Dienstag, 01.03.2016


Buchpremiere mit Isabel Bogdan

Schade um den schönen Pfau

Isabel Bogdan
Isabel Bogdan, Foto: Smilla Dankert
Man kennt sie seit Jahr und Tag durch ihre Übersetzungen, aktuell von Jane Gardams neuem Roman „Eine treue Frau“, und als Bloggerin über Literatur und Anverwandtes mit einer begeisterten Fangemeinde. Als Isabel Bogdan dann mit „Sachen machen“ (Rowohlt) auch noch von einer schrägen Versuchsanordnung erzählte, bei der sie von der Darmbesichtigung über die Fett-weg-Hose bis zum Ping-Pong mit Punks alle möglichen Verrücktheiten durchspielte, ahnte man schon, dass man noch von ihr hören würde. Und jetzt ist es soweit: Mit ihrem Romandebüt „Der Pfau“ (Kiepenheuer & Witsch), legt sie eine turbulente Komödie vor, die in ihrem Mix aus gekonntem Understatement und skurrilem Humor very Britisch und ziemlich einmalig in der deutschen Literatur ist.

Die Geschichte selbst ist auf den ersten Blick ganz unspektakulär: Zum „Teambuilding“ kommen vier Banker und ihre Chefin von der Investmentabteilung einer Bank samt Köchin und Psychologin für drei Tage in den Westflügel des Herrenhauses der MacIntoshs in die Highlands. Kalt erwischt werden sie dort nicht nur von der eher spartanischen Ausstattung der Zimmer mit Heizdecken und Etagenbetten, sondern auch von einem überraschenden Wintereinbruch, von verwirrten Hunden, Gänsekot und einem verrückt gewordenen Pfau. Immerhin läuft die Köchin zu ganz großer Form auf und serviert ein grandioses Geflügelcurry, zu dem auch die MacIntoshs eingeladen sind. Nur, was hat das mit der verschwundenen Gans zu tun? So viel darf man über diese wunderbar verrückte Komödie schon mal verraten: Die Gans wird es überleben.

Buchpremiere mit Isabel Bogdan. Moderation: Julia Westlake

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr, 10.-/6.- €


Buchpremiere im St. Pauli Theater

Lokaltermin mit Heinz Strunk

Heinz Strunk
Heinz Strunk, Foto: Dennis Dirksen
„Mensch, Fritz, hier stink‘s aber wieder.“ Das fällt allen, die seine Wohnung in der Zeisstraße 74 in Ottensen betreten, zuerst auf. Den Grund weiß ja keiner. Nur der Fritz selber, den im Goldenen Handschuh und im Elbschlosskeller am Hamburger Berg auf dem Kiez alle Fiete nennen. Von ihm erzählt Heinz Strunk in seinem neuen Roman, einem düsteren, sehr traurigen und zugleich hellsichtigen Heimatbuch, in dessen Zentrum die Geschichte des berühmten Hamburger Frauenmörders Fritz Honka steht.

