Donnerstag, 25.10.2018


Lesung mit Frank Schulz

Memoir mit Tiefenschärfe

Frank Schulz
Frank Schulz, Foto: Anne Weychart
Seine Literatur gehört zum Feinsten, was in Deutschland gegenwärtig unterwegs ist, und er ist so oft und so euphorisch für seine humoristisch- realistische Prosa gefeiert worden, dass man das Lob vorerst auch einmal auslassen kann, um gleich ein Rotkehlchen zu erwähnen. Das sieht einen auf dem neuen Erzählband von Frank Schulz so schön von der Seite an, nicht frech oder forsch, sondern inständig und direkt und darüber steht dann »Anmut und Feigheit«. Es ist eine sehr gelungene gestalterische Übersetzung des Titels und der Erzählung »Rotkehlchen«, die fast am Anfang einer Chronik steht, mit der Frank Schulz, beginnend 2018, bis ins Jahr 1950 zurückwandert. Für sein hochpoetisches Memoir hat er die Geheimratsecken der späteren Jahre so gut ausgeleuchtet wie frühe Wunder und die sich so unweigerlich einschleichende »Verböserung der Welt«.

Von der Horrorstory über ein Fragment, die Anekdote, Schnurre und Farce, bis zum Tagebucheintrag, einem Memoir und einer Flaschenpost, in seinen 23 neuen Erzählungen spielt Frank Schulz einen ganzen Formenreigen durch, sogar »Zwei Briefe in die Zukunft« sind dabei. Da schreibt Daniel seiner Klassenkameradin Lisa 1997 einen Brief, den sie 20 Jahre später öffnen und lesen soll. Lisa antwortet ihm 2017 mit einem Brief, den Daniel erst im Jahr 2037 lesen wird. Und na klar, was soll schon groß drinstehen? Nicht viel, das bei Frank Schulz auf nur wenigen Seiten aber doch in einem Resümee über die Unwägbarkeiten unserer Zeit kulminiert und man würde halt gerne wissen, was Daniel in 20 Jahren darüber sagt – auch zu Herrn Brosamer und seinem »Rempferd«. Dieser typische Sound, in dem er »in allen Humorkategorien blind mitfiedeln kann«, wie Sven Regener bei der Verleihung des Kasseler Literaturpreises für grotesken Humor an Frank Schulz sagte, er ist in den Erzählungen überall am Werk, bezieht seine Dynamik aber keineswegs nur aus der Lust an Ironie und Heiterkeit. In der großartigen Auftakterzählung »Szenen in Beige« begegnen wir einem gewissen Kortsch, der sich vor seinem sechzigsten Geburtstag durch einen leichten Schlaganfall mit der »schwarzen Pädagogik des Schicksals« konfrontiert sieht und mit der Frage, was die attraktive Mittdreißigerin nur an ihm findet, mit der er glücklich zusammenlebt. Das darauf folgende Fragment »Rotkehlchen« ist ein berührender autobiographischer Bericht über das Sterben und den Tod der Mutter, der auch mit dem Gesamttitel »Anmut und Feigheit« des Bandes überschrieben sein könnte. Von einer leisen Ironie wird der Text hier höchstens noch getragen, wenn Frank Schulz sich im Gespräch mit den Rotkehlchen wiederfindet, die ihn an seine Mutter erinnern, mit deren Tod eine »Gefühlsfestung« verloren gegangen ist. Dieser Gesamtangriff auf die selbstverständlichen Koordinaten des Lebens ist dem großartigen Erzählband insgesamt eingeimpft und klingt auch an, wenn »Der Ritter von der Rosskastanie« sich mit dem »Tag der Kettensäge« konfrontiert sieht oder Büttner »stumm um die tiefere Enttäuschung ringt«. Für die präzisen Resultate hart erkämpfter Lebenserfahrung findet Frank Schulz dann aber doch noch »wohlpronocierte S-Laute: Einsch und einsch ischt tschwei. Tschwei und tschwei ischt vier. Vier und vier ….«

Bücherhalle Harburg, Eddelbüttelstr. 47a, 20.00 Uhr .


