Mittwoch, 25.03.2015


Lesung mit Rainer Moritz

Missionar, Reiter, Löffelchen und Co. in der Literatur

Rainer Moritz
Rainer Moritz, Foto: Gunter Glücklich
Mit Mario Puzos „Der Pate“ erfahren wir von „wilder Begierde“ und „blutgeschwollener Muskelmasse“, mit Hermann Hesses „Goldmund“ von „Strömen“, für die „weder Worte noch Gedanken vonnöten“ sind. Dieser „glutvollen Prosa“, verrät er in der Einleitung, haben wir „eine literarische Stellensuche“ der ganz besonderen Art zu verdanken: Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhaus, Fußball- und Schlagerfan, vom Hamburger Senat im Januar mit dem Ehrentitel „Professor“ geehrt, ist durch die frühe Hesse- und Puzo-Lektüre klar geworden, „dass es den meisten Autorinnen und Autoren leichter fällt, einen menschenleeren Strand, ein abstoßendes Einkaufscenter oder einen blutrünstigen Mordfall zu beschreiben als den sexuellen Akt“. Dennoch kommt in den letzten Jahren kaum noch ein Roman ohne Fellatio und Cunnilingus, Missionar, Reiter, Löffelchen und Co. daher. Rainer Moritz hat das zu der Frage veranlasst: „Wer hat den schlechtesten Sex?“– und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ feiert ihn für seine Geschichte mit Wahnsinns-Höhepunkten in der Literatur fröhlich als „Doktor Sommer der Narratologie“.

Nach einem kleinen Ausflug in die deutsche Nachkriegsliteratur, die kaum Sex zu bieten hat, kommt Moritz mit der „Schwierigkeit, gut über Sex zu schreiben“ und einem Zitat von Jonathan Franzen schnell zur Sache. Der amerikanische Großmeister erweist sich eindeutig als stilloser Stümper an „Klitoris“ und „Schaft“ und es stellt sich mit der Literaturkritikerin Ursula März die kardinale Frage, ob die Literatur, sobald sie sich „mit körpernaher Liebe abgibt“, nicht grundsätzlich „mehr oder weniger peinlich“ wird. Moritz kommt zu einem anderen Schluss: „Literatur darf antörnen, natürlich, und Literatur, die das tut, ist durchaus satisfaktionsfähig“. Vom „Matratzendesaster“ über „Das große Fressen“ und „Intellektuelle Nummern“ bis zum „Scheiden schlämmen“ wird er dann jedoch fündig, stöhnend kommen Helene Hegemann, Elfriede Jelinek, Michael Kleeberg, Charlotte Roche, Hans Joachim Schädlich, Clemens J. Setz, Martin Walser und auch Ralf Rothmann zu Wort: „Sie mag es sehr, die Professorin, wenn er sie Miststück oder Fotze nennt, und lässt alles mit sich machen und bleibt offen für das meiste, solange sie am Ende ihren Orgasmus hat. Und der ist nach wie vor von jener unglaublichen Glut, die im Gedicht die Kerzen im Schnee entfacht.“

Rainer Moritz präsentiert seine „literarische Stellensuche“ im St. Pauli Theater zusammen mit Anne Weber und Stephan Schad, die aus den „sündigen“ Werken lesen werden.

Veranstalter: St. Pauli Theater. Spielbudenplatz 29/30, 20.00 Uhr. Eintritt: 18.- Euro.


Anna Grue
Anna Grue, Foto: Jesper Egholm

Lesung mit Anna Grue

„Es bleibt in der Familie“

Mit ihren Romanen um den Detektiv Dan Sommerdahl führt Anna Grue regelmäßig die Bestsellerlisten in ihrer Heimat an und wurde zu einer der bekanntesten Krimiautorinnen Dänemarks. Sommerdahls vierter Fall „Es bleibt in der Familie“ (Atrium Verlag) ist in diesen Tagen in der deutschen Übersetzung erschienen, und inzwischen hat Anna Grue auch in Deutschland mit ihren Krimis eine immer größer werdende Fangemeinde.

Der Privatdetektiv Dan Sommerdahl kommt aus der Lebenskrise nicht heraus, in die er geraten ist, seit er sich in die allseits bekannte, wunderschöne Schauspielerin Kirstine Nyland verliebte. Seine Ehe ist darüber in die Brüche gegangen und auch das Verhältnis zu seinen beiden Kindern seitdem nicht mehr so innig wie zuvor. Immerhin hat sich aus der Affäre mit Kirstine eine feste Liebesbeziehung entwickelt. Die privaten Sorgen treten jedoch bald in den Hintergrund: Der Politiker Thomas Harskov und seine ebenfalls sehr engagierte Frau Lene haben zwei ihrer drei Kinder verloren. Zuerst starb ihr ältester Sohn Rolf, dann seine Schwester Gry. Die Polizei und auch die Eltern gehen zuerst von einem tragischen Unglück und einem Selbstmord aus, bis sie herausfinden, dass beide genau 27 Tage nach ihrem 16. Geburtstag ums Leben gekommen sind. Kann das Zufall sein? Während die Polizei untätig bleibt, schalten die Eltern aus Sorge um ihren jüngsten Sohn Malthe, dessen 16. Geburtstag bald bevorsteht, Dan Sommerdahl ein. Tatsächlich verdichten sich für den Ermittler bald die Hinweise darauf, dass auch Malthe ermordet werden soll. Anna Grue stellt „Es bleibt in der Familie“ in der Buchhandlung Chrstiansen zusammen mit der Schauspielerin Christiane Filla vor.

