Dienstag, 02.03.2010


Tanz der seligen Geister
Alice Munro, Tanz der seligen Geister, erschienen im Dörlemann Verlag

Alice-Munro-Abend

Abgründe des Alltags

Sie erzählt von den alltäglichen Problemen meist ganz gewöhnlicher Frauen in kanadischen Kleinstädten. Kleine oder große Themen gibt es, wie sie sagt, nämlich gar nicht, aber die „Komplexität der Dinge“ schon und die Erkenntnis, dass nichts, aber auch gar nichts einfach oder leicht sein muss. Mit diesem Programm ist die 1931 geborene kanadische Schriftstellerin Alice Munro weltberühmt geworden, vielen Kritikern gilt sie als bedeutendste lebende Autorin von Kurzgeschichten, ihr Name steht seit Jahren in der Liste der Anwärter für einen Literaturnobelpreis.

„Tanz der seligen Geister“, 1968 erschienen, war das Debüt der großen Meisterin der kleinen Form. In diesen Wochen ist die Sammlung mit Erzählungen nun erstmals in einer deutschen Übersetzung von Heidi Zerning im Dörlemann Verlag erschienen. Bereits hier zeigt sich Alice Munro als präzise, unsentimentale und abgründige Chronistin zeitgenössischen Alltagslebens. Es ist der Mief der Kleinstadt, die Engstirnigkeit und die Rollenklischees gegen die ihre Protagonistinnen anrennen. In „Postkarte“ hat sich die Verkäuferin Helen in ihrer Beziehung zu dem älteren Adligen Clare komfortabel eingerichtet, bis der sich standesgemäß verheiratet und sie keines Blickes mehr für würdig befindet. Helen tobt vor dem Herrenhaus ihres Ex-Geliebten: „Ich werde nie verstehen, warum ich genau in dem Augenblick als ich erkannte, dass man von Clare Mc Quarrie keine Erklärung verlangen kann, zum ersten Mal das Verlangen verspüre, die Hände auszustrecken und ihn zu berühren.“ Von der Hoffnung und Resignation erzählt dagegen die Coming-of-Age-Geschichte „Jungen und Mädchen“. Da kämpft eine Tochter um die Anerkennung ihres Vaters, kämpft um ihren Platz in der Familie, der sich schließlich doch nur in der Küche findet und nicht etwa draußen, bei den wilden und geheimnisvollen Silberfüchsen: „Resigniert, sogar gut gelaunt sprach er die Worte aus, die mich erlösten und zugleich verdammten. ‘Sie ist bloß ein Mädchen’, sagte er. Ich protestierte nicht dagegen, nicht mal im Herzen. Vielleicht stimmt es ja.“

Im Literaturhaus stellt Gunhild Kübler bei einem „Alice-Munro-Abend“ das Leben und Werk der berühmten Schriftstellerin vor. Auszüge aus „Tanz der seligen Geister“ liest Julika Jenkins.

Veranstalter: Literaturhaus. Schwanenwik 38, 20.00 Uhr. Eintritt: 8.- / 6.- Euro.


Das Mädchen, das sterben sollte
„Das Mädchen, das sterben sollte“ von Glyn Maxwell, erschienen im Kunstmann Verlag

NDR-Hörspiel im Planetarium

„Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben“

Eigentlich will sie nur wissen, ob ein Mann, mit dem sie sich trifft, der Richtige für sie sein könnte. Also geht sie zu einer Wahrsagerin, die ihr prophezeit: „Sie werden berühmt. Sie werden reich. Sie werden einem großen dunklen Fremden begegnen. Sie werden Nein zu ihm sagen bis zum Tag, an dem Sie Ja zu ihm sagen. Am Tag darauf werden Sie sterben.“ Schockiert von dieser düsteren Prophezeiung tritt die junge Susan auf die Straße und wird von einem Fernsehteam angesprochen, das auf der Jagd nach O-Tönen für eine ganze andere Geschichte ist: Ein Hollywood-Star soll bei einem Attentat ums Leben gekommen sein. Susan stammelt ein Zitat von Dylan Thomas in die Kamera: „Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben.“ Ihr tränenüberströmtes Gesicht und dieses Zitat machen sie über Nacht zu einem Star der Herzen in England, sie wird zum Mittelpunkt einer clever inszenierten Reality-Show, und ihr ganzes Leben verändert sich.

Im Rahmen der Reihe „NDR-Hörspiel im Planetarium“ steht die Hörspielfassung des Dialogromans „Das Mädchen, das sterben sollte“ des vielfach ausgezeichneten englischen Schriftstellers Glyn Maxwell auf dem Programm.

Veranstalter: NDR-Hörspiel, Planetarium. Ort: Planetarium, Hindenburgstr. 1 b, 19.30 Uhr. Eintritt: 8.- / 5.- Euro.


Literatur in Hamburg