um die Großeltern zu kümmern, zu regeln, was zu regeln ist und sich mit seiner Herkunft zu versöhnen. Richtig losgekommen ist er von dem Ort nie, für ihn gibt es »kein schöner Land« als dieses, so verwüstet und geschunden es auch ist. In »Sheriff Ketelsen«, der von einem Saloon träumt, findet er am Ende einen guten Geist für den Ballsaal und schließlich auch zu der Erkenntnis, dass Zeitalter kommen und gehen. In Brinkebüll läuft das immerhin schon seit der Jungsteinzeit so, wie der Prähistoriker weiß. Seine Mutter Marret, die in allem Zeichen dafür gesehen hat, behält am Ende dann doch recht: »Die Welt geiht ünner «. Dank Dörte Hansen kann man das aber so gelassen sehen, wie ihre Brinkebüller, denn mit »Mittagsstunde« hat sie den Menschen im zerschrammten Altmoränenland ein wundervolles Denkmal gesetzt.

Buchhandlung Heymann in der Stadtbücherei Ahrensburg, Manfred-Samusch-Str. 3, 19.30 Uhr, € 12,–


Literatur im Gespräch

»März & Moritz & 1 Gast«

»Offenherzig, süffisant, ungerecht« und natürlich »brillant« über Neuerscheinungen diskutieren: Ursula März, Rainer Moritz und Sebastian Hammelehle.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, € 12,–/8,–


Vortrag

»Erinnerung an Hermann Wendel (1884-1936)«

Vortrag von Franklin Kopitzsch über den Politiker, Historiker, Balkanforscher und Heine-Biografen Hermann Wendel.

Heine-Haus, Elbchaussee 31, 19.00 Uhr, € 10,–, Anmeldungen unter info@heine-haus-hamburg.de


Poetry Slam

Diary Slam

»Seelenpein« und »Hochgefühle«, »Liebesschwüre« und »Selbstmordgedanken« von »wildfremden Menschen«, all das und noch viel mehr steht auf dem Programm des Tagebuch-Slams.

Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 20.30 Uhr, 5,– Euro. Wer selber auf die Bühne möchte, meldet sich hier: mail(at)diaryslam.de.

Literatur in Hamburg