Mittwoch, 03.07.2024
Lesung und Gespräch mit Melanie Möller
»Für die Freiheit der Literatur«
Melanie Möller, Foto: privat
Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der klassischen lateinischen Literatur, sie hat Monografien über Cicero, Ovid, Homer und zur Rhetorik verfasst, die Philologieprofessorin Melanie Möller, die an der Freien Universität Berlin forscht, ist eine klassische Gelehrte, die für sich in Anspruch nehmen darf, dass sie ihre Pappenheimer nicht nur in der Antike kennt, sondern auch weiß, wo und wie sie bis in die Gegenwart fortwirken. Das zeigt sich auch in ihrer »Streitschrift«, für die sie Texte aus der Antike mit Klassikern, aber auch mit Gegenwartsliteratur verknüpft, um die Tragweite des Löschens vermeintlich ›schwieriger‹ Vokabeln, von glättenden Übersetzungen und Sensitivity-Reading deutlich zu machen.
Es geht dabei um »epische Gewalt und andere Ungeheuerlichkeiten« bei Homer und in der Bibel, um »entfesselte Erotik, Skandal und Exil« bei Ovid und Joseph Brodsky, um die »Schlüpfrigkeiten und Schimpftiraden« bei Catull und Casanova, um »Entgrenzung und Obszönität« bei Petron und Céline. Anstößige und stereotype Bilder, unerträgliche Gewaltphantasien, Sexismus und »Misogynie« finden sich überall. Möller hält schon »die terminologische Fixierung« für problematisch und fordert dazu auf, die von Leser:innen möglicherweise als »heikel empfundenen Darstellungen im Einzelnen zu erfassen«, in Kommentaren zu erläutern und die Texte sonst so zu belassen wie sie sind. Sie plädiert damit einerseits für die Mündigkeit der Lesenden, sich ein eigenes Urteil zu bilden und fordert andererseits dazu auf, historische Kontexte darzustellen. Wer wollte dem widersprechen?
Bleibt zu hoffen, dass Melanie Möller mit ihrer so gelehrten wie kämpferischen Streitschrift für die »Autonomie der Literatur« dann vielleicht doch etwas zu oft die »Änderwütigen« am Werk sieht. Viele Leser:innen, an die Melanie Möller abschließend so inständig appelliert, werden in der Daueraufgeregtheit dieser Debatte leider übersehen, sie begegnen »dem geschriebenen (oder gesprochenen) Wort« ganz so wie es sein sollte: »großzügig, tolerant, weitherzig«.
Philosophisches Café im Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.00 Uhr, € 14,–/10,–, Streaming: € 6,– / Studierende frei
Krimilesung
»Auris – Tödlicher Schall«
Vincent Kliesch liest aus seinem neuen Thriller.Thalia Buchhandlung, Spitalerstr. 8, 20.15 Uhr, € 15,–
Poetry Slam
»Eidelstedter Poet:innen«
Offene Lesebühne für alle die eigene, deutschsprachige Texte vor Publikum vortragen möchten.Eidelstedter Bürgerhaus, Alte Elbgaustraße 12, 19.00 Uhr, Eintritt frei
Poetry Slam
Diary Slam
»Seelenpein« und »Hochgefühle«, »Liebesschwüre« und »Selbstmordgedanken« von »wildfremden Menschen«, all das und noch viel mehr steht auf dem Programm des Tagebuch-Slams.Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 20.00 Uhr, € 7,–, wer auf die Bühne möchte, meldet sich an
Miranda Julys Roman »Auf allen Vieren«
Mitten ins Herz
Miranda July, Foto: Elizabeth Weinberg
Die Anthologie »Kafka gelesen«
Mit Odradek in die Zukunft
Franz Kafka, 1923, Foto: gemeinfrei
Melanie Möllers Buch »Der entmündigte Leser«
Streitschrift für die Freiheit der Literatur
Melanie Möller, Foto: privat
Caroline Wahls Roman »Windstärke 17«
Das ausrastende Herz
Caroline Wahl, Foto: Frederike Wetzels
Dana von Suffrins Roman »Nochmal von vorne«
Die Struktur verstehen
