Montag, 11.04.2016


Lesung mit Juli Zeh

Höllische Provinz

Juli Zeh
Juli Zeh, Foto: Thomas Müller
In einem brütend heißen Sommer ist ein Paar mit einem neugeborenen Baby gefangen in einem Haus auf dem Lande. Direkt nebenan schürt der Nachbar auf seinem Schrottplatz bei Tag und Nacht ein Feuer, dessen Qualm alles durchdringt. Es ist eine Szene wie aus der Vorhölle, mit der Juli Zehs neuer Roman „Unterleuten“ beginnt, und es gibt kein Entkommen für die junge Familie in diesem Dorf in Brandenburg, wo eigentlich die Idylle wohnt, seltene Vogelarten, schrullige Originale – und Stadtflüchtlinge aus Berlin.

Juli Zeh ist eine der vielseitigsten Schriftstellerinnen der jüngeren deutschen Autorengeneration und eine profunde, politisch hochinteressierte Intellektuelle und Juristin mit dem Schwerpunkt Völkerrecht. In ihrem Roman „Corpus Delicti“ hat sie Szenen einer Gesundheitsdiktatur durchgespielt, in der man alles richtig machen muss, in ihrem Roman „Spieltrieb“ zeigt sie auf, wie Gymnasiasten verhärten und aus ihnen Tyrannen werden. Ihr Roman „Nullzeit“ ist ein Beziehungsthriller über Macht und Schuld. Mit „Unterleuten“ legt sie nun einen vielschichtigen, 700 Seiten langen Gesellschaftsroman vor, der von einer kleinen Gemeinschaft erzählt, die sich in einer dünn besiedelten Gegend eigentlich besonders eng verbunden sein müsste.
Doch die Idylle trügt. In Unterleuten hat man sich so richtig zerstritten. Alteingesessene Dorfbewohner und zugezogene Stadtflüchtlinge aus Berlin, Alte und Junge, Wendegewinner und Wendeverlierer stehen einander unversöhnlich gegenüber. Sie tyrannisieren sich nicht nur mit dauernder Müllverbrennung, sondern auch mit der strikten Durchsetzung von Naturvorschriften und greifen gerne auch gleich zum Krückstock. Als eine Investmentfirma in unmittelbarer Nähe der Ortschaft einen Windpark errichten will, ist „Unterleuten“ dann von der Vorhölle in die Hölle geraten. Hochspannend wie ein Thriller thematisiert Juli Zeh in „Unterleuten“ virulente Fragen unserer Zeit: Gibt es eine Moral jenseits des Eigeninteresses? Und wenn ja, welche? Woran glauben wir? Und wie kommt es, dass immer alle nur das Beste wollen, und am Ende trotzdem Schreckliches passiert?

Juli Zeh liest im Literaturhaus aus „Unterleuten“. Moderation: Joachim Dicks.

Literaturhaus, Schwanenwik 38, 19.30 Uhr., 14.-/10.- Euro.


Lesung

„Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts “

Esther Bejarano liest aus ihren „Erinnerungen“.

Ros e.V. im Ledigenheim Rehhoffstr. 1-3, 19.00 Uhr, Eintritt: Um eine Spende zugunsten des Projekts „Das Ledigenheim erhalten!“ wird gebeten.


Literatur in Hamburg