Dienstag, 05.11.2019


13. Hamburger Krimifestival

So komplex wie edler Wein

Sebastian Krumbiegel
Simon Beckett, Foto: Rowohlt Verlag
Wenn am Nachthimmel im November die Herbststerne aufziehen, dann ist in Hamburg die Zeit einer bösen Bescherung gekommen: Ängste und Obsessionen, Macht und Manipulationen, teuflische Pläne und satanische Rituale, all diese erlesenen Grausamkeiten hat das 13. Hamburger Krimifestival im Programm. Unter dem Motto »Beweismaterial« sind auf Kampnagel rund 40 Autorinnen und Autoren zu Gast, darunter viele Stars der nationalen und internationalen Krimiszene. Ein ganz besonderes Highlight gibt es zur Eröffnung des Festivals: Simon Beckett stellt seinen Bestseller »Die ewigen Toten vor«, in dem der forensische Anthropologe David Hunter in seinem sechsten Fall ermittelt. Eine Deutschlandpremiere feiern Klüpfel & Kobr mit ihrem ersten Thriller »Draußen« zum kriminellen Finale. Und dazwischen bilden die »Rätsel des Todes« einen gnadenlos unterhaltsamen Spannungsbogen.

Der Hotspot, dem Simon Beckett in seinen Romanen höchste Aufmerksamkeit widmet, wird stets schon in seinen Titeln angedeutet: »Verwesung«, »Leichenblässe« oder »Die Chemie des Todes«. Auch in »Die ewigen Toten« widmet er sich mit seinem Helden David Hunter so ausgiebig der Betrachtung forensischer Details, dass der Literaturkritiker Denis Scheck das Buch in seiner Sendung »druckfrisch« entnervt als »Leichenporno« disqualifizierte. Ein Beispiel dafür findet sich gleich zum Auftakt des Krimis, wo Beckett auf einer halben Seite das Geruchsspektrum von Verwesung beschreibt und dabei zum Schluss kommt, dass es so »komplex« sei, »wie ein edler Wein«. Doch die Poesie des Todes ist sicher nicht der einzige Grund, warum der Thriller monatelang die Bestsellerlisten anführte. Schauriger Tatort ist in dem Krimi ein seit vielen Jahren verfallendes Krankenhaus in Blakenheath, einem sozialen Brennpunkt im Norden Londons. Dort wird eine mumifizierte Leiche gefunden und bei einer ersten Untersuchung auch gleich noch eine Art Folterkammer mit weiteren Leichen. Es ist nur der Auftakt für eine ganze Reihe unvorhersehbarer Ereignisse, die den Thriller zu einer atemlosen Lektüre machen. Eine literarisch hochkarätige Lesung zum Krimifestival ist das »Best-of des deutschen Krimis« (02.11.) mit Friedrich Ani, Max Annas und Ulrich Ritzel, einen tollen Thriller aus Dänemark stellt Katrine Engberg mit »Blutmond« (08.11.) vor, zu einem Ausflug in das Sehnsuchtsland der deutschen Krimiliteratur laden unter dem Motto »Sterben wie Gott in Frankreich« Sophie Bonnet, Alexander Oetker und Cay Rademacher, und der Schauspieler Joachim Król liest aus dem neuen Roman »Der Fuchs« (07.11.) von Frederick Forsyth.

Literaturhaus, Buchhandlung Heymann und Hamburger Abendblatt auf Kampnagel, Jarrestr. 20, 19.30 Uhr, Weitere Infos und Tickets: krimifestival-hamburg.de


Lesung mit Deniz Yüzel

»Agentterrorist«




Er ist begeistert, als er Anfang 2015 das Angebot bekommt, für »Die Welt« als Korrespondent nach Istanbul zu gehen. Für ihn ist die Stadt »ein Sehnsuchtsort« und »die Türkei journalistisch hochinteressant«. Doch auch damals gilt die Situation für Journalisten schon als höchst bedrohlich. Deniz Yüzel, der 1973 im hessischen Flörsheim am Main geboren wurde und eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzt, wird nahelegt, seine türkische Staatsbürgerschaft zur Sicherheit abzugeben. Er entscheidet sich dagegen, im schlimmsten Fall fürchtet er eine »Diffamierungskampagne der Regierung«, wie sie anderen Korrespondenten großer westlicher
Medien zuvor widerfuhr. Am 27. Februar 2017 wird er dann wegen angeblicher »Terrorpropaganda« verhaftet. In seinem neuen Buch »Agentterrorist« erzählt er nun aus seinem »Jahr Hochsicherheitsgefängnis Silivri Nr. 9«.


Die Verhaftung von Deniz Yüzel löst eine schwere diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei aus und eine beispiellose Solidaritätsbewegung. In seinem Buch erzählt Deniz Yücel, wie er das Jahr in Einzelhaft verbrachte, welchen Schikanen er ausgesetzt war und wie es ihm gelang, immer wieder die Überwachung zu überlisten. Er schildert, was ihm die Unterstützung seiner Frau Dilek Mayatürk und die »Free Deniz«-Kampagne bedeutete und warum der Kühlschrank das sicherste Versteck in seiner Gefängniszelle ist. Gleichzeitig zeichnet er die Entwicklung der Türkei in den vergangenen Jahren nach - vom hoffnungsvollen Aufbruch der Gezi-Revolte über den Kurdenkonflikt, die Flüchtlingskrise und den Putschversuch bis zum vorläufigen Ende: Erdogans Festigung der Macht mit den Wahlen vom Frühjahr 2018.

Im Ballsaal des Uebel & Gefährlich stellt Deniz Yüzel sein Buch vor, das sich auch dann noch spannend liest, wenn man weiß, dass es ein Happy End mit Petersilienstrauß gibt.

Uebel & Gefährlich, Ballsaal, Feldstraße 66, 20.00 Uhr, € 17,20


Poetry Slam

Mathildes Themenslam mit LÄNGS

Poetry Slam mit Texten von höchsten 5 Minuten Länge zu einem vorgegebenen Thema. Vorlesende zahlen keinen Eintritt, der Gewinner bekommt eine Flasche Hochprozentiges und startet beim nächsten Slam automatisch auf Platz 1.

Mathilde, Literatur & Café, Bogenstr. 5, 20.15, € 5,–


Italienisch für Kinder

»Der Geschichtenkoffer«

Silvia Ferioli und Francesca Parenti lesen abenteuerliche, düstere, unterhaltsame und lustige Geschichten auf Italienisch für Kinder.

Istituto Italiano, Hansastr. 6, 15.00 bis 16.00 Uhr für 3-5jährige, 16.00 bis 17.00 Uhr für 6-9jährige. Eintritt frei, Anmeldung erbeten an events@iic-hamburg.de.


Café Letterario

»Quella metà di noi«

Thema des monatlichen Literaturtreffs sind »Quella metà di noi« von Paola Cereda und »Città irreale« von Christina Marconi, zwei der 12 Finalisten des italienischen Literaturpreises »Premio Strega«.

Italienisches Kulturinstitut. Hansastr. 6, 19.00 Uhr. Eintritt frei. Um Anmeldung unter Tel.: 040-39999130 oder per E-Mail an iicamburgo@esteri.it.

Literatur in Hamburg