„Mit einem gigantischen BOOOOST“, so schreibt er in einem „Grußwort“ auf seiner Website, würde sein, „radikaler Tatsachenroman“ über Fritz Honka erscheinen, und auch wenn Heinz Strunk einen gewissen Hang zu euphorischer Werbung in eigener Sache hat, ist das ganz richtig: „Der goldene Handschuh“ ist unter den sechs Finalisten für den Leipziger Buchpreis, der in diesem März vergeben wird und auf direktem Weg in die Bestsellerlisten. In seinen bisherigen Romanen hat Strunk, der auch als Musiker und Entertainer sehr erfolgreich ist, vor allem aus seinem eigenen Leben erzählt, in seinem Debüt, dem Bestseller „Fleisch ist mein Gemüse“, von einem Musiker, der mit einer Tanzkapelle durch Norddeutschland tingelt. Skurrile und dabei doch sehr treffende Milieubeschreibungen sind das Markenzeichen seiner Literatur. In seinem neuen Roman leuchtet er die Nachtseite Hamburgs in den 1970er Jahren aus – und damit eine nicht allzu lange nach dem Krieg und der Nazi-Diktatur verrohte Gesellschaft.
Fritz „Fiete“ Honka hat Anfang der 1970er Jahre im Goldenen Handschuh einen Stammplatz. Wer sich in einer klammen Märznacht spät abends am Hamburger Berg in eine der durchgehend geöffneten Kaschemmen verirrt, wird auch heute noch solche treffen, wie die, mit denen er sich dort ständig bis zur Besinnungslosigkeit besäuft. Damals sind ihre Namen Fanta-Rolf, Soldaten-Norbert, Tampon-Günter, Doornkaat-Willy oder Ritzen-Schorsch, Inge, Gertrud, Gisela. Die Doppelnamen muss man sich verdienen, die sind eine Auszeichnung, so wie der Spitzname Fiete, jedenfalls denkt sich Fritz Honka das so zurecht, und dass er was Besonderes ist: „So was denkt er öfter“ auch. Fritz Honka wird tatsächlich als Albtraum-Mann, als Inbegriff des grausamen Mörders berühmt. Seine Opfer sind ältere, wehrlose Frauen Alkoholikerinnen, die er im Goldenen Handschuh abschleppt, tage- und wochenlang misshandelt. Wenn er sie dann satt hat, erdrosselt er seine Opfer, zerstückelt die Leichen und versteckt sie in einer Abseite seiner Wohnung. Heinz Strunk lässt all das nicht aus, er erzählt von den Morden, von den „Anbahnungen“, vom „Vernichtungstrinken“, von dieser fatalen Sprachlosigkeit am untersten Rand der Gesellschaft, in dem sich das abspielt.
Doch im Handschuh stürzen auch ganz andere Leute ab, zum Beispiel der Reedersohn WH3. Heinz Strunk verbindet die Geschichte des Frauenmörders Honka in seinem Roman mit Berichten aus der obersten Etage der Hamburger Gesellschaft, wo man „von Dohren“ heißt, „von Lützow“ oder „Thiessen“. So viel zivilisierter als unter den Fietes dieser Welt, geht es dort nicht zu. Und im Goldenen Handschuh sind sie sowieso alle gleich, ob Reeder oder Nachtwächter, die Hoffnung auf ein bisschen Glück lassen sie dort alle für den großen Suff fahren. Und werden, ganz gleich wie sie heißen, gestraft durch die Erbärmlichkeit, in die der Suff sie entlässt.
Der Ausblick, den Heinz Strunk in seinem Roman dann gibt, ist fast schon versöhnlich: Rolf Bossi, ein Staranwalt, übernimmt 1976 die Verteidigung von Fritz Honka, der wegen Mordes in einem Fall und Totschlag in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt wird. Er stirbt nach Verbüßung seiner Haftstrafe 1998 in der Psychiatrie in Ochsenzoll. Der Albtraum ist irgendwie in einer zivilisierteren, einer humaneren Welt angekommen, in der es Richter gibt, Gefängnisse, Heime, Psychologen, Therapeuten – und Romane wie „Der goldene Handschuh“ von Heinz Strunk, die eine ganz eigene Sprache für das Unsagbare finden, für einen wie diesen Fritz Honka und diese erbärmlich kalte und gefühllose Welt, in der er groß werden musste

Heinz Strunk stellt „Der goldene Handschuh“ im St. Pauli Theater vor.

St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29 – 30, 19.30 Uhr


Literatur im Gespräch

„Schönheit!“

Im Rahmen der Reihe über die Frage, was Schönheit in den Künsten noch oder wieder bedeutet, spricht Jan Philipp Reemtsma über „Das Schöne in der Literatur“ und stellt seine neues Buch „Was heißt: einen literarischen Text interpretieren?“ (C.H. Beck) vor. Freie Akademie der Künste, Klosterwall 23, 19.00 Uhr, 10.-/7.- €


Lesebühne

„Liebe für alle“

Premiere einer neuen Lesebühne mit Katrin Seddig, Ella Carina Werner, Piero Masztalerz, Anselm Neft sowie einem wechselnden Stargast, die ab sofort jeden Monat unter dem schönen Motto „Liebe für alle“ neue „gefühlsechte Geschichten, zartsinnige Satiren, heitere Hasstiraden, Cartoons und Musik“ vorstellt. Von „funkensprühenden Essays“ bis zu „Pimmelwitzen“ soll für jeden was dabei sein. Und zusätzlich gibt es auf Wunsch „eine liebevolle Umarmung eines Ensemblemitglieds“.

Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, 19.30 Uhr, 5.- €


Lesung und Gespräch

Rebellin, Muse, Malerin

Ein Strandbild von Robert Capa, das Picasso zeigt, wie er die vorausgehende Françoise Gilot mit einem Sonnenschirm schützt, gilt als Ikone der modernen Fotografie. Zehn Jahre war Gilot mit Picasso zusammen, dann hat sie ihn verlassen. Malte Herwig präsentiert sein Buch „Die Frau, die nein sagt“ über die 1921 geborene Malerin und Mutter von Paloma und Claude Picasso, die heute in New York und Paris lebt.

Schnelsener Büchereck, Glissmannweg 7, 19.30 Uhr, 8.- €


Literatur im Gespräch

„Ein gelungener Streich“

Zum Literaturclub im Gewerkschaftshaus stellt Brigitte Neumann Erzählungen aus den Jahren um 1920 von Italo Svevo vor. Es geht um Männer über 60 und ihr Verhältnis zu Ehe, Liebe und Begehren.

Im Klub, Besenbinderhof 62, 19 Uhr. Eintritt: 5.- Euro.


Podiumsdiskussion

„Deutschland erklären – Deutschland verstehen?“

Der Autor Rocco Thiede, Patricia Ehret, Leiterin eines Berliner Flüchlingsheimes und Dr. Petra Bahr von der Konrad Adenauer-Stiftung treffen sich zu einem Gespräch über die Entstehung, den Nutzen und das Potential des Leitfadens zur Orientierung für arabischsprachige Flüchtlinge in Deutschland der in Buchform und als App erschienen ist. Moderation: Kathrin Erdmann, NDR.

Alfred Toepfer Stifung, Konrad Adenauer-Stiftung und Hamburger Öffentliche Bücherhallen in der Zentralbibliothek, Hühnerposten 1, 17.30 Uhr. Eintritt frei.


42. Werksgespräch des Kulturwerks Rahlstedt

„Krimi im Kopf – Von der Idee zum fertigen Buch“

Dr Historiker und Krimi-Autor Jürgen Rath berichtet zum 42. Werksgespräch des Kulturwerks Rahlstedt über sein Schreiben und seine Literatur.

Bücherhalle Rahlstedt, Amtsstraße 3 a, 19.30 Uhr. Eintritt frei.


Lesung

Mathilde-Slam

Unter dem Motto „Sex“ präsentieren beim Poetry-Slam im „Mathilde“ Autorinnen und Autoren in höchstens 5 Minuten Lesezeit einen eigenen Text. Der Publikumssieger darf sich über eine Flasche „Tullamore Dew“ freuen und startet beim nächsten Slam auf Platz 1. Auf die Bühne können nur 10 Autoren. Wer lesen möchte, sollte früh da sein oder sich anmelden (www.mathilde-hh.de).

Mathilde – Literatur und Café. Bogenstr. 5, 20.15. Eintritt: 5.- Euro. (Für Vorlesende frei.)


Poetry Slam

„Dichterliga“

Einen „Slam wie eine Heimat“ verspricht „Kampf der Künste“ für diesen Slam, bei dem lokale Poeten gegeneinander antreten und mit ihrem Sieg oder dem Platz auf dem Treppchen Punkte sammeln können. Die wiederum gehen in die Gesamtwertung ein und am Ende der Saison darf man sich vielleicht nicht nur über den Sieg der „Dichterliga“ freuen, sondern auch über einen Startplatz beim spektakulären Saisonfinale. Moderation: Rasmus Blohm.

Kampf der Künste. Molotow. Spielbudenplatz 5, 20.30 Uhr. Eintritt: 5.- Euro.


Literatur in Hamburg