Dienstag, 08.11.2022
Lesung und Gespräch
Anders leben, anders wirtschaften
Philipp Blom, Foto: Peter Rigaud, Wikipedia
Wenn man auf einen Nenner bringt, was Philipp Blom und Maja Göpel fordern, dann kommt man auf einen fundamentalen Epochenwandel, der nötig wäre, um Veränderungen unseres Umgangs mit der Natur und ihren Ressourcen zu ermöglichen. Philipp Blom macht in seinem Buch deutlich, dass es dabei nicht nur auf technische Ideen und wissenschaftliche Erkenntnisse ankommt, sondern vor allem darauf, welches Narrativ die Gesellschaft antreibt. In seinem Buch berichtet er, wie aus dem Credo »Macht euch die Erde untertan« die Idee geboren wurde, dass der Mensch über der Natur steht. Dieses Narrativ begründet noch heute die globale Praxis der Ausbeutung der Natur. Besonders in den aufgeklärten Gesellschaften des Westens, die von einer christlichen Tradition geprägt sind, sieht Philipp Blom diesen »Wahn in Naturverständnis und Menschenbild« noch immer »tief verwurzelt«.
Bei Maja Göpel geht dem »Aufbruch in die Welt von morgen« eine Frage voraus: »Wer wollen wir sein?« Die Polito?konomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin verweist in ihrer »profunden Diagnose« (Deutschlandfunk Kultur) aus einem anderen Blickwinkel als Philipp Blom darauf, dass nur ein kulturelles Narrativ der Motor für den gewaltigen Transformationsprozess sein kann, der notwendig wäre. Wo dieses Narrativ herkommen könnte, bleibt auch bei ihr offen. Immerhin aber macht sie durch einen Effekt Hoffnung, der – ähnlich wie beim Klimawandel – auch in Gesellschaften am Werk sein soll: Durch Kipppunkte könnten Veränderungsprozesse unumkehrbar beschleunigt werden. Und das sind doch immerhin gute, wenn auch nicht unbedingt neue Nachrichten. Schon Rosa Luxemburg wusste: »Revolution ist großartig, alles andere ist Quark.«
»HörSalon« im Bucerius Kunst Forum, Alter Wall 12, 19.00 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich
Lesung
»Jahre mit Martha«
Martin Kordic liest aus seinem neuen Roman.stories! Die Buchhandlung, Straßenbahnring 17, 19.30 Uhr, € 10,–
Lesung mit Robert Harries
»Königsmörder«
Robert Harries, Foto: Jost Hindersmann, Wikipedia
»Königsmörder« spielt im Jahr 1660. König Karl II. erlässt in England mit einer Akte der Verzeihung ein Generalpardon. Ausgenommen sind die Königsmörder, jene Hochverräter, die das Urteil zur Enthauptung seines Vaters Karl I. unterzeichnet haben. Dazu gehören auch die Oberste Whalley und Goffe, die im Bürgerkrieg auf der Seite Oliver Cromwells kämpften. Sie können rechtzeitig in die neuen Kolonien in Amerika fliehen. Die Flüchtlinge treffen dort auf eine Gesellschaft, die durch einen pietistischen Fanatismus geprägt ist und sich gerade vom Mutterland jenseits des Atlantiks abspaltet. Hier könnten sich die beiden unter Gleichgesinnten in Sicherheit wiegen, wären ihnen nicht ebenso fanatische Häscher auf den Fersen.
Buchhandlung Heymann in Eimsbüttel, Osterstraße 134, 20.30 Uhr, € 15,–
Buchpräsentation mit Mirko Heinemann
»Die letzten Byzantiner«
Mirko Heinemann liest aus seinem Buch über »Die Vertreibung der Griechen vom Schwarzen Meer«. Moderation: Prof. Dr. Ulrich Moenning, Universtität Hamburg.Das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg: Am Abend des 9. August 1917 schießen Kriegsschiffe des verfeindeten Russlands die Kleinstadt Ordu an der Schwarzmeerküste in Brand. Da die christlichen Minderheiten des Reichs verdächtigt werden, den Kriegsgegner insgeheim zu unterstützen, fürchten die ortsansässigen Griechen die Rache ihrer türkischen Nachbarn. Panisch versuchen sie, an Bord der Schiffe zu gelangen. Eine, die es schafft, ist die 15-jährige Alexandra. Doch ihre Heimat sieht sie niemals wieder. Nach dem Krieg werden aus dem Gebiet der heutigen Türkei etwa 1,2 Millionen Griechen zwangsausgesiedelt.
100 Jahre später reist Alexandras Enkel Mirko Heinemann auf den Spuren seiner Familie und der sogenannten Pontos-Griechen durch den Norden der Türkei. Er erzählt, wie Griechen seit der Antike an den kleinasiatischen Küsten lebten, mit Byzanz das Erbe Roms antraten, bis sie in den letzten Jahren des Osmanischen Reichs erst dem aufgeschaukelten Nationalismus und schließlich den Interessen der Großmächte zum Opfer fielen. Eine hierzulande fast vergessene Geschichte, die bis heute das Verhältnis zwischen der Türkei und Europa prägt.
Deutsch-Griechische Gesellschaft Hamburg e.V. in der Staats- und Universitätsbibliothek, Vortragsraum, 1. Stock, Von-Melle-Park 3, 18.30 Uhr. h
Lesung
»Allein gegen Hitler«
Der Schauspieler Jens Harzer liest aus dem Verhörprotokoll der Gestapo, Helmut Butzmann erzählt vom Widerstandsweg des Möbeltischlers Georg Elser, der am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein gut geplantes Attentat auf Adolf Hitler durchführte.Uebel & Gefährlich, Ballsall, Feldstr. 66, 19.30 Uhr, € 12,–
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