Lesung mit Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel

»Stilübungen«



Die beiden Übersetzer Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel präsentieren ihre Neuübersetzung der »Stilübungen« von Raymond Queneau. Moderation: Stephanie Krawehl.

Lesesaal Buchhandlung und Café, Stadthausbrücke 6, 20.00 Uhr, € 14,–


Lesung mit Sabine Kray

»Freiheit von der Pille«

Sabine Kray liest aus ihrem Buch über den zweifelhaften Siegeszug der Antibabypille und berichtet über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema.

Seit 50 Jahren gilt die Antibabypille in Deutschland als sicherste Verhütungsmethode. Und noch immer wird sie als Meilenstein für die Emanzipation und Unabhängigkeit der Frau gefeiert. Was passiert aber, wenn man diese Selbstverständlichkeiten in Frage stellt? Ist die Pille tatsächlich so alternativlos? Macht sie Frauen wirklich so selbstbestimmt? Die Autorin und Übersetzerin Sabine Kray veröffentlichte im April 2017 bei Zeit Online den Artikel „Die Antibabypille ist unzumutbar“, dessen Text sich rasend schnell im Netz verbreitete und von vielen Frauen enthusiastisch kommentiert wurde. Sabine Kray hatte einen Nerv getroffen – schließlich spielen Verhütung, Kinderwunsch und Familienplanung eine elementare Rolle in unserem Leben. In ihrem Buch berichtet sie nun, wie es zum Siegeszug der Pille kam und schöpft aus aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Thema. Ergänzend dazu hat die Autorin mit vielen jungen Mädchen und Frauen über die Erfahrungen mit der Antibabypille und dem eigenen Körper gesprochen.

Denk(t)räume – Hamburger Frauen*bibliothek, Grindelallee 43, 19.30 Uhr, € 3,–


Jüdischer Salon

»Tropischer Messianismus: Juden in der Karibik«

Vortrag von Michael Studemund-Halévy. Gastgeber des Abends ist Michael Heimann.

Jüdischer Salon im Café Leonar, Grindelhof 59, 20.00 Uhr, € 10,–/7,50 


Lesung

»Meine spannendsten Fälle aus der Rechtsmedizin«

Constanze Niess liest aus ihrem Buch über »Die Gesichter der Toten«.

Polizeimuseum Hamburg, Carl-Cohn-Straße 39, 19.00 Uhr, € 10,–


Lesung

»Bin ich schon alt oder wird das wieder?«

Josef Aldenhoff liest aus seinem Buch über das »Älter werden für Ungeübte«
stories! Straßenbahnring 17, 19.30 Uhr, € 5,–, Tickets: anmeldungen@stories-hamburg.de 


Lesung

»Tote lügen nicht«

Klaus Püschel und Bettina Mittelacher lesen aus ihrem Buch mit »faszinierenden Fällen aus der Rechtsmedizin«.

Thalia Buchhandlung im Universitätsklinikum Eppendorf, Institut für Rechtsmedizin, Butenfeld 34, 19.00 Uhr, € 12,–


Lesung

»Text und Theke«

Autorinnen und Autoren präsentieren im Rahmen der Reihe »Literatur im Bistro«.

Kulturhaus Eppendorf, Julius-Reincke-Stieg 13 a, 20.00 Uhr, € 5,–


Poetry Slam

Bunker Slam

In »Hamburgs härtester Arena«, im Bunker an der Feldstraße, stehen Geschichten und Gedichte auf dem Programm, die von einer willkürlich ausgesuchten Publikumsjury gnadenlos bewertet werden – und für den Erstplatzierten ein Siegeszug durch den Saal.

Kampf der Künste im Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66, 20.30 Uhr, € 8,–