Mittwoch, 11.11.2009


Sibylle Berg
Sibylle Berg, Foto: Katja Hoffmann

Buchpräsentation

Die verdammte Irrationalität des Lebens

Bei Sibylle Berg weiß man irgendwie ja immer schon, was man kriegt, wenn sie ein neues Buch geschrieben hat. Das liegt daran, dass halt „jeder so sein Zeug“ hat, „was ihn antreibt“, wie die Autorin meint, und bei ihr ist das ein ganz besonderes „Zeug“. Die Literaturkritik schwärmt bei Frau Berg gern von „methodischem Pessimismus“ (NZZ) und einem Gipfel an „Nihilismus und Weltverneinung“ (TAZ). Ganz so schlimm ist es dann doch nicht, aber schon mindestens so schlimm wie das Leben im Allgemeinen, das uns im Besonderen auf der Suche nach Sinn, nach Glück und Liebe unbedingt enttäuschen muss oder eben umgekehrt, aus dem puren Grauen in eine schöne Idylle entlässt. Von diesem desillusionierenden Mechanismus erzählt Sibylle Berg in ihren Büchern, in Romanen, Erzählbänden und Theaterstücken und das schamlos und radikal, weshalb sich ihre Leserschaft in zwei Minderheiten (Mehrheiten sind für Frau Berg sowieso nicht zu gewinnen) aufteilt: in Fans, die gern einen romantisierenden Blick aufs Grundsätzliche werfen, und Verächter, die in ihr unbedingt eine Fachfrau für die Klischees des Schreckens und der Enttäuschungen sehen wollen. Für die wohlmeinende Minderheit ihrer Leser ist „Der Mann schläft“, Frau Bergs neuer Roman, sicher ein Glanzlicht unter den Neuerscheinungen des Jahres, denn Frau Berg wird immer besser. Wo findet man sonst so geschliffene Formulierungen konsequentester Misanthropie? Die Ich-Erzählerin in ihrem Roman weiß: „Gibt es einen größeren Witz als den Menschen? Emotionale Krüppel in abstoßenden Hüllen, der Welt, dem Rudel, dem Wetter, den Gewalten hilflos ausgeliefert, torkeln wir durch ein Dasein, das an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. All unsere ernsthaften Versuche, die Welt zu verstehen, charakterlich integre Personen zu werden, Besitz anzuhäufen, die Umwelt zu retten, Doktortitel zu erwerben, enden mit verschissenen Windeln im Altersheim.“ Rettung vor diesem Unglück gibt es im Universum von Sibylle Berg nur für den Augenblick, auch wenn der schon mal länger dauern darf. Die Erzählerin ereilt das Glück als zwar „glanzloser“, aber sie doch liebender Mann, mit dem sie, angesichts der Unfreundlichkeit der Welt, hätte zufrieden sein können bis ans Ende ihrer Tage. Nach vier gemeinsamen Jahren begeben sich der Mann und die Frau jedoch auf eine Reise nach China, auf eine Insel mit einem gepflegten Hotelstrand. Und dann ist der Mann auf einmal weg, einfach verschwunden. Die Frau bleibt zurück und erzählt uns in Rückblenden von ihrem Leben mit dem Mann und im Hier und Jetzt von ihrem armseligen Dasein ohne ihn. Ganz am Ende, nach einem über 300 Seiten langen „Plädoyer für mehr Gleichmut in der Liebe und mehr Anspruchslosigkeit im Leben“ (Die ZEIT), erfahren wir dann „im letzten Licht der Sonne“, dass es Hoffnung gibt, die vielleicht auch in Erfüllung geht. Immerhin. Sybille Berg stellt ihren Roman zusammen mit der Schauspielerin Katja Riemann vor.

Veranstalter: Deutsches Schauspielhaus. Kirchenallee 39, 20.30 Uhr. Eintritt: 15.- Euro. Tickets gibt es unter Tel.: 040 / 248710 oder per E-Mail an Kartenservice@schauspielhaus.de.


17 Minuten im 439

„Literatur-Quickie“ mit Ulrike Scheele

Lesezeit: 17 Minuten.

Veranstalter: Bar 439. Vereinsstr. 38, 22.30 Uhr. Eintritt frei.


Lesung und Vortrag

„König Ödipus“

Im Rahmen der Reihe „Grundschriften der Europäischen Kultur“ liest die Schauspielerin Monique Schwitter aus Sophokles’ Bearbeitung des Ödipus-Mythos. Kommentierung: Hanjo Kesting.

Veranstalter: Bucerius Kunst Forum. Rathausmarkt 2, 20.00 Uhr. Eintritt: 10.-/8.- Euro.


Lesung und Konzert

„Sei mir begrüßt, Du ewiges Meer“

Thomas Borchert und Martin Maria Blau präsentieren Texte, Gedichte und Musik rund um das Thema „Meer“.

Veranstalter: Cap San Diego. Überseebrücke, 20.00 Uhr. Eintritt: 15.-/12.- Euro.


„Gesundheit!“

Thomas Schultz liest Geschichten „zur Überwindung von Schnupfen und anderen Kinderkrankheiten“.

Veranstalter: Die 2te Heimat. Max-Brauer-Allee 34, 19.00 Uhr. Eintritt: 15.- Euro inkl. Suppe. Um Reservierung unter Tel.: 040 / 30606541 oder per E-Mail an info@die2teheimat.de wird gebeten.


Buchpräsentation

„Meine Heimat – deine Heimat“

Der Fernsehjournalist Wolf von Lojewski liest aus seinem neuen Buch.

Veranstalter: Buchhandlung Heymann. Eppendorfer Landstr. 77, 20.30 Uhr. Eintritt: 10.- Euro.


Lesung

„Hamburger Originale“

Der Schauspieler Heinz Lieven liest „seltsame Geschichten über seltsame Hamburger“.

Veranstalter: Interessengemeinschaft Kontorhausviertel e.V., Agentur WolkenArt. Ort: Restaurant Glasperle, Hopfensack 26, 20.00 Uhr. Eintritt: 11.- Euro. Reservierungen unter Tel.: 040-41454950 oder per E-Mail an Kultur@Kontorhausviertel.com. (Der Erlös geht an das Kinder-Hospiz „Sternenbrücke“.)


6. Hamburger Märchentage

„Spaß mit Büchern

Eine Entdeckungsreise durch die Märchenwelt Afrikas steht zu den „Märchentagen“ im Literaturhaus auf dem Programm: Die Gruppe Kuntu mit dem Märchenerzähler Hansjörg Ostermayer, der Tänzerin und Musikerin Mary Ann Fröhlich und dem Musiker Chris Portele erzählt, tanzt, trommelt und singt für Kinder ab 5 Jahren.

Ort: Literaturhaus, Schwanenwik 38, 15.30 Uhr. Weitere Infos und Gruppenanmeldungen unter Tel.: 040/2270 20 14. Eintritt frei.


Lesung

„Vor-Lese-Lust“

Helga Siebert liest aus ihren Lieblingsbüchern.

Veranstalter: Kulturpalast im Wasserwerk, Öjendorfer Weg 30 a, 15.00 Uhr.


Lesung

„Unwegsame Gebiete“

Der Wiener Buchkünstler Wolfgang Buchta präsentiert seine Werke.

Veranstalter: Museum für Kunst und Gewerbe, Gerd Bucerius Bibliothek und Sammlung Buchkunst, Steintorplatz, 19.00 Uhr.



Literatur in Hamburg