Donnerstag, 06.09.2018


Lesung mit Johann Scheerer

Warten auf eine Nachricht

Johann Scheerer
Johann Scheerer, Foto: Matthias haslauer
Es war einer der spektakulärsten Kriminalfälle der letzten Jahrzehnte in Deutschland, und im Frühjahr 1996 über Wochen Stadtgespräch in Hamburg – hinter vorgehaltener Hand und obwohl kein Wort darüber in der Zeitung stand. Nach der Freilassung von Jan Philipp Reemtsma war die Presse dann voll mit Berichten über die Entführung. Die Deutungshoheit hat sich der Germanist und Gründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung mit seinem Buch »Im Keller« (1997) sehr schnell zurückerobert. Sein Sohn, der Musiker und Produzent Johann Scheerer, erzählt »Die Geschichte einer Entführung« in seinem vielgelobten, so spannenden wie berührenden Buch »Wir sind dann wohl die Angehörigen« nun aus der Perspektive des damals 13-Jährigen.

Für Johann ist von Anfang an klar, dass man seinen Vater ermorden würde. »Man wird entführt, dann zahlt man, dann wird die Geisel ermordet«. Doch bis es soweit ist, muss er mit seiner Mutter, Freunden und Polizisten, die das Haus belagern, für so viele Tage ausharren, dass sie »in ihrer unvorstellbaren Langsamkeit unzählbar« werden. Sein Vater schickt ihm aus seinem Kellerverließ die Aufgabe, jeden Tag um 17.00 Uhr gleichzeitig mit ihm in der »Chronik des 20. Jahrhunderts« zu lesen und »Langweilig« zu spielen, einen Song von »Die Ärzte«. Es sind Vorschläge, die ins Leere laufen, die Langeweile wird nur von Momenten großer Angst und Panik unterbrochen. Und als das Warten auf eine schlechte Nachricht dann doch glücklich endet, mündet es in der Gewissheit, »Unaussprechliches« erfahren zu haben, das nie wieder gut wird. Johann Scheerer hat dem 13-jährigen Jungen, der die Entführung miterleben musste, eine Stimme gegeben, die klug und ohne jede Larmoyanz berichtet, was geschehen ist. Das Trauma selbst lässt sich nicht ausräumen, aber »die rauschende, unfassbare Stille« danach hat einen jetzt anderen Klang.
Johann Scheerer liest in der Christianskirche aus seinem Roman.

Christianskirche, Ottenser Marktplatz 6, 20.00 Uhr, € 10,–/8,– , Karten unter Tel.: 040-390 20 72, E-Mail: info@buchhandlung-christiansen.de


Lesung

»Vatertage«

Stephan Bartels liest aus seinem Roman über eine Vater-Sohn-Beziehung. Moderation: Inga Schulz.

Buchhandlung Heymann, Osterstr. 134, 20.30 Uhr, € 12,–


Lesung

»Liebe zukünftige Lieblingsfrau«

Der Autor und Journalist Michalis Pantelouris liest aus seinem Buch.

Thalia Buchhandlung Wandsbek, Quarree 8-10, 20.15 Uhr, € 10,–


7. China Time Hamburg

»Schreie verstummen«

Johanna Stahl liest aus ihrer »Biographie 1942-1952« von Chongqing,einer weitläufigen Stadt im Südwesten Chinas, in der 30,17 Millionen Menschen leben.

Bücherhalle Elbvororte, Sülldorfer Kirchenweg 1b, 19.30 Uhr, Eintritt frei.


Soloabend

»Allerdings. Ringelnatz«

Soloabend mit dem Schauspieler Frank Roder, der Gedichte und Prosa von Joachim Ringelnatz lesen wird und aus dem reichen Anekdotenfundus über das Leben des Dichters erzählt. Ringelnatz gab als Berufsbezeichnung gegenüber Behörden stets »Artist« an und hat auch als Schaufensterdekorateur, Kommandant eines Minensuchers, Kommis und Bibliothekar gearbeitet. Buch und Regie: Sylvia Richter.

Das Schiff. Holzbrücke 2, Nikolafleet, 18.00 Uhr, € 20,– bis 27,–
Weitere Infos: www.theaterschiff.de



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