Montag, 14.11.2016


Hildesheimer
Stephan Braese "Jenseits der Pässe: Wolfgang Hildesheimer. Eine Biografie", Wallstein Verlag
Lesung und Gespräch

Jenseits der Pässe – 100 Jahre Wolfgang Hildesheimer

Bekannt wurde Wolfgang Hildesheimer vor allem mit dem Roman "Tynset", für den er den Büchner-Preis erhielt, in Erinnerung geblieben ist er aber auch mit seinem Buch über "Mozart" und seiner Kurzgeschichtensammlung "Liebelose Legenden", die ein Klassiker der Nachkriegsliteratur sind. Zu seinem 100. Geburtstag ist die Biografie "Jenseits der Pässe: Wolfgang Hildesheimer" erschienen. Im Gespräch mit Doerte Bischoff stellt der Autor Stephan Braese das Buch vor.

Wolfgang Hildesheimer ist nicht nur einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit, sondern er war auch eine zentrale Stimme des politisch engagierten Bürgertums. Als Sohn jüdischer Eltern verließ er Deutschland 1933 in Richtung England und Palästina. Nach dem Krieg arbeitete er als Simultandolmetscher bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und wurde Mitglied der Gruppe 47. Stephan Braese zeichnet die biographischen Stationen nach und stellt Werk und Leben von Wolfgang Hildesheimer in den Kontext von Geschichte und Diskursen.
Hildesheimers multikulturelle Erfahrung, sein emphatisches Bekenntnis zur Psychoanalyse, seine Experimente mit einer Verschmelzung von Literatur, Musik und bildender Kunst, aber auch seine Haltung zur deutschen NS-Vergangenheit schufen die Grundlage für ein unverwechselbares künstlerisches Werk. Öffentliche Stellungnahmen zu einer Vielzahl kontrovers diskutierter Themen zeigen Hildesheimer zugleich als engagierten Bürger und Intellektuellen. Im Prisma der Biographie, die eine Vielzahl bisher ungedruckter Quellen auswertet, entsteht so zugleich ein Porträt der alten Bundesrepublik, insbesondere ihrer kulturellen, aber auch ihrer politischen Verhältnisse. Vor allem jedoch macht Stefan Braese erkennbar, was Hildesheimers Wirken bestimmte: die unablässige Arbeit daran, jenen Bruch zu überwinden, der die deutsche Kultur in den Jahren der NS-Herrschaft von den internationalen Entwicklungen abgespalten hatte.

Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky, von-Melle-Park 3, Altbau, Carl-von-Ossietzky-Lesesaal (Exilbibliothek), 18.00 Uhr.

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