Dana von Suffrin, Foto: Tara Wolff
Laura Lichtblaus Roman »Sund«
Eine »frohe Unruhe«, die immer da ist
Laura Lichtblau, Foto: Max Zerrahn
Dana Grigorceas neuer Roman »Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen«
Man hört ihn fliegen
Dana Grigorcea, Foto: Mardiana Sani
Deniz Ohdes neuer Roman »Ich stelle mich schlafend«
Von einem alten Geist berührt
Deniz Ohde, Foto: Börge Meyn, Suhrkamp Verlag
Gerbrand Bakkers Roman »Der Sohn des Friseurs«
Der Friseur, sein Vater, sein Liebhaber und ihr Salon
Gerbrand Bakker, Foto: Gerbrand Bakker/A Quattro Mani/Suhrkamp Verlag
Ronya Othmanns Buch »Vierundsiebzig«
Ferman 74
Deniz Ohde, Foto: Börge Meyn, Suhrkamp Verlag
Barbara Kingsolvers Roman »David Copperhead«
Der Dämon der Appalchen
Barbara Kingsover, Foto: Evan Kafka
Nicole Seiferts Buch »Einige Herren sagten etwas dazu«
Vorgelesen, gerupft worden und fallen gelassen
Nicole Seifert, Foto: Katja Scholtz
John Nivens Memoir über seinen Bruder
»O Brother«
John Niven, Foto: Erik Weiss
Iris Wolffs neuer Roman »Lichtungen«
Countdown einer Liebe
Iris Wolff, Foto: Maximilian Goedecke
Uwe Timms Lebensbuch »Alle meine Geister«
Die Kunst des Auslassens
Uwe Timm, Foto: Lena Ternovaja
Anja Marschals historischer Roman »Als der Sturm kam«
»Als der Sturm kam«
Anja Marschall, Foto: Frauke Ibs
Martin Doerrys deutsch-jüdische Familiengeschichte
»Lillis Tochter«
Martin Doerry, Foto: privat
Alice Hasters neues Buch »Identitätskrise«
Plädoyer für eine neues Wir
Alice Hasters, Foto: Paula Winkler
Erika Freeman und Dirk Stermann
»Zweifeln immer, verzweifeln nimmer«
Dirk Stermann und Erika Freeman, Foto: Ingo Pertramer
Florian Illies Buch über Caspar David Friedrich
Sehnuschtsmond im Nebelland
Caspar David Friedrich: Winterlandschaft, 1811, Foto: Staatliches Museum Schwerin
Jasmin Schreibers Roman »Endling«
Die letzte ihrer Art
Jasmin Schreiber, Foto: privat
Jarka Kubsovas Roman »Marschlande«
Eine Alte Geschichte in neuem Licht
Jarka Kubsova, Foto: Christoph Niemann
Mirko Bonnés neuer Roman
Wenn die Tage plötzlich wieder zählen
Mirko Bonné, Foto: Beowulf Sheehan
Jeannette Walls Roman »Vom Himmel die Sterne«
Die Rum-running Queen von Claiborne County
Jeannette Walls, Foto: John Taylor
Louise Kennedys Roman »Übertretung«
Gegen jede Vernunft
Louise Kennedy, Foto: privat
Helge Timmerbergs »Joint Adventure«
Auf Drogentrip mit Helge
Helge Timmerberg, Foto: Frank Taurit
Rachel Yoders Roman »Nightbitch«
Ein ganz anderer Mensch
Rachel Yoder, Foto: Nathan Biehl
Terézia Moras neuer Roman
»Muna oder Die Hälfte des Lebens«
Terézia Mora , Foto: Antje Berghäuser
Tanja Schwarz´ neuer Roman »Vaters Stimme«
Ein Basso continuo für das schwankende Selbst
Tanja Schwarz, Foto: Rebecca Hoppé
Johanna Sebauers Romandebüt »Nincshof«
Der Königsweg in die Freiheit
Johanna Sebauer, Foto: Birte Filmer
Robert Seethalers Roman »Das Café ohne Namen«
Ein Platzerl im Leben
Robert Seethaler, Foto: Urban Zintelr
Marica Bodrožics »Die Arbeit der Vögel«
Das größere Gedächtnis
Marica Bodrožic, Foto: Peter von Felbert
Ella Carina Werners Erzählband »Man kann auch ohne Kinder keine Karriere machen«
So super, diese Frau Werner
Ella Carina Werner, Foto: Julia Schwendner
T.C. Boyles »Blue Skies«
Der Countdown läuft
T.C. Boyle, Foto: Jamieson Fry
Helga Schuberts »Der heutige Tag«
Die weiten blauen Fernen
Helga Schubert, Foto: Renate von Mangold
Clemens Setz neuer Roman »Monde vor der Landung«
Den »Windmühlen-Vorteil« nutzen
Clemens Setz, Foto: Max Zerrahn