Dienstag 01.11.2016


Poetische Expedition

Birdwatching im Literaturhaus

Marcel Beyer
Marcel Beyer, Foto: privat

Über das literarische, wissenschaftliche und kulturgeschichtliche Potential von Vögeln, ihre Vielfalt und Symbolkraft, sprechen im Rahmen der Reihe „Der Norden liest“ im Literaturhaus der aktuelle Georg-Büchner-Preisträger Marcel Beyer, die österreichische Autorin Teresa Präauer, der Stadtnaturreporter Cord Riechelmann und der Naturforscher Uwe Westphal.

Noch in jeder Epoche der Kulturgeschichte haben Vögel die Fantasie und Werke von Dichtern und Künstlern beflügelt. Schon Aristoteles, der von 384 bis 322 v. Chr. lebte, hat nicht nur eine Poetologie geschrieben, sondern gilt auch als erster bekannter Ornithologe der Geschichte. Und manchmal war es auch das Werk eines Dichters, das den Vögeln Flügel verlieh: Eugen Schieffelin etwa, der Nachfahre einer prominenten, deutschstämmigen New Yorker Familie, hat es sich zur – nicht letztgültig belegten – Aufgabe gemacht, alle Vogelarten, die in Shakespeares Werken erwähnt werden, nach Amerika zu bringen. Erfolgreich war er mit der Ansiedlung von Staren in den USA, die Population ist von wenigen Exemplaren, die er 1890 im Central Park aussetzen ließ, auf inzwischen 200 Millionen angewachsen. In der deutschen Gegenwartsliteratur gibt es eine ganze Reihe von ornitholo¬gisch höchst begabten und bewanderten Autoren, einer von ihnen ist Marcel Beyer, in seinem Roman „Kaltenberg“ führt er einen Ornithologen in die Abgründe der deutschen Geschichte. Die österreichische Autorin Teresa Präauer hat im Sommer an der FU Berlin sogar ein Seminar über „Poetische Ornithologie. Zum Flugwesen in der Literatur“ gehalten, und sie ist der Ansicht: „Einen Vogel haben hilft“ („Süddeutsche Zeitung“). Eine Hilfe ist es sicher auch, wenn zum Birdwatching dann auch noch zwei Fachleute ins Literaturhaus kommen: Der Stadtnaturreporter Cord Riechelmann hat als ersten Band in den bei Matthes & Seitz erscheinenden „Naturkunden“ ein wunderbares Portrait über „Krähen“ veröffentlicht, die kaum einer kennt und kaum einer mag, obwohl die Krähenvögel dem Menschen immerhin entwicklungsgeschichtlich ganz nah sind. Schon seit seinem elften Lebensjahr dem Vogel verfallen ist auch der Biologe Uwe Westphal. Er hat viel über Vögel publiziert und ist auch ein bekannter Vogelstimmen-Imitator. Vielleicht gibt er ja eine kleine Einführung im Literaturhaus. Denn das ist sicher: „Wer zu den Vögeln will, muss pfeifen können“ (Piet Klocke).

„Kulturjournal“, NDR Fernsehen, im Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, 8.- Euro.





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