Jens Eisels neuer Roman »Cooper«

Ein Fall für die Ewigkeit

Jens Eisel
Jens Eisel, Foto: Melina Mörsdorfs
Es gibt eine ganze Reihe von Theorien über diesen Fall und unzählige Spekulationen in alle Richtungen. Doch auch, nachdem das FBI die Ermittlungen 2007 und 2009 noch einmal aufnahm, gab es keine neuen Erkenntnisse. Die Akte »Norjak« wurde 2016 nach 45 Jahren endgültig geschlossen. Es ist der bis heute einzige ungelöste Fall einer Flugzeugentführung in den USA. Und er ist so spektakulär, dass er immer wieder in Filmen, Büchern und sogar in Songs verarbeitet wurde. In einem großartigen semidokumentarischen Roman erzählt der Hamburger Schriftsteller Jens Eisel nun die Geschichte eines Gentlemans, der mit 200.000 Dollar Lösegeld tollkühn aus einem Flugzeug springt: »Cooper« (Piper).

Er trägt einen Trenchcoat, einen schwarzen Anzug, hat sich einen Wäschesack mit dem Lösegeld in 20-Dollar-Scheinen umgebunden und zwei Fallschirme. Draußen ist es stockdunkel und stürmisch. Bei einer Geschwindigkeit von etwa 270 km/h springt Dan Cooper auf einer Flughöhe von etwa 3.000 Metern von der ausgeklappten hinteren Gangway einer Boeing 727. Wo genau, lässt sich später nur schwer rekonstruieren, das Absprunggebiet ist riesig. Und es liegt mitten in der Wildnis. Einen Hinweis darauf, wo Cooper gelandet ist, gibt vor allem ein Fund am 10. Februar 1980, von dem Jens Eisel im Prolog zu seinem Roman erzählt: Eine Junge entdeckt bei einem Ausflug mit seinem Vater am Ufer des Columbia River drei Bündel mit 20-Dollar-Scheinen. Es sind 5.800 Dollar von dem Lösegeld der Flugzeugentführung.

Jens Eisel erzählt die Geschichte Coopers sehr gekonnt in einem multiperspektivischen Erzählstil, der den semidokumentarischen Charakter des Geschehens unterstreicht. Die Romanhandlung wird mehrmals für Fragen an einen Ermittler des FBI unterbrochen, der den Fall jahrzehntelang begleitet hat und jetzt plaudernd erzählt. Den Fortgang der Ereignisse erfährt man vor allem aus der Perspektive von Cooper und der Stewardess Kate, die zwischen der Crew im Cockpit und dem Erpresser vermittelt. Auf diese Weise wird der Erzählstoff plastisch, obwohl er bis in Details dokumentiert ist. Das ist klasse gemacht, so dass man dem Autor am Ende gerne beipflichtet: Ja, so könnte es gewesen sein. Auch wenn sich Jens Eisel für das Finale von »Cooper« die Freiheit eines beinahe klassischen Showdowns nimmt. Da muss der Held weit über sich hinauswachsen, bevor er für immer verschwindet.

Jens Eisel , »Cooper«, Piper, € 22,–


20.03.2022 | Jürgen Abel