Dienstag, 27.05.2025
Lesung und Konzert
»Nach uns der Himmel, und im Himmel ist Musik«

Simone Buchholz, Foto: Gerald von Foris
Man erkennt sie schon nach wenigen Sätzen an ihrem feinen Sound und der leisen Ironie, die in ihrer Prosa stets mitschwingt. Eine ziemlich verrückte Geschichte über ein Buddelschiff, zwei Freundinnen und die Liebe hat Simone Buchholz in ihrem zuletzt erschienen Roman »Unsterblich sind nur die anderen« (Suhrkamp) erzählt, und schon die Ankündigung ihres neuen Romans verspricht, dass das genau so verrückt weitergeht: In einem Urlaubsparadies mit traumhaften Buchten, viel Sonne, pittoresker Architektur, Bars und Cafés an jeder Ecke, kreuzen sich die Wege von acht Menschen immer wieder. Auf den ersten Blick ist die Sommeridylle perfekt, doch bald zeigt sich, dass die Inselbewohner abwesend wirken, die ganze Szenerie wirkt seltsam fahl. Und wo sind eigentlich die anderen Passagiere, mit denen die acht im Flugzeug gesessen haben?
Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, € 14,–/10,–, Streaming € 6,–
Lesung mit Johann Popp und Alexander Posch
Hans Henny Jahnn-Abend
Johann Popp und Alexander Posch präsentieren einen Abend über den Schriftsteller und Orgelbauer Hans Henny Jahnn, der als großer literarischer Außenseiter der Literatur des 20. Jahrhunderts gilt. Neben seiner literarischen Arbeit wird er als Orgelbauer berühmt, er züchtet Pferde und gründet 1919 die Glaubensgemeinschaft »Ugrino«.Seine ersten literarischen Werke schreibt Hans Henny Jahnn in Norwegen, wohin der überzeugte Pazifist nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs zusammen mit seinem Gefährten und Geliebten Gottlieb Harms ins Exil flieht. Dazu zählt auch sein Drama »Pastor Ephraim Magnus«, für das er 1920 unter großen Protesten den Kleist-Preis Hamburgs erhält. Jahnns erster Roman »Perrudja« erscheint 1929, doch der erhoffte literarische Durchbruch gelingt nicht. Sein Werk bleibt wegen der drastischen Darstellungen von Sexualität und Gewalt umstritten, von Klaus Mann gefeiert und von Walter Benjamin als »Heimatkunst der analen Zone« verunglimpft. Als 1931 dann auch noch der geliebte Gottlieb Harms stirbt, zieht Jahnn mit seiner Familie nach Bornholm auf einen Bauernhof.
Schon 1926 hatte er Ellinor Philips geheiratet, es ist eine ungewöhnliche, von tiefer Zuneigung getragene Ehe, wie man mit dem bei Hoffmann und Campe erschienenen Band »Liebe ist Quatsch« in allen Facetten anhand der Briefe von Jahnn an Ellinor nachvollziehen kann. Bis 1945 hält Jahnn sich weitgehend im Ausland auf, den Nationalsozialisten gilt er als »Kommunist und Pornograph«, seine Wohnung in Hamburg wird mehrfach durchsucht. Jahnn lebt auf Bornholm zusammen mit Ellinor, deren Schwester Sibylle, der Witwe von Harms, ihrem fünfjährigen Sohn, dem Besitzer des Hofes und seiner Tochter Signe. In den Jahren im Exil entsteht sein Hauptwerk »Fluss ohne Ufer«, »eines der prächtigsten Prosawerke deutscher Sprache« (Botho Strauß).
»Wie wenn es aus dem Nebel gekommen wäre, so wurde das schöne Schiff plötzlich sichtbar« - so beginnt die über 2000 Seiten lange Romantrilogie, die bei Hoffmann und Campe im in einer opulent ausgestatteten Ausgabe erschienen ist. Auf dem Schiff befinden sich eine geheime, womöglich todbringende Fracht, und ein blinder Passagier: Gustav Horn. Seine Verlobte, die Tochter des Kapitäns, wird die Reise nicht überleben, sie verschwindet während eines Unwetters spurlos, und Gustav setzt sich an die Spitze einer Meuterei, die mit dem Untergang des Schiffs endet. Doch für Horn ist die Reise noch lange nicht zu Ende, sie wird ihn über Kontinente führen, hinab in menschliche Abgründe und zu einer Erkundung der Welt, der Natur, des Daseins und der Sprache. »Nichts Denkbares oder Fühlbares bleibt hier ungedacht oder ungefühlt; und nichts bleibt unausgesprochen«, heißt es in einer Kritik in der »ZEIT« aus dem Jahr 1950 als mit »Die Niederschrift des Gustav Anias Horn« der zweite Teil der Trilogie erstmals erschien. Ebenfalls 1950 kehrt Jahnn nach Hamburg zurück. Er lebt mit Ellinor im Witthüs im Hirschpark, wird erster Präsident der Freien Akademie der Künste. Als er am 29. November 1959 in Hamburg stirbt, ist sein Werk noch immer umstritten, der »Epilog« zu »Fluss ohne Ufer« noch unveröffentlicht.
Das große Publikum hat Hans Henny Jahnn in den letzten Jahrzenten kaum je einmal erreicht – der »Bannkreis aus Unkenntnis und Missachtung, der sein Werk umgibt, ist noch immer nicht durchbrochen«, wie Ulrich Greiner zum 100. Geburtstag des Dichters 1994 schrieb.
»Hamburg liest die Elbe« in der Flussschifferkirche, Hohe Brücke 2, 19.00 Uhr, Eintritt frei, Spende erwünscht
Poetry Slam
»Hamburg ist Slamburg«
Prosa & Poetry, Kunst & Karriere, Trophäen und Groupies für siegreiche Poeten, all das gibt es beim Slamburg-Slam. Lesezeit: 5 Minuten. Das Publikum kürt die besten Texte. Wie immer mit Oden, Tiraden, Special Guests und Musik von DJ Blume. Moderation: Hartmut Pospiech und Tina Uebel.Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Str. 69a, 20.00 Uhr, € 8,–. (Wer vorlesen möchte, meldet sich unter slamburg.de an)
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