Sonntag, 27.02.2022
Literaturbrunch der BücherFrauen
Fremdes Zuhause. Vom Sprechen, Schweigen und Erinnern
Nava Ebrahimi, Foto: Amrei-Marie, Wikipedia
Nava Ebrahimi, 1978 in Teheran geboren und in Köln aufgewachsen, präsentiert ihren Roman, in dem drei Hauptfiguren um Erinnerungen, Fremdheit und verdrängte Schuld ringen: »Das Paradies meines Nachbarn« (btb) wird für Ali Najjar, den smarten Designer in München, zur Hölle, als er von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Denn ein Brief seiner verstorbenen iranischen Mutter erinnert ihn an verdrängte Erlebnisse aus dem Ersten Golfkrieg und entlarvt eine Lebenslüge.
Ihren im Berlin Verbrecher Verlag erschienenen Roman »Vater und ich« stellt die Journalistin und Schriftstellerin Dilek Güngör vor. Die Ich-Erzählerin Ipek besucht für einige Tage ihren Vater. Im ungewohnten Zusammensein hadert Ipek mit der Sprachlosigkeit zwischen ihnen, denn sie erinnert sich an so viel vertrautes Miteinander. Die Autorin reflektiert in berührender Offenheit dieses Unbehagen, sich fremd geworden zu sein. Ein Gefühl, zu dem auch in anderen Familien gern geschwiegen wird.
Ronya Othmann, geboren 1993 in München als Tochter einer Deutschen und eines jesidischen Kurden, liest aus ihrem Debüt »Die Sommer« (Hanser), der von Leyla erzählt, die ihre Ferien bei der geliebten Großmutter in einem Dorf in Nordsyrien verbringt. Leyla muss erfahren, dass ihre deutsche Umwelt wenig Verständnis für diesen Teil ihrer Persönlichkeit aufbringt, auch dann nicht, als die Verfolgung der Jesiden bis zum Völkermord eskaliert.
➝ BücherFrauen, Regionalgruppe Hamburg im Alsterdorfer Kesselhaus, Alsterdorfer Markt 14, ab ^10.00 Uhr, € 25,– /18,–, Anmeldung unter: literaturbrunch@buecherfrauen.de
Lesung und Konzert
»Vor Rehen wird gewarnt«
Die 1988 in Wien geborene Vicki Baum war eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Zum Medienstar wurde sie schon im Berlin der Zwanzigerjahre und weltberühmt durch ihren 1929 erschienenen Kolportageroman »Menschen im Hotel«, der mit Greta Garbo verfilmt und für das Theater adaptiert wurde. In Deutschland wurden Baums Bücher dagegen von den Nazis verbrannt und als »jüdische Asphaltliteratur« verfemt, schon 1931 wanderte sie nach Hollywood aus. Mit dem vor zwei Jahren im Arche Verlag neu aufgelegten Roman »Vor Rehen wird gewarnt« kann man Vicki Baum inzwischen als literarische Meistererzählerin wieder entdecken. Der Roman erzählt die Geschichte einer Frau, der man nicht in die Quere kommen will – und deren Bann man sich doch bis zur letzten Seite nicht entziehen kann. Die Schauspielerin Maria Hartmann stellt das Leben und Werk von Vicki Baum vor, begleitet am Akkordeon von Natalie Böttcher.➝ Torhaus Wellingsbüttel, Wellingsbüttler Weg 75b, 18.00 Uhr, € 19,–/10,–, Tickets: buero@kulturkreis-torhaus.de, Tel. 040-5361270
Buchdruckwerkstatt
»Bleisatz und Buchdruck im Wandel der Zeit«
In der Buchdruckwerkstatt des Museums der Arbeit lüften Mitarbeiter des Museums oder ehemalige Setzer und Drucker die Geheimnisse der »Schwarzen Kunst«.➝ Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 14.00 bis 15.00 Uhr, Museumseintritt, https://shmh.de
Marionettenspiel
»Kalif Storch«
Der Marionettenspieler Thomas Zürn präsentiert seine Inszenierung des orientalischen Kunstmärchens des Dichters Wilhelm Hauff als klassisches Marionettenspiel in einer Guckkastenbühne. »Kalif Storch« ist das erste der sechs romantischen Kunstmärchen aus dem Märchenalmanach »Die Karawane«, die sich in der Erstausgabe »auf das Jahr 1826« an »Söhne und Töchter gebildeter Stände« richtete.Kalif Chasid und sein Freund Großwesir Mansor kaufen ein geheimnisvolles Zauberpulver, mit dem sie sich in Tiere verwandeln und deren Stimmen verstehen können. Die einzige Bedingung für einen Ausflug ins Tierleben ist, dass sie nicht lachen dürfen, sollten sie es doch tun, würden sie das Zauberwort vergessen, das sie zurückverwandelt und müssten für immer Tiere bleiben. Der Kalif und sein Großwesir verwandeln sich in Störche. Beim Anblick einer tanzenden Storchendame können sie nicht mehr an sich halten und brechen in schallendes Gelächter aus. Müssen die Beiden nun für immer Störche bleiben?
