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Sonntag 12.02.2023
Lesung mit Shelly Kupferberg
»Ein jüdisches Leben«
Shelly Kupferberg auf der Frankfurter Buchmesse 2022, Foto: Elena Ternovaja, Wikipedia
Aus Bruchstücken, Überlieferungen, Recherchen und Dokumenten hat die in Berlin lebende Autorin und Journalistin Shelly Kupferberg mit »Isidor – Ein jüdisches Leben« ein berührendes Porträt ihres Urgroßonkels geschaffen, das einerseits ein Roman ist, gleichzeitig aber auch Geschichte erzählt und greifbar macht. Die Frage, warum ein feinsinniger Lebemann und Kommerzialrat die Zeichen der Zeit nicht ernst nahm, schwingt in dieser großen Recherche immer mit.
Isidor Geller hat es geschafft. Er lebt in einem prachtvollen Wiener Anwesen, ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund, Dandy, Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen zudem Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, war weit, er hat ihn vom Schtetl bis in die obersten Kreise Wiens geführt. Als Shelly Kupferberg mit der Recherche zu ihrem Buch begann, fragte sie sich zuerst, welche Kunst im Wiener Domizil des Urgroßonkels hing. Die Frage mündete schnell in die ganz andere Frage danach: »Was bleibt von einem Menschen übrig, wenn nichts von ihm übrigbleibt?«
Anhand von Familienbriefen und Fotos, alten Dokumenten und Archivfunden zeichnet sie die Konturen eines erstaunlichen Werdegangs und rasanten gesellschaftlichen Aufstiegs nach. Isidor Geller war ein Macher und ein Lebemann, der den Luxus, die Kunst und besonders die Oper liebte. Auf ihrer Spurensuche, die sie von Ostgalizien nach Wien, von Budapest nach Hollywood und Tel Aviv führt, stößt Shelly Kupferberg auf unzählige Geschichten: aufregende, verblüffende, komische und immer wieder tragische. Geblieben ist der Familie von dem schillernden Onkel am Ende ein »Silberbesteckkasten samt Inhalt für 24 Personen«, der an die vielen Bankette erinnert, die er einst in Wien gab – überzeugt davon, dass »ihm inmitten der guten Wiener Gesellschaft keiner etwas anhaben konnte«.
Heine-Haus, Elbchaussee 31, 11.30 Uhr, € 10,–/3,–