Mittwoch, 02.03.2016


Preis der Leipziger Buchmesse

Vom Möglichkeitssinn der Literatur

Heinz Strunk
Unter den Nominierten ist auch Heinz Strunk mit seinem Roman „Goldener Handschuh“, Foto: Dennis Dirksen
„Wenn es einen Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch einen Möglichkeitssinn geben. (…) Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muss geschehen, sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müsste geschehen.“ (…) Robert Musil zu lesen, lohnt sich ja immer, auch wenn es gar nichts mit den aktuellen Betriebsamkeiten der Literatur zu tun hat. Aber es gibt auch einen aktuellen Grund, warum man zur Zeit vielleicht eher an die Quintessenz des Riesenfragments „Mann ohne Eigenschaften“ denkt.

Wenn sich die Dinge so rasch verändern und mit ihnen unser Blick in die Welt, dann fragt man sich, ob und wie die Literatur mit ihrem Möglichkeitssinn, also ihrer Fähigkeit auszuloten, was (noch) nicht ist, darauf reagiert, schon weil wir für die Zukunft, die in die Gegenwart hineinragt, eine Vision oder auch nur eine erklärende Imagination suchen. Die in diesem Herbst und im Frühjahr erschienenen Romane sind jedoch in den letzten Jahren entstanden, wie sollten sie auf die Flüchtlingskrise reagieren können, auf die veränderte Konstitution der Gesellschaft durch Terroranschläge oder die Krise der Europäischen Union? Tatsächlich ist es verblüffend, dass immer wieder scheinbar genau in dem Augenblick eine literarische Vision zur Stelle ist, wenn Veränderung sich konstituiert. Beispiele dafür sind Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ oder auch Jenny Erpenbecks „Gehen, ging, gegangen“, die man als direkte literarische Antwort auf die Flüchtlingskrise lesen konnte, obwohl sie vorher entstanden sind. Ob die Jury zum Leipziger Buchpreis, der am 17. März verliehen wird, in diesem Jahr besonders unter dem Eindruck der Krise(n) gelesen hat, sei hier dahingestellt, fest steht, dass die Nominierungen eine handfeste Überraschung waren, weil sie kaum einen der Schwerpunkttitel der Verlage aus dem Frühjahr berücksichtigten. Dennoch ist es natürlich eine Liste, die sich sehr empfiehlt. Im Literaturhaus kann man reinhören: Marion Poschmann, Roland Schimmelpfennig, Nis-Momme Stockmann, Heinz Strunk und Guntram Vesper, die Nominierten der Shortlist Belletristik, lesen aus ihren Büchern. Moderation: Ulrike Sárkány und Rainer Moritz.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 20.00 Uhr, 12.-/8.- Euro


Buchpräsentation

„Dshamilja“

Die Hamburger Illustratorin Stefanie Harjes präsentiert die berühmte Liebesgeschichte von Tschingis Aitmatow, die in einer neuen Ausgabe mit Bildern von ihr erschienen ist. Der Schauspieler Rainer Strecker liest aus dem Buch.
Buchhandlung in der Osterstraße, Osterstr. 171, 20.00 Uhr, 7.- Euro (inkl. einem Glas Sekt).


Lesung

„Lästernde Genies“




In den 1920er und 1930er Jahren trafen sich im berühmten Salon Gertrude Steins an der Rue de Fleurus 27 in Paris so geniale Schriftsteller und Künstler wie Ernest Hemingway, Djuna Barnes und Pablo Picasso. Nett sind sie freilich nicht immer zueinander gewesen.

Djuna Barnes hinterließ über Gertrude Stein: „Wissen Sie, was sie über mich gesagt hat? Sagt die doch, ich hätte wunderbare Beine! Was hat denn das mit irgendetwas anderem zu tun? Also, was denkt die sich eigentlich dabei? Ich konnte sie nicht ertragen. Ein monströses Ego (…).“ Und Ernest Hemingway verriet über seine Leidenschaft für die berühmte Gastgeberin: „Ich wollte sie immer ficken und sie hat das gewusst und das war ein ziemlich gutes gesundes Gefühl und war gescheiter als vieles, was wir gesprochen haben.“

Weitere Sticheleien, Lästereien, Boshaftigkeiten, aber auch großartiges Lob der Genies über ihre Mitstreiter, verrät die Schauspielerin Katharina Schütz bei ihrer Lesung über die Welt der Pariser Bohème und den Salon Gertrude Steins.

Buchhandel Frank und Steinwarder. Hoheluftchaussee 68, 19.30 Uhr.


Lesung, Vortrag, Gespräch

„Endspiel im Hotel“

Vortrag von Hanjo Kesting über „Thomas Mann auf Reisen“. Aus den Werken von Thomas Mann liest Siegfried W. Kernen.

Heine-Haus, Elbchaussee 31, 19.00 Uhr. Eintritt: 10.-/3.- Euro.


Literarischer Salon

„Berlin Alexanderplatz“

In einem „literarischen Salon“ präsentieren Dr. Lutz Flörke und Vera Rosenbusch den berühmten Großstadtroman von Alfred Döblin, der von einem gewissen Alfred Biberkopf erzählt. Im Berlin der Weimarer Republik will der ehemalige Transportarbeiter, als er aus dem Zuchthaus kommt, fortan „anständig sein“, sein Geld als Straßenhändler und Zeitungsverkäufer verdienen und ist doch, ohne es zu wissen, schon verloren. Denn „verflucht ist der Mensch, der sich auf die Menschen verlässt“, wie es leitmotivisch heißt. Mit „Berlin Alexanderplatz“ ist dem Berliner Armenarzt Döblin der bis heute bedeutendste Großstadtroman deutscher Sprache gelungen, es war sein einziger großer Bucherfolg.

Duvenstedter Salon, Max-Kramp-Haus, Duvenstedter Markt 8, 19.30 Uhr.


Philosophieren für Kinder

„Gedankenflieger“

Im Rahmen der Reihe philosophiert Marie Gombert-Rumpf mit Kindern zu der Frage „Hat alles eine Seele und wenn ja, was ist das?“ und liest aus dem Bilderbuch „Und dann platzt der Kopf“ von Cristina Röckl. Für Kinder ab 6 Jahren.

Literaturhaus. Schwanenwik 38, 14.30 Uhr. Eintritt: 4.- Euro. Karten und weitere Infos gibt es unter www.julit-hamburg.de, anmelden kann man sich unter Tel.: 040-22 70 20 14.


Lesebühne

Textlabor Bergedorf

Offene Lesebühne, bei der Texte vorgetragen, gesungen und natürlich auch geslamt werden dürfen. Wer vorlesen möchte, meldet sich ab 18.45 Uhr an. Musik: Holz und Schulz. Moderation: Volker Pripnow.

BeLaMi, Holtenklinkerstr. 26, 19.30 Uhr. Eintritt frei. Weitere Infos gibt es auf der Website des Textlabors unter http://www.textlabor-b.de.


Literatur in Hamburg