Thomas Zürn präsentiert das Marionettenspiel zusammen mit Diana Skoda und Burghard Schwerz. Zu den Vorstellungen an diesem Wochenende gibt es Live-Musik von Christine Brückner (Akkordeon), von der auch die Kompositionen zu dem Stück sind. Sie wird begleitet von Dorothea Geiger (Violine) und Mareike Beinert (Querflöte).
Für Erwachsene und Kinder ab 5 Jahren
➝ Jenisch Haus, Baron-Voght-Straße 50, 14.30 Uhr und 16.30 Uhr, € 15, –/10, –, mit Live-Musik: € 20, –/15, –, Reservierungen, Info und Termine im Überblick: Marionettentheater Thomas Zürn, Tel. 0175-3824929, t.zuern(at)marionetten-spieler.de, marionetten-spieler.de
Antje Rávik Strubels Roman »Blaue Frau«
Gespenster ans Licht holen
Antje Rávik Strubel © Philipp von der Heydt
Buchpremiere mit Katharina Hagena
Schläft ein Lied in allen Dingen
Katharina Hagena, Foto: Jürgen Abel
Anselm Nefts neuer Roman »Späte Kinder«
Denken, träumen, hoffen, fürchten
Anselm Neft © Jürgen Abel
Buchpremiere mit Navid Kermani
Was wird sein, wenn nichts mehr ist?
Navid Kermani © Heike Bogenberger
Franz Kafka »Die Zeichnungen«
Das große Unbekannte im Werk von Franz Kafka
Zeichnung von Franz Kafka, © The Literary Estate of Max Brod, National Library of Israel, Jerusalem, Foto: Ardon Bar Hama
Asal Dardans »Betrachtungen einer Barbarin«
Direkt, nah und mit großer Lust am Dissens
Asal Dardan, Foto: Sarah Berger
Olli Jalonens »Die Himmelskugel«
An der Nahstelle einer neuen Zeit
Olli Jalonen, Foto: Pekka Nieminen
Bernd Brunners »Buch der Nacht«
Nachtlektüre
Bernd Brunner, Foto: privat
Svenja Flaßpöhlers »Sensibel«
Empfindlichkeit, Zumutbares und andere Grenzfälle
Svenja Flaßpöhler, Foto: Johanna Ruebel
Dietmar Daths »Gentzen oder: Betrunken aufräumen«
Ein Möglichkeitsraum für Zukunftsfragen
Dietmnar Dath, Foto: Hanke Wilsmann
Tanja Schwarz´ Erzählband »In neuem Licht«
Harte Tage in Wilhelmsburg
Tanja Schwarz, Foto: Rebecca Hoppé
Michael Köhlmeiers neuer Roman »Matou«
Die sieben Leben des Monsieur Matou
Michael Köhlmeier, Foto: Peter Andreas Hassiepen
»Hard Land« von Benedict Wells
Die 49 Geheimnisse von Grady
Benedict Wells, Foto: Roger Eberhard
Vier Bücher über den Klimawandel
Der Krise auf der Spur
Luisa Neubauer, eine der Hauptaktivist:innen von Fridays for Future, hat sich mit Bernd Ulrich, Vize-Chefredakteur der ZEIT, zum Gespräch über den Klimawandel getroffen. Foto: Axel Martens
Peter Stamms neuer Roman »Das Archiv der Gefühle«
Ein Leben in Erinnerungen
Peter Stamm, Foto: Salon du livre, Genève, 2012, Ludovic Péron
Andreas Mosters neuer Roman »Kleine Paläste«
Ein unaussprechlicher Skandal
Andreas Moster, Foto: Teja Sauer
Mathias Enards neuer Roman »Das Jahresbankett der Totengräber«
Der unaufhaltsame Lauf der Dinge
Mit dem inneren Monolog eines Kriegsveteranen aus dem Jugoslawienkrieg, der sich in einem einzigen Satz über sagenhafte 500 Seiten erstreckt, wurde der französische Schriftsteller Mathias Enard 2008 international bekannt. Auf »Zone«, so heißt der Roman, folgte »Kompass«, eine leidenschaftliche Beschwörung der jahrhundertelangen Passion des Westens für die orientalische Kultur. Für den Roman erhielt er in Frankreich den Prix Goncourt, und in der deutschen Literaturkritik wurde über einen Klassiker gejubelt. In diesem Sommer ist nun »Das Jahresbankett der Totengräber« (Hanser) in der deutschen Übersetzung von Holger Fock und Sabine Müller erschienen, ein Dorfroman »für die wilden Denker«, wie es in der Widmung heißt. Es ist erneut ein höchst kunstvoll erzähltes Meisterwerk.Judith Hermanns Roman »Daheim«