Veranstalter: Buchhandlung Christiansen. Bahrenfelder Str. 79, 20.00 Uhr. Eintritt: 10.-/7.- Euro.


Lesung und Gespräch mit Christian Schüle

„Was ist Gerechtigkeit heute?“

Christian Schüle
Christian Schüle, Foto: Marijan Murat
Es ist eine hochaktuelle Frage, der Christian Schüle in einer Anfang März neu bei Pattloch erschienenen „kritischen Bestandsaufnahme“ nachgeht. Schon Kleinkinder kennen Verteilungsgerechtigkeit und Fairness: Lieschen weiß mit ihren 15 Monaten ganz genau, dass es nicht gerecht ist, wenn Max einen Keks mehr zum Nachtisch bekommt als sie selbst. Nachgewiesen wurde das in einer Studie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und der University of Washington in Seattle, USA. Tatsächlich ist das ausgeprägte Gerechtigkeitsempfinden in unseren zunehmend fragmentierten Gesellschaften die treibende Kraft in der Politik. Mindestlohn und Bankerboni, Rente mit 63 oder Generationengerechtigkeit, Betreuungsgeld oder KiTa-Plätze, das sind einige der Stichworte, mit denen heute Verteilungsgerechtigkeit eingefordert wird. Christian Schüle fragt in seinem Buch, ob Gerechtigkeit wirklich mehr ist als nur eine Fiktion. Er misst die gegenwärtigen Debatten an moralischen Prinzipien, philosophischen Konzepten und politischen Positionen und versucht, eine zeitgemäße Idee von Gerechtigkeit zu entwickeln. In der Heinrich Heine Buchhandlung stellt er sein Buch vor.

Veranstalter: Heinrich Heine Buchhandlung. Grindelallee 28, 20.00 Uhr. Eintritt frei.


Lesung mit Philip Oprong Spenner

„Move on up“




Philip Oprong Spenner liest aus seinem Buch „Move on up. Ich kam aus dem Elend und lernte zu leben“ (Ullstein), in dem er von seinem Überlebenskampf als Straßenkind in Nairobi erzählt, von seiner Zeit im Waisenheim und der Adoption, durch die er nach Hamburg kam. Hier hat er dann studiert und unterrichtet heute als Lehrer an einer Hamburger „Problemschule“. Gegen einen Karriereberuf hat sich Spenner bewusst entschieden, er spricht sechs Sprachen, ist Pop-Gospelsänger und Vorsitzender eines Vereins zur Förderung von Jugendlichen in Kenia.

Veranstalter: Bergedorf-Bille-Stiftung, Bücherhalle Neuallermöhe. Ort: Bücherhalle Neuallermöhe, Fleetplatz 2, 19.30 Uhr. Eintritt frei.


Lesung mit Petra Mikutta

„Sie werden lachen. Mein Mann ist tot“

Was der Journalistin und Autorin Petra Mikutta passierte, ist Alltag und kann uns alle treffen: Ein Mann stirbt, plötzlich und unerwartet, stürzt an einem Ostersonntag vom Fahrrad und sein Leben ist vorbei. Petra Mikutta erzählt in ihrem Buch „Sie werden lachen. Mein Mann ist tot“ die Geschichte von ihrer Liebe und ihrem Verlust. Ein „Buch, das keiner, der es gelesen hat, vergessen wird“, heißt es in der Ankündigung des Knaus Verlages, „denn der jederzeit mögliche Tod und alles Schmerzliche, das die Autorin beschreibt, wird überstrahlt vom hellen, schönen Leuchten unserer Verbindungen zu denen, die wir lieben.“ Petra Mikutta liest in der Zentralbibliothek aus ihrem Buch. Moderation Meike Winnemuth.

Veranstalter: Buchhandlung Heymann. Ort: Hamburger Öffentliche Bücherhallen, Zentralbibliothek, Hühnerposten 1, 19.30 Uhr. Eintritt: 10.- Euro.


Performance

„Niemand kann so lieben wie ich“

Natascha Bub & Ingrid Sattes präsentieren eine literarische Performance über das Leben der Modejournalistin, Übersetzerin, Widerstandskämpferin Helen Hessel, die Truffaut zum Vorbild für die will Liebende in „Jule et Jim“ wurde.

Veranstalter: Logensaal der Hamburger Kammerspiele. Hartungstr. 9-11, 20.15 Uhr. Eintritt: 12.-/9.- Euro.


Poetry Slam

Diary Slam

„Seelenpein" und „Hochgefühle“, „Liebesschwüre“ und „Selbstmordgedanken“ von „wildfremden Menschen“, all das und noch viel mehr steht auf dem Programm des Tagebuch-Slams.

Ort: Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 20.30 Uhr. Eintritt: 4.- Euro. Wer selber auf die Bühne möchte, meldet sich hier: mail(at)diaryslam.de.


Poetry Slam

„Wild Wild Slam“

Etwas freier, etwas spontaner, etwas direkter, das will der „Wild Wild Slam“ in Bergedorf sein. Gelesen wird an verschiedenen Orten im Raum, gerne gesehen sind auch spontane (Team-) Auftritt u. ä. Lesezeit: 6 Minuten. Zu gewinnen gibt es die „Wild Wild Slam Wild Card“.

Veranstalter: BeLaMi. Holtenklinker Str. 26, 19.00 Uhr. Eintritt frei.


Literatur in Hamburg